Berlin. Kurz vor der Wahl machten Parlamentarier einen Vorstoß für ein Verbot der extremen Rechten. Welchen Einfluss hat der Wahlerfolg der AfD?

Nur wenige Tage vor der Wahl hatten es einige Abgeordnete noch einmal versucht. Eine Gruppe um den CDU-Politiker Marco Wanderwitz aus Chemnitz brachte einen Antrag im Bundestag ein. Das Bundesverfassungsgericht solle ein Verbot der AfD überprüfen. Das geht, wenn der Bundestag einen Antrag dafür stellt.

Es war eine hitzige Debatte im Parlament, ein Schlagabtausch zwischen Befürwortern und Gegnern des Parteiverbots. „Sie sind Verfassungsfeinde, Sie sind Feinde unserer Demokratie, Sie sind Menschenfeinde“, sagte Wanderwitz am Rednerpult.

Nun hat die AfD ihr Wahlergebnis von 2021 verdoppelt, sie wird wohl stärkste Oppositionspartei. Die in weiten Teilen als rechtsextrem eingestufte Partei wird mächtiger. Sie bekommt mehr Steuergeld, sie stellt mehr Mitarbeitende im Bundestag ein, sitzt mit mehr Politikerinnen und Politikern in Gremien und Ausschüssen des Parlaments.

Marco Wanderwitz
Marco Wanderwitz von der CDU will die AfD verbieten. © DPA Images | Kay Nietfeld

Ist mit dem Machtzuwachs ein Verbot der AfD vom Tisch? Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt dringt weiterhin auf ein Verbot. Wer die AfD wieder klein machen wolle, „sollte auch nicht davor zurückschrecken, das Verfassungsgericht mit einer Prüfung zu befassen“, sagte die bisherige Vizepräsidentin des Bundestages unserer Redaktion. „Ich setze mich weiterhin für ein Verbot der AfD ein.“

„Verhindern, dass Rechtsextreme unser Land in dunkle Zeiten führen“

Die Absichten der AfD seien unmissverständlich, warnte Göring-Eckardt. „Sie will unsere Demokratie im Eiltempo zerschlagen und unser Land zu einem Vasallen Putins machen. Es ist unerlässlich, dass wir mit aller Kraft verhindern, dass Rechtsextreme unser Land in dunkle Zeiten zurückführen.“ 

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Mehrere Landesverbände der AfD gelten dem Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“, immer wieder fallen Abgeordnete der Partei mit diskriminierenden Parolen auf. Im Terrorismus-Verfahren gegen eine „Reichsbürger“-Clique um Prinz Reuß ist auch eine ehemalige AfD-Abgeordnete angeklagt.

Als Organ der Demokratie können die Abgeordneten beim Bundesverfassungsgericht ein Parteienverbot beantragen. In der Begründung wird auf die Forderung nach „Remigration“ auch von deutschen Staatsbürgern mit Migrationshintergrund sowie auf Äußerungen verwiesen, welche die Menschenwürde von Migranten, Muslimen und sexuellen Minderheiten verletzten.

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Meine schwerste Entscheidung

„Bleibt das gescheiterte Verbotsverfahren gegen die NPD 2017 der Maßstab für Verbote von Parteien, sehe ich wenig Chancen für ein Verfahren gegen die AfD“, sagt Politikwissenschaftler und AfD-Experte Wolfgang Schroeder von der Universität Kassel unserer Redaktion. „Es dürfte kaum möglich sein, der AfD nachzuweisen, dass sie in Gänze diese Demokratie abschaffen will – und auch die Macht für diese Ideologie bekommt.“

Die Gruppe von Politikern um CDU-Mann Wanderwitz beruft sich auch auf ein Gutachten von 17 Staatsrechtlern und einen offenen Brief von rund 600 Juristinnen und Juristen an Bundestag und Bundesregierung. Sie halten die AfD für eine „verfassungsfeindliche Partei, die strategisch darauf ausgerichtet ist, das demokratische System mit einem menschenunwürdigen System zu ersetzen“. Der Bundestag solle die „Tür nach Karlsruhe“, dem Sitz des Verfassungsgerichts, öffnen, heißt es von Seiten der Fachleute.

124 Abgeordnete unterstützen die Initiative – das ist keine Mehrheit

Im Bundestag kam der Antrag von Wanderwitz und Co. jedoch nicht zur Abstimmung. Schon bevor die Debatte im Parlament begonnen hatte, war klar: 124 Abgeordnete unterstützen die Initiative – das ist weit von einer Mehrheit entfernt. Und auch etliche Politikerinnen und Politiker von Union und FDP sprachen sich gegen ein Verbotsverfahren gegen die AfD aus.

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