Berlin. Dr. Riedl erklärt, wie Sirtfood funktioniert, aber warum es auch schädlich sein kann. Eine andere Ernährung hält er für viel besser.

Der Jahresbeginn ist für viele Deutsche auch die Zeit der guten Vorsätze. Kein Alkohol, weniger Zucker und Fleisch, und vielleicht auch endlich die fünf Kilo wieder loswerden, die schon länger dafür sorgen, dass die Lieblingshose nicht mehr richtig sitzt.

Eine Diät, die dabei helfen soll, schnell Gewicht zu verlieren, ist die sogenannte Sirtuin-Diät – auch Sirtfood-Diät oder Sirt-Diät genannt. Die britische Sängerin Adele soll mithilfe der Methode rund 45 Kilo abgenommen haben. Doch was sind eigentlich Sirtfoods? Ist die Sirtuin-Diät aus gesundheitlicher Sicht empfehlenswert? Und welche Alternativen gibt es, um das eigene Gewicht zu optimieren?

Sirtuine: Was sind sie und was bewirken sie im Körper?

Grundlage der von den Ernährungswissenschaftlern Aidan Googins und Glen Matten entwickelten Sirtuin-Diät sind die gleichnamigen Sirtuine. Dabei handelt es sich um körpereigene Enzyme, die an verschiedenen Schutz- und Reparaturmechanismen beteiligt sind. „Das Besondere an den Sirtuinen ist, dass sie den Stoffwechsel ankurbeln und auch den Fettabbau unterstützen“, erklärt Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl. Außerdem schützen sie unsere Zellen vor Stress. Aktiviert werden Sirtuine durch einen niedrigen Insulinspiegel, Essenspausen und Hungerphasen sowie durch sekundäre Pflanzenstoffe.

Sirtfood-Diät: Wie funktioniert die Diät mit Sirtuinen?

Hier setzt die Sirtuin-Diät an: Durch die gezielte Auswahl von Lebensmitteln, die Sirtuine aktivieren (sogenannte Sirtfoods), weil sie besonders viele bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe enthalten, soll ein ähnlicher Effekt wie durch eine Kalorienrestriktion erreicht werden.

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Als wirksamste Verbindung gilt Resveratrol, das in Rotwein beziehungsweise der Haut roter Weintrauben vorkommt. Zu den Sirtfoods gehören außerdem Pseudogetreide, wie etwa Buchweizen und Quinoa, Hülsenfrüchte, Nüsse und Pflanzenöle. Außerdem grünes Gemüse, wie Grünkohl, Brokkoli und Spinat, ebenfalls Obst (vor allem Beeren), Kräuter und Gewürze sowie grüner Tee und schwarzer Kaffee.

  • Phase 1: Die Sirtuin-Diät beginnt mit einer meist 3-tägigen Entlastungsphase. Während dieser soll eine „Selbstreinigung“ der Zellen stattfinden und der Stoffwechsel angeregt werden. Maximal 1000 Kalorien am Tag sind in dieser Phase erlaubt. Auf dem Ernährungsplan stehen für gewöhnlich drei grüne Säfte mit Sirtfood-Zutaten wie Grünkohl, Rucola und Petersilie und optional eine leichte Sirtfood-Mahlzeit.
  • Phase 2: In dieser Phase sind rund 1500 Kalorien erlaubt. Das entspricht zwei Sirtfood-Mahlzeiten und zwei grünen Säften. Der Schwerpunkt liegt auf einer möglichst Sirtfood-reichen Ernährung. Diese Phase dauert so lange an, bis man das eigene Wunschgewicht erreicht hat.
  • Phase 3: Diese Phase ist als langfristige Ernährungsumstellung gedacht. Sie kann eine Kalorienrestriktion enthalten, muss es aber nicht. Basis sollten drei Sirtfood-Mahlzeiten sein, in die aber auch eiweißreiche Lebensmittel, wie Fisch, Eier und Fleisch integriert werden.

Wirksamkeit der Sirtuin-Diät: wissenschaftliche Belege fehlen

Schon in der ersten Phase der Diät soll man bis zu drei Kilo verlieren. „Durch die starke Kalorienbeschränkung verliert man auch in der zweiten Phase meist schnell Gewicht“, sagt Riedl. Es gebe allerdings bislang keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass die Sirtuin-Diät effektiver für eine Gewichtsabnahme ist als eine beliebige andere kalorienreduzierte Diät.

„Die Studienlage beim Menschen ist dazu noch begrenzt. Bislang gibt es nur Studien, die an Tieren oder Hefen durchgeführt wurden. Es gibt keine Langzeitstudien, ob Sirtuine wirklich die Ursache für eine Gewichtsabnahme oder Gesundheitsvorteile sind.“ Auch die Frage, ob die Diät langfristig nachhaltige und gesundheitliche Vorteile bietet, ist bislang noch offen.

Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl
Dr. Matthias Riedl ist Internist, Ernährungsmediziner, Diabetologe, ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg und Gründer der App myFoodDoctor. © Axel Leonhard | Axel Leonhard

Beste Evidenz für Mediterrane Diät

„Die Mediterrane Diät gilt dagegen nach heutigem Stand der Wissenschaft als die gesundheitsförderlichste Ernährungsform“, sagt Riedl. Bei der Mittelmeerdiät spielt die Kombination von gesunden Fetten wie Olivenöl, frischem Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten und Fisch eine zentrale Rolle.

Studien zeigen, dass die mediterrane Ernährung nicht nur zur Gewichtsreduktion beitragen kann, sondern auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und bestimmte Krebsarten senkt. „Generell sind alle Low-Carb-Diäten, zu denen im Prinzip auch die Sirtfood-Diät gehört, für eine schnelle Gewichtsreduktion sehr effektiv“, sagt Riedl. „Für eine langfristige Ernährung sind sie aber nicht geeignet, weil sie zu viele Lebensmittel ausschließen.“

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Ausgewogene Ernährung: Vielfalt der Lebensmittel entscheidend

Trotz fehlender wissenschaftlicher Fundierung sieht der Ernährungsmediziner sinnvolle Ansätze in der Sirtuin-Diät. Sie kann helfen, die Ernährung ausgewogener und pflanzenbetonter zu gestalten, indem gesunde, unverarbeitete Lebensmittel wie Beeren, Walnüsse oder grünes Blattgemüse häufiger in den Speiseplan integriert werden. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollten pflanzliche Lebensmittel die Basis einer gesunden Ernährung sein.

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Folge 61: Dr. Riedl: Mit diesen Tipps starten Sie gut ins neue Jahr

Dr. Matthias Riedl - So geht gesunde Ernährung

„Wenn die Sirtuin-Diät als Anstoß dient, solche Lebensmittel häufiger in den Speiseplan zu integrieren und ein Bewusstsein für eine gesunde Ernährung zu schaffen, ist das sicher ein Gewinn. Für eine dauerhafte Ernährung ist sie aber zu restriktiv“, sagt der Ernährungsmediziner. Vielmehr sei Vielfalt für eine ausgewogene Ernährung entscheidend. Statt sich auf einzelne Lebensmittelgruppen zu konzentrieren, sollte man Folgendes kombinieren:

  • Obst,
  • Gemüse,
  • gesunde Fette,
  • Eiweiß und
  • Vollkornprodukte.

Für wen ist die Sirtuin-Diät nicht geeignet?

Die Sirtuin-Diät ist nicht für alle Personen empfehlenswert. Diabetiker, insbesondere Typ-1-Diabetikerinnen und -Diabetiker sollten sie meiden, da die starke Kalorienreduktion in den ersten Tagen erhebliche Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel haben kann. Schwangere, stillende Personen sowie Personen mit geringem Körpergewicht sollten die Diät ebenfalls vermeiden, da sie nicht ausreichend Nährstoffe liefert.

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Auch Kinder und Jugendliche sind ausgeschlossen, da sie in der Wachstumsphase besonders auf eine ausgewogene Nährstoffzufuhr angewiesen sind. Ebenfalls ist bei der Einnahme bestimmter Medikamente ist Vorsicht geboten. So können Sirtfood-Lebensmittel wie Grapefruit Wechselwirkungen verursachen. Bevor die Diät begonnen wird, sollte eine Absprache mit ärztlichem Fachpersonal erfolgen.