Mountain View. Täglich beginnt der Weg ins Netz für hunderte Millionen Menschen mit der Google-Suche. Mit KI soll sie nun völlig neuartig arbeiten.
Google krempelt seine dominierende Internet-Suchmaschine mit KI-Funktionen um. Such-Anfragen werden umfassender und exakter beantwortet. „Wir erledigen das Googeln für sie“, laute die neue Devise bei der Websuche, sagte die zuständige Top-Managerin Liz Reid am Dienstag auf der Entwicklerkonferenz Google I/O. So könne man nun in einer Suchanfrage mehrere Fragen stellen – also nicht etwa nur, wo sich Pilates-Studios in Berlin befänden, sondern auch, wie man dort hinkommt und ein Zeitfenster bucht.
Mit seinem Software-Algorithmus, der relevante Weblinks zu Anfragen der Nutzer heraussucht, wurde Google zur dominierenden Suchmaschine, zum Schweizer Messer in der Internet-Welt. Damit einher ging auch die Geschäftsidee, die Google zu einer wahren Gelddruckmaschine machte: Unternehmen zahlen dafür, dass ihre Links neben den Suchergebnissen auftauchen. Offen ist bisher, welchen Einfluss die neue KI-Suche auf das Geschäftsmodell von Webseiten haben wird, die davon abhängen, dass Nutzer über Google zu ihnen finden. Unklar ist auch, was das für die Einnahmen von Google aus Werbung im Umfeld der Internet-Suche bedeuten wird, die ein zentraler Geldbringer für den Konzern ist.
Google will sich gegen KI-Konkurrenz behaupten
Mit Chatbots und anderen KI-Anwendungen wird es jedoch einfacher, Fragen direkt zu beantworten, statt nur eine Ansammlung von Weblinks anzuzeigen. KI-Start-ups wie Perplexity AI wollen Google so mehr Konkurrenz machen. Bisher konnten sie nicht ernsthaft am Thron des Marktführers sägen. Doch mit den Neuerungen in der Websuche wartet Google nicht, bis sie stärker werden, sondern ergreift nun selbst die Initiative.
Zudem machte Google klar, dass der Konzern bei KI-Assistenten der Zukunft nicht Herausforderern wie dem ChatGPT-Erfinder OpenAI das Feld überlassen will. OpenAI hatte ausgerechnet am Vortag für Schlagzeilen gesorgt mit der Live-Demonstration einer Version von ChatGPT, die sich fließend mit Nutzern unterhalten und dabei auch visuelle Informationen von der Smartphone-Kamera berücksichtigen kann. So leitete der Chatbot zum Beispiel an, wie eine Mathematik-Gleichung zu lösen ist, die ein OpenAI-Mitarbeiter auf einem Blatt Papier aufschrieb. Auch konnte ChatGPT die Laune anhand des Gesichtsausdrucks interpretieren.
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Ein Foto des defekten Geräts genügt – schon kommt die Reperatur-Anleitung
Google versucht zugleich, die Sorgen von Webseiten-Betreibern zu zerstreuen, dass die KI-Überblicke den Datenverkehr zu ihnen versiegen lassen könnten. In bisherigen Probeläufen habe sich gezeigt, dass in den „AI Overviews“ vielfältigere Links als sonst vorkämen – und Nutzer sich auch dorthin durchklickten, sagte Google-Managerin Hema Budaraju.
Schon zuvor hatte Google eine Funktion eingeführt, bei der es für eine Internet-Suche schon genügt, ein Objekt auf einem Foto oder Worte auf dem Smartphone-Display einzukreisen. Auf der Google-I/O wurde auch demonstriert, dass es reicht, ein kurzes Video von einem defekten Plattenspieler zu machen, um eine Anleitung zu bekommen, wie sich das Problem bei diesem Modell beheben lässt. „Google-Suche ist generative KI in der Dimension der menschlichen Neugierde“, sagte Konzernchef Sundar Pichai.
Die neue KI-gestützte Suche wird zunächst in den USA auf Englisch eingeführt. Sie soll aber „in absehbarer Zeit“ nach Europa und Deutschland kommen.
Google sieht Menschheit bei KI-Nutzung erst am Anfang
„Wir investieren seit mehr als einem Jahrzehnt in KI“, betonte Pichai. Und doch sei man bei der Technologie erst am Anfang. Google arbeitet unter anderem daran, das sogenannte „Kontext-Fenster“ zu erweitern – also die Menge an Informationen, die ein KI-Modell gleichzeitig auswerten kann. Aktuell könne die KI-Software in der Abo-Version ein bis zu 1.500 Seiten langes PDF-Dokument oder ein einstündiges Video auf einmal erfassen und Fragen dazu beantworten. Kein anderer Chatbot sei dazu in der Lage, betonte Google-Managerin Sissie Hsiao. Zum Jahresende wolle man die Werte verdoppeln.
Google setzt auch auf „KI-Agenten“ – Assistenten, die eigenständig Aufgaben mit mehreren Schritten erfüllen können. Sie könnten sich etwa komplett um Retouren kümmern oder bei einem Umzug die nötigen Ummeldungen erledigen und nützliche Adressen in der neuen Nachbarschaft heraussuchen.
Pichai demonstrierte unter anderem, wie die Software jetzt aus der Sammlung persönlicher Fotos auf Wunsch alle Bilder heraussuchen kann, bei denen es zum Beispiel um die Schwimm-Fortschritte eines Kindes geht.
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