Arnsberg. Der Wald in NRW leidet sehr. Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) malt aber längst nicht so schwarz wie Cem Özdemir (Grüne).

NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) widerspricht bei der Beurteilung des Waldzustandes ihrem Amtskollegen im Bund, Cem Özdemir (Grüne). „Der Wald nimmt immer noch viel CO2 auf, besonders dort, wo gut gewirtschaftet wird und wo junge Bäume in den Wald gesetzt werden, die künftig viel CO2 speichern können“, sagte sie am Donnerstag bei der Vorstellung der Ergebnisse der bundesweiten „Waldinventur“ für NRW.

Cem Özdemir (Grüne) warnt: „Wald wird vom Kohlenstoff-Speicher zur Kohlenstoffquelle“

Özdemir hatte Anfang Oktober bei seiner Präsentation der „Waldinventur“ ein düsteres Bild gezeichnet: Der deutsche Wald sei zu vom Kohlenstoffspeicher zur „Kohlenstoffquelle“ geworden. „Das bedeutet, der Verlust an Biomasse ist durch Dürre, Stürme und Käferbefall größer als der Zuwachs von Biomasse.“

„Ich bin da nicht pessimistisch“, sagte Gorißen im sauerländischen Wald bei Arnsberg. Dass die Speicherfunktion des Waldes abgenommen habe, hänge vor allem mit dem Sterben der Fichtenbestände zusammen, erklärte Gorißen. „Das gilt es wieder gutzumachen, mit an den Klimawandel angepassten Bäumen, und dann werden wir den CO₂-Speicher weiter ausbauen.“

Vorstellung Ergebnisse der Waldinventur für Nordrhein-Westfalen
Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) macht sich ein Bild von den „Inventuarbeiten“ im Arnsberger Wald. Neben ihr: Lutz Jaschke von Wald und Holz NRW. © DPA Images | Dieter Menne

Die „Waldinventur“, die es in Deutschland 1987 erstmals gab und die inzwischen alle zehn Jahre durchgeführt wird, liefere für NRW ein gutes Ergebnis: „Wir haben in der Fläche keinen Wald verloren“, betonte die Ministerin. Nach wie vor bestehe 28 Prozent der Landesfläche aus Wald, und 63 Prozent dieser Flächen würden privat bewirtschaftet.

Die Buche hat die Fichte als „Baumart Nummer 1“ in NRW abgelöst

Der Wald in NRW habe sich aber, bedingt durch die Folgen des Klimawandeln, in den vergangenen Jahren stark verändert. So habe die Holzmasse der Wälder um 15 Prozent abgenommen, liege aber heute immer noch über der 1987 gemessenen Menge. Die Fichte sei vielerorts verschwunden und inzwischen von der Buche als „Baumart Nummer 1“ abgelöst worden.

Weitere Ergebnisse der „Waldinventur“ für NRW: Der Forst hat sich insgesamt verjüngt, zudem gibt es heute mehr Laub- und weniger Nadelbäume als früher. Vor zehn Jahren habe der Anteil der Laubbäume im Wald bei 57 Prozent gelegen, jetzt seien es 65 Prozent. Die Wälder in NRW bestehen heute zu 19 Prozent aus Buchen. Es folgen Eiche und Fichte (je 18 Prozent) sowie Birke und Kiefer (je sieben Prozent). Es liege deutlich mehr Totholz im Wald als früher, was diese Lebensräume biologisch aufwerte.

Die „Waldinventur“

Die bundesweite Wald-Großrauminventur erfolgt nach einheitlichen Verfahren in einem Stichprobenraster. In einem Turnus von zehn Jahren vermessen Inventurtrupps an permanenten Probepunkten Bäume im Wald und erheben viele weitere Merkmale. Deutschlandweit gibt es rund 80.000 Stichprobenpunkte, an denen rund 520.000 Probebäume vermessen und weitere Untersuchungen zum Wald durchgeführt werden. Die Forstfachleute des Landesbetriebs Wald und Holz NRW haben die Aufnahme für Nordrhein-Westfalen durchgeführt und rund 10.000 Stichprobepunkten im Land koordiniert und begleitet.

Die erste Bundeswaldinventur gab es 1987. Mit der zweiten Bundeswaldinventur wurde zum ersten Mal nach der Wiedervereinigung der Wald in ganz Deutschland zum Stichjahr 2002 einheitlich, Länder übergreifend und in allen Eigentumsarten durch eine Stichprobe erhoben. In den Jahren 2011-2012 folgte die dritte Bundeswaldinventur und 2017 die so genannte Kohlenstoffinventur. Waldinventur Nummer vier erfolgte 2024.

Aus den umfangreichen Daten berechnet das Thünen-Institut im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums statistische Angaben über die Waldfläche, die Baumarten-Vielfalt, den Altersaufbau der Wälder, Holzvorrat und Holznutzung. (Quellen: Land NRW/Bundeslandwirtschaftsministerium)
 

Waldbauern unter Druck: Ziehen sie mit beim Waldumbau und können sie sich das leisten?

Der Wald der Zukunft müsse bunter und widerstandsfähiger sein als der der Gegenwart, erklärten neben Gorißen die Forstexperten des Landesbetriebes Wald und Holz. Auch die neue „Nummer 1“, die Buche, ist laut dem jüngsten Waldzustandsbericht ein Opfer von Klimawandel und Schadstoffen: Nur ein Fünftel des Bestandes gilt als gesund. Ohne die Mithilfe der 150.000 privaten Waldbesitzer in NRW sei der Umbau der Wälder nicht zu stemmen, so die Ministerin. Die allerdings dringen darauf, dass das Land ungeachtet der aktuellen Sparzwänge die Aufforstung weiter angemessen fördert.

Mehr zum Thema