Berlin. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht hat hoch gepokert. Aber seit Monaten lief es schlecht. Das lag an konkreten Entscheidungen – und Themen.
Sahra Wagenknecht hatte alles auf eine Karte gesetzt. „Die Wahl ist auch eine Abstimmung über meine politische Zukunft“, erklärte die 55-jährige BSW-Chefin vor dem Wahlsonntag. Wenn die Partei nicht mehr im Bundestag vertreten sei, sei sie keine relevante Stimme mehr. Kurz nach Schließung der Wahllokale sah es so aus, als hätte Wagenknechts verzweifelte Drohung mit ihrem Rückzug aus der Politik nicht sehr viel gebracht: Die Prognosen und Hochrechnungen legten mal nahe, dass das BSW an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, mal sollte es nur ganz, ganz knapp den Einzug in den Bundestag schaffen.
Zwar hofften Parteimitglieder am Abend auf den Durchbruch, den Einzug ins Parlament – Ko-Parteichefin Amira Mohamed Ali gab sich „sehr zuversichtlich“. Und die Vorsitzende Wagenknecht erklärte überraschend: Auch wenn der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde nicht gelinge, „ist es nicht das Ende des BSW“. Den Gefallen werde man den anderen Parteien nicht tun. Aber die frühe Zitterpartie zeigte: Der Höhenflug des vor einem Jahr gegründeten linkskonservativen Politik-Start-ups ist wohl vorbei. Dabei sah es vor einem halben Jahr noch so aus, als könne die Wagenknecht-Truppe auch bei den Bundestagswahlen zehn Prozent der Stimmen holen und zu einer relevanten Kraft in der Bundespolitik werden.
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Mit der Mischung aus linker Sozialpolitik und rechter Gesellschaftspolitik war das BSW schon im Juni ins Europaparlament eingezogen, hatte im September zweistellige Ergebnisse in drei Bundesländern geholt. Doch im Herbst begann der Abstieg in den Umfragen, beschleunigt durch den Bruch der Ampel-Koalition. Was ist passiert, warum ist die Zustimmung zur Wagenknecht-Partei zusammengeschmolzen? Drei Gründe werden im BSW diskutiert.
BSW-Zittergrund eins: Fluch des frühen Erfolgs
Nach dem überraschenden Höhenflug bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg stand die Partei zu früh unter Druck, ob sie in Regierungen mit etablierten Parteien eintreten sollte, weil sonst Regierungen gar nicht zu bilden waren. Es kam zum Streit: In Thüringen und Brandenburg regiert das BSW mit, in Sachsen nicht. Das klare Anti-Establishment-Image hatte die BSW damit selbst zerstört und gegen ein diffuses Profil eingetauscht.
BSW-Zittergrund zwei: Neuwahlen zu früh
Das BSW war auf den Wahlkampf überhaupt nicht vorbereitet. Die Partei brauchte quälend lange, um sich aufzustellen, dem Wahlprogramm fehlte es an klarer Linie. Wegen der rigiden Aufnahmehürden hatte das BSW mit seinen nur 1100 Mitgliedern auch zu wenig Kraft für einen Straßenwahlkampf.
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Wagenknecht absolvierte im Februar nur neun Wahlkampfauftritte – Friedrich Merz kam auf über 80. Stattdessen begannen interne Querelen. In Bayern traten Führungsleute unter Protest aus, in Hamburg versuchten Parteirebellen, mit einer Konkurrenz-Gruppierung anzutreten.
BSW-Zittergrund drei: Trump zerschießt Thema
Im Wahlkampf verlor das BSW auch noch ihr zentrales Kampagnen-Thema, ein Ende des Ukraine-Krieges und Verständigung mit Russland. Durch die Annäherung von Donald Trump und Wladimir Putin hat diese Frage aus Sicht der BSW-Wähler jetzt viel weniger Brisanz. „Unser Thema Frieden ist durch die Migrationsdebatte völlig in den Hintergrund getreten ist“, heißt es in der Parteiführung. In der Migrationsdebatte aber hat die AfD offenbar eine größere Anziehungskraft auf potenzielle BSW-Wähler.

Auf der anderen Seite hat die Linkspartei plötzlich wieder Zulauf. Der Zauber des Anfangs sei größer gewesen als erwartet, bilanziert Meinungsforscher Klaus-Peter Schöppner, nach den Wahlerfolgen im Osten habe das BSW aber nicht „nachbefeuert.“