Berlin. Übergewicht, Schlafprobleme, Libido: Schuld kann zu viel Cortisol sein. Das Stresshormon ist dennoch wichtig – 4 Wege zum Gleichgewicht.

Der Körper legt sprunghaft ein paar Kilo zu, Schwellungen tauchen im Gesicht auf oder rote Streifen auf der Haut. Man fühlt sich ständig müde und unkonzentriert, kraftlos und hat Schlafprobleme: Solche Anzeichen können viele Ursachen haben. In den sozialen Medien machen Influencer immer wieder das Hormon Cortisol als Übeltäter im Alltag verantwortlich.

Was steckt wirklich hinter Cortisol, was lässt den Cortisolspiegel gefährlich steigen? Und welche vier Tipps können helfen, das Stresshormon im Gleichgewicht zu halten?

Was ist Cortisol?

Cortisol ist eines der Stresshormone im Körper. Es wird in der Nebennierenrinde produziert und hat etwa Einfluss auf den Schlaf und den Fettstoffwechsel. Erleben wir im Alltag Stress, reagiert der Körper mit einem Hormonschub. Dabei setzt er vor allem drei Hormone frei:

  • Adrenalin
  • Noradrenalin und
  • Cortisol.

Die Stresshormone bringen den Körper auf Hochtouren und machen ihn leistungsfähiger. Der Hintergrund: Droht eine Gefahr, muss der Körper mehr leisten, um im Ernstfall schnell reagieren zu können. Er bereitet sich auf eine Kampf- oder Fluchtreaktion vor.

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    Die Stresshormone kurbeln den Blutzuckerspiegel und den Blutdruck an, steigern die Atemfrequenz und lassen das Herz schneller pumpen, erklärt etwa die Krankenkasse AOK. Grundsätzlich wirkt sich das positiv auf unser Immunsystem aus, denn Entzündungsprozesse werden dadurch gehemmt. Ein dauerhaft hoher Cortisolspiegel wirkt sich allerdings negativ auf die Gesundheit aus.

    Was bewirkt ein zu hoher Cortisolspiegel?

    Produziert der Körper auf Dauer zu viel Cortisol, kann sich das nachteilig auf die Gesundheit auswirken. Im Alltag benötigt der Körper ungefähr 25 bis 30 Milligramm Cortisol. In stressigen Situationen kann der Spiegel auf bis zu 200 Milligramm steigen – das ist mehr als das Zehnfache. Bestimmte Herausforderungen für den Körper können die positive Wirkung von Cortisol schnell ins Negative umkehren. Beispielsweise, wenn eine Person Trauer oder Mobbing erlebt, oder aber im Alltag chronisch gestresst ist oder es beim Sport übertreibt.

    Ein hoher Cortisolspiegel über längere Zeit kann gesundheitliche Folgen mit sich bringen:

    • Ein steigender Blutzuckerspiegel,
    • Bluthochdruck,
    • Koronare Herzerkrankungen,
    • Kraftlosigkeit,
    • Magenprobleme,
    • Gewichtszunahme, besonders im Bauchbereich,
    • Verlust der Libido,
    • Schlafprobleme,
    • Cushing Syndrom (mögliche Symptome: unerklärliche Gewichtszunahme, aufgequollenes Gesicht, Bluthochdruck, verstärkte Behaarung).

    Beim Cushing-Syndrom handelt es sich um eine äußerst seltene Stoffwechselerkrankung. Sie betrifft nur etwa fünf von einer Million Menschen. Entstehen kann sie zum Beispiel, wenn Personen über längere Zeit Steroidmedikamente einnehmen, aber auch durch Krebserkrankungen der Nebenniere. Mehr als sieben von zehn Fällen von Cushing-Syndrom-Erkrankungen betreffen Frauen. 

    Cortisolspiegel: Was lässt ihn dauerhaft ansteigen?

    Das Stresshormon Cortisol wird normalerweise im Laufe des Tages schrittweise abgebaut. Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel kann mehrere Ursachen haben. Betroffene sollten mit Arzt oder Ärztin gemeinsam auf Spurensuche gehen, rät die AOK. Häufig steckt chronischer Stress dahinter, sei es beruflich, privat oder beides. Es können aber auch folgende Ursachen ein Auslöser sein:

    Happy mature man mixing a fresh vegetable salad standing in the kitchen at home.
    Der Cortisolspiegel wird auch durch die Ernährung beeinflusst. Gesunde Lebensmittel haben laut Fachleuten einen deutlich positiveren Effekt als Süßes, Fettiges oder Alkohol. © iStock | opolja

    Herrscht dagegen im Körper ein chronischer Cortisolmangel, Mediziner sprechen vom sogenannten Hypokortisolismus, können diese Symptome ins Gegenteil umschlagen. Es droht ein niedriger Blutdruck, Stimmungsschwankungen, Gewichtsverlust, Abgeschlagenheit, Übelkeit, Depression oder Heißhunger. Es kommt somit auf eine ausgewogene Balance an.

    Blut, Urin, Speichel: Wie kann ich den Cortisolspiegel messen?

    Wer sich dauerhaft gestresst fühlt, kann die Werte vorsorglich beim Arzt oder der Ärztin abklären lassen. Feststellen lässt sich Cortisol im Blut, Speichel oder Urin. Messen lässt sich der Cortisolspiegel zuverlässig mithilfe einer Blutabnahme, bestenfalls am frühen Morgen. Der Cortisolwert ist morgens am höchsten. In manchen Fällen erstellen Ärzte auch ein Tagesprofil des Cortisolspiegels, damit lassen sich Schwankungen über den Tag besser erkennen und ausgleichen. Dabei wird mehrmals täglich gemessen.

    4 Tipps: Wie kann ich meinen Cortisolspiegel gezielt senken?

    Für die Gesundheit ist es besonders wichtig, übermäßigen Stress zu reduzieren und das Stresshormon Cortisol in einem gesunden Gleichgewicht zu halten. Diese vier Maßnahmen können laut Experten im Alltag helfen:

    1. Bewegung: Schon ein einfacher Spaziergang in der Natur kann eine beruhigende Wirkung haben und in kurzer Zeit den Cortisolspiegel senken. Wenn wir uns bewegen, werden die Endorphine im Körper aktiviert und das Stresshormon Cortisol gerät wieder in Balance. Birgit Habeck, Ernährungsmedizinerin und Endokrinologin am UKE Hamburg-Eppendorf, empfiehlt Ausdauersportarten wie Laufen oder Schwimmen. Bleiben lassen sollte man dagegen harte, anstrengende Sporteinheiten am späten Abend. Diese bewirken das Gegenteil: es wird vermehrt Cortisol ausgeschüttet.
    2. Entspannung: Gezieltes Achtsamkeitstraining und regelmäßige Meditation können dazu beitragen, Stress abzubauen. Dafür ist es wichtig, Signale des Körpers wahrzunehmen und die eigenen Grenzen zu kennen. Auch Techniken wie Tagebuchschreiben können hilfreich sein. Berufliche Stressfaktoren sollten, wenn möglich, minimiert werden, rät Habeck.
    3. Schlaf: Zu viel Cortisol im Körper verhindert, dass man zur Ruhe kommt. Helfen können gewohnte Abläufe und bestimmte Rituale vor dem Schlafengehen. Experten empfehlen, das Smartphone und andere Geräte mit Bildschirm spätestens eine Stunde vor dem Schlafen wegzulegen. Ideal ist, zwei Stunden vor dem Schlafengehen nur noch eine leichte Mahlzeit zu essen und nicht immer zu unterschiedlichen Zeiten ins Bett zu gehen.
    4. Gesunde Ernährung: Um sich ausgeglichen zu fühlen und genügend Energie für den Alltag zu haben, kommt es laut Fachleuten auf eine ausgewogene Ernährung an. Dazu zählen etwa Vollkornprodukte, Obst, Gemüse mit vielen Ballaststoffen, Omega-3-Fettsäuren aus guten Ölen und fettem Fisch sowie Nahrungsmittel mit viel Kalium. Bestimmte Lebensmittel dagegen haben im Körper eine aufputschende Wirkung, beispielsweise fettiges Essen, Süßes, Kaffee sowie Alkohol.

    Fachleute geben allerdings zu bedenken: Stressbewältigung ist durchaus individuell und funktioniert bei jedem Menschen anders.