Berlin. Warum bin ich eifersüchtig auf die Ex-Beziehungen meines Partners? Ein Psychologe nennt Ursachen und gibt Tipps zum Umgang mit Gefühl.

Ein dumpfes Gefühl in der Magengegend, ein Kloß im Hals oder lauter kritische Gedanken im Kopf: Vielen dürfte das Gefühl von Eifersucht bekannt sein. Besonders in Zeiten, in denen man sich auf Social Media stets mit extrem attraktiven und erfolgreichen Menschen vergleichen kann, führt kaum ein Weg daran vorbei. Aber es gibt verschiedene Formen der Eifersucht. Solche auf Freunde, aber auch jene auf Menschen, die mit dem Partner zu tun haben. Und dann gibt es Formen der Eifersucht, die mit der Vergangenheit zu tun haben: Psychologen nennen es rückwirkende Eifersucht, wenn wir auf die Vergangenheit unseres aktuellen Partners eifersüchtig sind.

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Das bedeutet, wir stören uns an den sexuellen oder romantischen Erfahrungen und Erlebnissen, die unser Partner gemacht hat – bevor er uns kennengelernt hat. Das äußert sich zum Beispiel darin, dass wir fieberhaft die Social-Media-Kanäle der Ex-Freunde unserer Partner durchscrollen oder ihm unverhältnismäßig viele Fragen über die Vergangenheit stellen.

Rückwirkende Eifersucht erkennen: Diese Verhaltensmuster deuten darauf hin

Folgende Verhaltensweisen könnten darauf hindeuten, dass Sie unter rückwirkender Eifersucht leiden: 

  • Sie verbringen viel Zeit auf den Social-Media-Profilen der Ex-Partner Ihres Partners
  • Sie stellen Ihrem Partner ständig Fragen zu seiner romantischen oder sexuellen Vergangenheit
  • Sie grübeln exzessiv über die Vergangenheit des Partners und vergleichen sich mit den Ex-Beziehungspartnern
  • Sie haben das Gefühl, dass Ihr Partner immer noch Gefühle für seinen oder ihren Ex hat

Wer das Gefühl kennt, weiß: Niemand ist gern eifersüchtig. Aber was, wenn ich mich dabei entdecke, dass ich rückwirkende Eifersucht empfinde? Dass mich der Gedanke an seine Ex-Beziehungen nicht loslässt? Woher kommt das Gefühl und was kann ich tun, um es loszuwerden? Psychologe Wanja Kunstleben berät in seiner Praxis in Freiburg unter anderem Paare mit Eifersuchtsproblemen. Er gibt drei Tipps im Umgang mit rückwirkender Eifersucht.

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    Tipp 1 gegen rückwirkende Eifersucht: Eigenen Selbstwert stärken

    Hinter rückwirkender Eifersucht steckt meistens ein Problem mit dem eigenen Selbstwert, sagt Kunstleben. Viele rückwirkend eifersüchtige Menschen hätten tief in sich das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Die daraus resultierenden Handlungen, etwa das ständige Checken der Social-Media-Profile oder das kontrollierende Verhalten gegenüber dem Partner, sind Schutzstrategien, um „sich nicht mit dem eigentlichen Thema auseinanderzusetzen“ – nämlich mit der Frage, wo das eigene Selbstwertgefühl wackelt.

    Wanja Kunstleben berät in seiner Praxis in Freiburg Paare mit Beziehungs- und Eifersuchtsproblemen.
    Wanja Kunstleben berät in seiner Praxis in Freiburg Paare mit Beziehungs- und Eifersuchtsproblemen. © Privat | Wanja Kunstleben

    Wer unter rückwirkender Eifersucht leidet, sollte sich daher unbedingt mit sich selbst auseinandersetzen. Es ist laut dem Psychologen wichtig zu reflektieren, in welchen Bereichen der Beziehung man Angst verspürt und woher diese Angst kommen könnte. Dann gilt es, den eigenen Selbstwert zu stärken und sich vor Augen zu führen, wo die eigenen Stärken liegen – und was der Partner eben auch an einem hat.  

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    Tipp 2 gegen rückwirkende Eifersucht: Sinnloses Scrollen und Stalken vermeiden

    Sinnloses Scrollen in den sozialen Medien und ständiges Vergleichen sollte man unbedingt unterlassen, da diese von der Reflexion mit den eigenen Problemen ablenken könnten, sagt Kunstleben. Sie vermitteln einem zwar kurzfristig ein Gefühl von Kontrolle, führen aber langfristig nicht zu einer Minderung der Eifersuchtsgefühle – das Gegenteil ist der Fall.

    Social Media fördert eine „Kultur der Äußerlichkeit“, so der Psychologe. Viele Menschen zeigen sich dort nur von ihrer besten Seite. Plattformen wie Instagram und TikTok ermöglichen es uns, andere zu verfolgen und uns mit ihnen zu vergleichen. „Möglichkeit schafft mit der Zeit eben auch Gewohnheit“, sagt Kunstleben.

    Tipp 3 gegen rückwirkende Eifersucht: Das Problem mit dem Partner besprechen

    Zuletzt rät der Psychologe, seinen Partner in die eigene Gefühlslage „einzuweihen“. Dieser kann auch dabei helfen, den eigenen Leidensdruck zu lindern. Hier ist es aber wichtig, nicht in eine Falle zu treten: „Man sollte der Angst nicht zu viel Raum geben und nicht versuchen, sich möglichst so zu verhalten, dass die eigene Vergangenheit nie wieder Thema ist“, sagt Kunstleben. Stattdessen sollten Partner von rückwirkend eifersüchtigen Menschen sich gemeinsam mit dem Geliebten fragen, um welche tieferen, inneren Themen es bei dem Problem tatsächlich geht.

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    Partner von eifersüchtigen Menschen sollten „ihn oder sie nicht vergleichen und keine unangemessenen Forderungen stellen“, sagt Kunstleben. Wenn der Partner Dinge sagt wie „Du musst so und so aussehen“ oder „Ich stehe ja eher auf den und den Typ“, dann kann dadurch auch der Selbstwert beeinflusst werden. „Hier haben wir dann schnell auch Aspekte einer toxischen Beziehung“, erklärt Kunstleben.

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    Also: Solange der Partner einem nicht tatsächlich Anlass zur rückwirkenden Eifersucht gibt, ist die beste Strategie, das Problem offen anzusprechen und zu reflektieren, an welchen Stellen man selbst Unsicherheiten hat. Sinnloses Scrollen und obsessives Vergleichen hingegen sollte man unbedingt unterlassen.

    Kunstleben rät seinen Patientinnen und Patienten in der Beziehung eine „Kultur der Vordertür“: „Zeige, wer du bist, auch mit schwierigen Themen“, rät der Psychologe. Es geht hier um eine Grundhaltung, die erlaubt, Sorgen und Ängste offen ansprechen zu können. Das ermöglicht es dem Paar, Problemen tatsächlich auf den Grund zu gehen, anstatt ungesunden Verhaltensmustern nachzugehen – dann sind ständiges Grübeln, Misstrauen und Scrollen auf Social Media schon bald passé.