Essen. In NRW fehlen 110.400 Kitaplätze. Das wird laut neuer Bertelsmann-Studie auch länger so bleiben. Viele Eltern verzweifeln derweil bei der Suche.
Zehn Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf eine Tagesbetreuung für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr gibt es in Nordrhein-Westfalen noch immer zu wenige Kita-Plätze, um die Bedarfe der Eltern zu erfüllen. Neue Berechnungen der Bertelsmann Stiftung zeigen: Erst ab dem Jahr 2030 könnte es gelingen, den derzeitigen Platzbedarf zu decken. Allerdings nur, wenn die Elternbedarfe nicht weiter steigen – das halten Bildungsexperten jedoch für unwahrscheinlich.
„NRW kann den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz nach wie vor nicht bedarfsgerecht erfüllen. Die Kinder bekommen keinen Zugang zu frühkindlicher Bildung, während die Eltern Familie und Beruf schwieriger vereinbaren können“, sagt Kathrin Bock-Famulla, Bildungsexpertin der Bertelsmann Stiftung.
NRW-Eltern suchen händeringend Betreuungsplätze für ihre Kinder
Hierzulande fehlen rund 110.400 Kita-Plätze. Damit liegt die Quote der unter Dreijährigen in einer Kindertagesbetreuung mit 30 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt (36 Prozent). Jedoch wünschen sich 48 Prozent der Eltern für ihr unter dreijähriges Kind eine Betreuung.
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Von den über Dreijährigen werden 91 Prozent betreut. Doch auch hier wünschen sich in NRW mehr Eltern einen Betreuungsplatz für ihre Kinder (95 Prozent).
Personalschlüssel ist in NRW nicht kindgerecht
Zudem werden 70 Prozent der Kita-Kinder hierzulande in Gruppen mit nicht kindgerechten Personalschlüsseln betreut. „Wenn eine Fachkraft für mehr Kinder verantwortlich ist als wissenschaftlich empfohlen, leidet darunter die Qualität der pädagogischen Praxis“, sagt Bock-Famulla. Sie gehe davon aus, dass die Kitas in NRW aktuell ihren Bildungsauftrag für die Mehrheit der Kinder nicht erfüllen können.
In den Kindergartengruppen ist eine Fachkraft rechnerisch für acht Kinder verantwortlich. Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt jedoch einen Personalschlüssel von eins zu 7,5 in dieser Gruppenform.
Um die Situation in den Kitas zu verbessern, benötigten die Einrichtungen somit deutlich mehr Personal, heißt es von den Autoren der Studie. Bis zum Jahr 2025 werden in NRW 12.900 Fachkräfte fehlen, um die Betreuungsbedarfe der Eltern zu erfüllen.
Städte- und Gemeindebund NRW fordert Überbrückungshilfen für Kitas
„Die Lage in den Kitas ist dramatisch. Die meisten Träger und auch die Kommunen sind am Limit, sowohl personell als auch finanziell“, sagt Christof Sommer, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW. Gleichzeitig seien die Familien zwingend auf eine Betreuung angewiesen. Deshalb müssten die pädagogischen Fachkräfte jetzt dringend entlastet werden, so Sommer. Spielräume dafür sieht er im Bereich der Verwaltung. „Bürokratie frisst in den Kitas immer noch viel zu viel wertvolle Arbeitszeit.“
Dringend nachlegen müsse das Land zudem in der Kita-Finanzierung. Es brauche unbedingt weitere Überbrückungshilfen, sonst stünden viele Kita-Träger vor dem Aus. „Die Städte und Gemeinden werden nicht ansatzweise in der Lage sein, die völlig unzureichende Unterstützung des Landes aufzufangen“, betont Sommer.
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