Berlin. Es gibt drei Typen von Männern, die ihre schwangere Partnerin betrügen, erklärt eine Psychologin. Zwei werdende Mütter berichten.

„Gestern habe ich herausgefunden, dass mein Mann mich seit einem Jahr betrügt. Hätte ich mir das in einer Million Jahren nicht vorstellen können. Absolut tolle fünf Jahre Ehe, nur um herauszufinden, dass das letzte Jahr voller Lügen war. Ich bin auch schwanger und werde bald unser erstes Kind zur Welt bringen (tolles Timing, ich weiß)“, schreibt eine Frau auf der Internet-Plattform Reddit. Viele Menschen sprechen dort offen über Untreue während der Schwangerschaft und ihre Gefühle dazu.

Betrug und Untreue sind in einer monogamen Beziehung immer eine besonders große Belastung, handelt es sich doch um einen Vertrauensbruch, bei dem der oder die Betrogene sich verraten und verletzt fühlt. Doch wenn ein Partner fremdgeht, während die Partnerin das gemeinsame Kind im Bauch trägt, wirkt der Betrug besonders schlimm. „Ich kann einfach nicht darüber hinwegkommen, mein Vertrauen in ihn ist zu 100 % weg“, resümiert eine andere Frau, die ebenfalls von ihrem Partner betrogen wurde, als sie schwanger war. Sie erfuhr in der 32. Schwangerschaftswoche davon, dass ihr Partner seit Monaten eine Affäre mit einer anderen Person hatte.

„Ich kann einfach nicht aufhören, darüber nachzudenken, und es macht mich verrückt, ich bin untröstlich“, berichtet sie – ebenfalls auf Reddit. „Ich bin im letzten Trimester und ich sollte mich freuen und ihr Kinderzimmer einrichten, aber ich kann nicht aus dieser Depression herauskommen. Ich möchte es klären und wieder glücklich sein, aber ich fühle mich so betrogen und jetzt stelle ich einfach alles infrage.“ Öffentlich über ihre Erfahrungen sprechen will auch sie aus Selbstschutz lieber nicht.

Fremdgehen und Betrug: Wie verändern sich Männer in der Schwangerschaft?

Viele Mütter berichten, dass für sie der Seitensprung in der Schwangerschaft der schlimmste Seitensprung überhaupt gewesen sei. Unverzeihlich. Sie erzählen auch davon, dass sie sich immer und immer wieder fragen, wie es dazu habe kommen können. Ist es die Angst vor der Verantwortung für ein Kind? Fühlen sich die Väter ausgeschlossen, sexuell vernachlässigt?

„Der Betrug in der Schwangerschaft lässt sich meiner Erfahrung nach in drei Kategorien einteilen“, sagt die Paartherapeutin Vera Matt aus Bad Wilsnack.

Drei Kategorien für Fremdgehen in der Schwangerschaft:

  • Gelegenheit: Die erste ist laut Matt ziemlich simpel: Es gab schlicht die Gelegenheit für einen Seitensprung und diese wurde genutzt.
  • Emotionale Bedürfniserfüllung: In die zweite Kategorie fallen laut Matt die Männer, die sich in ihren emotionalen Bedürfnissen nicht gesehen fühlen und denen sich eine Gelegenheit zum Betrug anbietet. „Da sagen die Männer, dass die Frau nur noch mit sich, ihrem Bauch und dem Baby emotional komplett absorbiert ist“, erklärt die Paartherapeutin. „Es gibt kaum ein Gespräch, das sich nicht ums Baby dreht, der Mann fühlt sich außen vor gelassen und spürt keine Nähe mehr.“
  • Selbstzweifel und Angst: In die dritte Kategorie fallen laut Matt Väter, die einen geringen Selbstwert oder Angst vor der Verantwortung für ein Kind haben. „Viele dieser Männer berichten von einer Art Identitätskrise“, sagt sie. Sie denken, dass sie als Vater weg vom Markt und nicht mehr attraktiv seien. „Jemand, der sich vorher nicht zu 100 Prozent sicher gebunden gefühlt hat, kann an so einer Schwelle Torschlusspanik bekommen und ist dann anfällig dafür, sich noch einmal lebendig und begehrt fühlen zu wollen“, so die Psychotherapeutin. Im Kern gehe es darum, dass diese Männer sich fragen: Wer bin ich eigentlich? Bin ich jetzt wirklich Vater oder bin ich noch ein Mann, der Frauen haben darf und kann?
Vera Matt
Vera Matt ist Paartherapeutin und hat mit Blick aufs Fremdgehen in der Beziehung eine klare Botschaft an werdende Väter. © privat | Thomas Ernst

Seitensprung in der Schwangerschaft: Treue ist eine aktive Entscheidung

Wie viele Menschen während einer Schwangerschaft fremdgehen, lässt sich schwer sagen. Statistiken zum Thema Untreue sind ohnehin mit Vorsicht zu betrachten. Denn: Viele Menschen verheimlichen einen Seitensprung – und, was als Betrug gewertet wird, ist von Person zu Person unterschiedlich und von Absprachen innerhalb einer Beziehung abhängig. Studien und Umfragen landen meist zwischen 15 und 20 Prozent von Befragten, die angeben, dass sie ihren Partner oder ihre Partnerin schon einmal betrogen haben. Schwangerschaften werden hier als Faktor nicht extra erfragt.

Dass es ausgerechnet während einer Schwangerschaft zur Untreue komme, liege jedoch nahe, meint Paartherapeutin Vera Matt. „Während jeder großen Lebensveränderung, während jeder Transformation wird häufiger fremdgegangen“, sagt sie. „Das liegt daran, dass die Menschen versuchen, das eigene Selbst noch mal neu zu finden.“

Drang nach Fremdgehen? Mit drei Strategien der Untreue vorbeugen

Doch werdende Väter können an sich arbeiten, damit es gar nicht erst zur Untreue kommt, wie die Psychologie-Professorin Lucia O’Sullivan in ihrem Podcast „Sex an Psychology“ erklärt. Sobald der Drang aufkommt, sich der Anziehungskraft einer Person außerhalb der Beziehung hinzugeben, können die Männer drei Strategien anwenden:

  • Beziehungspflege: Zeit mit der Partnerin verbringen und Intimität – auch außerhalb des Sexlebens – pflegen.
  • Framing: Sich bewusst auf die negativen und unangenehmen Eigenschaften einer attraktiven Person konzentrieren.
  • Innehalten: Kurz innehalten und sich über mögliche Folgen eines Betrugs klar werden.

Treue Partnerinnen und Partner würden sich jedoch in herausfordernden Situationen ohnehin immer wieder aktiv für die Beziehung entscheiden, betont Matt. Verlockungen gebe es schließlich immer und überall – und nicht nur während der Schwangerschaft. „Wenn jemand versprochen hat, treu zu sein, dann hat er das durchzuziehen, auch und gerade wenn die Partnerin schwanger ist“, meint Matt. „Es ist nicht zu viel verlangt, zu einem Versprechen zu stehen.“ Wenn jemand sich seiner selbst so ungewiss sei und seine Versprechen nichts taugen würden, dann stelle sich die Frage, wie beziehungsfähig dieser Mensch sei, so Matts hartes Urteil.

Die beiden schwangeren Frauen, die sich im Netz vom Fremdgehen ihrer Partner berichtet haben, sind ganz unterschiedlich mit dem Betrug umgegangen. Eine trennte sich und fand Unterstützung bei Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen. Die andere holte sich Hilfe bei einem Therapeuten und versucht seither, ihre Beziehung der Kinder wegen zu retten.