Berlin. Eine Affäre geheim zu halten, erfordert Kreativität, Nervenstärke und Geschick. Drei Experten verraten, was unbedingt zu vermeiden ist.
Für ein harmonisches Miteinander wird die Wahrheit oft ein wenig zurechtgebogen. Kritik an der neuen Brille der Freundin oder am Auto des besten Freundes werden meist aus Rücksicht und Selbstschutz entschärft. Was aber, wenn es um Affären geht, bei denen viel mehr auf dem Spiel steht – oft sogar die ganze Beziehung? Soll man dem Partner die Wahrheit sagen oder lieber schweigen? Zwei Paartherapeuten und ein Psychotherapeut erklären, warum es in vielen Fällen besser ist, das Fremdgehen für sich zu behalten und wie das gelingt.
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Affären: Wann Schweigen besser ist als die Wahrheit
Lügen gilt gemeinhin als moralisch verwerflich – schon Kindern wird beigebracht, immer bei der Wahrheit zu bleiben. Dabei schätzte der Psychologe Jerry Jellison von der University of Southern California schon vor Jahren: Jeder Mensch lügt bis zu 200 Mal am Tag, Frauen und Männer gleichermaßen.
„Irgendwann lügt jeder“, sagt auch Wolfgang Krüger, Psychotherapeut und Buchautor aus Berlin, der sich auf Partnerschaftsprobleme spezialisiert und zahlreiche Bücher zum Thema veröffentlicht hat. „Wenn ich jeden Gedanken ausspreche, ruiniere ich jede Beziehung. Insofern ist manches Schweigen ein Akt der Höflichkeit und der Vernunft“, erklärt der Psychotherapeut. Gerade in Beziehungen diene das Schweigen oft dem Schutz des Partners. Kommt eine Affäre ans Licht, sei der Vertrauensbruch meist gravierender als der Seitensprung selbst. Es dauere oft lange, bis Paare bereit seien, über den Vorfall hinwegzusehen und an ihrer Beziehung zu arbeiten, so Krüger.
Auch das Wiener Therapeutenpaar Dr. Sabine und Roland Bösel, mittlerweile auch bekannt durch ihren Online-Kurs „Liebesdoppel“ für erfolgreiche Beziehungsführung, ist der Meinung, dass es in bestimmten Fällen besser sein kann, einen Seitensprung zu verschweigen, als radikal ehrlich zu sein.
Vor allem bei einer Art von Affäre sei Verschweigen oft die klügere Wahl, sagt die Psychotherapeutin und Psychologin Dr. Sabine Bösel: bei einmaligen Seitensprüngen, die nach dem Motto „Gelegenheit macht Liebe“ passieren, etwa auf Dienstreisen oder Betriebsfeiern. „War es ein wirklich unbedeutender Ausrutscher, läuft die Beziehung meist normal weiter. In solchen Fällen kann Schweigen vorteilhaft sein“, betont Dr. Bösel.
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Experten raten: Wiederholte Seitensprünge sollten gestanden werden
Anders sieht es aus, wenn sich solche Ausrutscher wiederholen und die Affäre zur Gefahr für die Beziehung wird. Der Paar- und Psychotherapeut Roland Bösel erläutert: „Bei Affären, die aus der Partnerschaft heraus entstehen, etwa wenn die Leidenschaft nachlässt und es im ,Paarzwischenraum‘ an Zufriedenheit mangelt oder wenn sich eine Affäre weiterentwickelt, ist ein Geständnis der reifere Umgang mit dem Thema. Dann sollte man das Gespräch mit dem Partner oder der Partnerin suchen, mit dem Willen, gemeinsam an der Beziehung zu arbeiten.“
Dabei sei Offenheit entscheidend: Es gehe darum, ehrlich zu sagen, dass man sich in jemanden verliebt hat und dass einem in der eigenen Beziehung etwas fehlt. „Im Kern geht es weniger um das Geständnis als um die Erkenntnis, dass die Affäre ein Symptom für Probleme in der eigenen Beziehung ist“, erklärt Bösel.
Affäre gestehen – aber aus dem richtigen Grund
Hinzu komme: Geständnisse erfolgen laut Psychotherapeut Wolfgang Krüger nicht immer aus der richtigen Motivation. „Viele Menschen gestehen eine Affäre weniger aus Ehrlichkeit, sondern um ihr eigenes schlechtes Gewissen zu entlasten“, erklärt er. Statt die Beziehung zu retten, suchten Fremdgeherinnen und Fremdgeher oft vor allem nach innerer Absolution. Andere würden sich mit dem Geständnis vom Partner distanzieren und damit signalisieren, dass die Entfremdung in der Beziehung schon weit fortgeschritten ist.
Die Psychologin und Psychotherapeutin Dr. Sabine Bösel beobachtet zudem, dass viele Fremdgänger unbewusst darauf hinarbeiten, erwischt zu werden – etwa indem sie den Computer samt Nachrichten der Affäre offen stehenlassen. „Sie wollen, dass die Affäre auffliegt, um eine Veränderung in der eigenen Beziehung herbeizuführen“, erklärt Dr. Bösel.
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Menschen sind schlechte Lügner: Warum Affären beichten oft leichter fällt als Lügen
Dass viele Menschen eine Affäre beichten, liegt laut Dr. Krüger auch daran, dass es schwierig ist, tief sitzende Geheimnisse auf Dauer für sich zu behalten. Zwar gibt es Menschen, die ein Doppelleben führen und sogar zwei Familien parallel managen, wie das Therapeutenpaar Dr. Sabine und Roland Bösel feststellt. Doch Studien zeigen, dass es den meisten Menschen schwerfällt, ständig zu lügen. Denn die Folgen einer Lüge sind oft gravierend: Untersuchungen der University of Notre Dame belegen, dass Lügen häufig zu erhöhtem Stress und gesundheitlichen Problemen führen. Die Forscher fanden auch heraus, dass Menschen, die weniger lügen, weniger unter Kopfschmerzen, Halsschmerzen und emotionalem Stress leiden.
Dr. Krüger erklärt, dass die Unfähigkeit, über längere Zeit zu lügen, vor allem auf die hohe kognitive Belastung zurückzuführen ist. „Wer eine Affäre verheimlicht, muss eine Art Spaltungsfähigkeit entwickeln, denn er lebt gleichsam in zwei Welten: Nachts liegt er neben seiner Frau, während seine Gedanken bei der Geliebten sind, mit der er gestern im Bett war.“ Gleichzeitig müsste der Untreue ständig darauf achten, was er erzählt, um seine doppelte Realität aufrechtzuerhalten – eine Herausforderung, die nicht nur emotional, sondern auch logistisch anspruchsvoll ist.
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Experte verrät: So können Betrüger ihre Affären verbergen
Wer eine Affäre geheim halten will, muss bereit sein, die Wahrheit zu verbergen, erklärt der Psychotherapeut Krüger. Untreue breche gewohnte Muster auf, was zu Verhaltensänderungen führe, die aufmerksame Partner schnell bemerken könnten. „Der Untreue zieht sich innerlich zurück, wirkt abwesend – das schwächt die Partnerschaft, auch wenn der Seitensprung verheimlicht wird“, sagt er. Um den Seitensprung zu vertuschen, seien daher Ausreden und falsche Erklärungen unvermeidlich.
Tipps des Psychotherapeuten, um eine Affäre geheimzuhalten:
- Auffälligkeiten vermeiden
Psychologe Dr. Krüger betont, dass Auffälligkeiten innerhalb der Beziehung vermieden werden sollten. Plötzliche Veränderungen im Verhalten, vor allem im Sexualleben, können Verdacht erregen. „Am besten ist es, alles so normal wie möglich weiterlaufen zu lassen – pünktlich nach Hause zu kommen, miteinander zu reden, gelegentlich Sex zu haben und gemeinsame Rituale wie Spaziergänge beizubehalten“, rät Dr. Krüger. Ziel sei es, die misstrauische bessere Hälfte zu beruhigen.
Das bestätigt auch eine Studie der Universität Zypern: In einer Befragung von 489 untreuen Teilnehmern gaben die meisten an, ihre Verhaltensweisen und Routinen in der Hauptbeziehung bewusst unverändert zu lassen, um keinen Verdacht zu erregen. Schon kleine Abweichungen wie ein später Feierabend können Verdacht erregen und die Geheimhaltung gefährden.
- Spuren verwischen
Filme zeigen es oft: Kleine Spuren oder unglückliche Zufälle sind das größte Risiko, dass eine Affäre auffliegt. Ein typisches Beispiel ist das Radarfoto, auf dem die attraktive Kollegin neben dem Ehemann sitzt. „Je länger eine Affäre dauert, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie entdeckt wird“, warnt Psychotherapeut Wolfgang Krüger. Hilfreich sei es daher rechtzeitig alles zu vernichten, was auf die Affäre hindeuten könnte: Hotelrechnungen, Quittungen, Servietten und andere Erinnerungsstücke. Auch digitale Spuren wie Nachrichten, Anrufprotokolle oder gespeicherte Routen im Navigationssystem könnten verdächtig wirken.
Wenn es gut läuft, kann das Versteckspiel gelingen – wenn auch meist nicht auf Dauer: Eine Studie der Dating-Plattform „Ashley Madison“ ergab, dass 46 Prozent der Affären durchschnittlich länger als einen Monat dauerten, 28 Prozent weniger als einen Monat. Denn das Doppelleben, das mit einer Affäre einhergeht, ist für die Betroffenen meist eine große Belastung. „Die Untreuen verlieren ihre Unschuld und ihre innere Heimat – ein hoher Preis, den jede Affäre fordert“, resümiert Krüger.