Ankara/Athen. Auf dem Gelände eines türkischen Luft- und Raumfahrtunternehmens sterben fünf Menschen bei einem Terroranschlag. Die Hintergründe.
Schüsse fallen am Mittwochnachmittag auf dem Gelände des staatlichen türkischen Luft- und Raumfahrtunternehmens Turkish Aerospace Industries (abgekürzt türkisch: TUSAS) in Ankara. Dann ereignet sich eine Explosion. Was genau auf dem Firmengelände am Stadtrand der türkischen Metropole ablief, ist zunächst ungewiss. Dann wird klar: Es war ein brutaler Terrorangriff.
Erste Berichte sprachen von einem Selbstmordattentäter, der möglicherweise einen Sprengsatz gezündet habe. Dann waren in den türkischen Fernsehsendern erste Aufnahmen zu sehen. Es sind viel schlimmere Bilder. Sie zeigen, wie bewaffnete Angreifer in eines der Firmengebäude stürmen und offenbar wahllos das Feuer eröffnen. Mindestens zwei Attentäter waren auf den ersten Bildern zu erkennen. Sie waren mit automatischen Gewehren und Pistolen bewaffnet, trugen schwarze Rucksäcke. Unter den Angreifern war offenbar auch eine Frau, ebenfalls mit einem Sturmgewehr bewaffnet.
Während die türkischen TV-Sender ihre regulären Programme unterbrachen, meldete sich Innenminister Ali Yerlikaya zu Wort. Er bestätigte: Es handelt sich um einen Terroranschlag. Mehrere Menschen seien getötet und verletzt worden, so Yerlinkaya anfangs. Einige Zeit später meldete sich der Minister im Netz, zwei Terroristen seien getötet worden. Es gebe fünf Todesopfer und 22 Verletzte. Der Minister hat den Anschlag in Ankara mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK in Verbindung gebracht. Der Anschlag trage die Handschrift der PKK, sagte Yerlikaya, ohne weitere Details zu nennen. Über die Identität der getöteten Angreifer war zunächst nichts bekannt.
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Terroranschlag in Ankara: Chaos, Schüsse und Explosion
Starke Polizeikräfte riegelten das Firmengelände ab und versuchten, die Belegschaft in Sicherheit zu bringen. Aber die Nachrichtenlage war lange auch für die Einsatzkräfte konfus. Offenbar waren die Angreifer mit einem Taxi auf das Firmengelände gefahren. Sie sollen sich Durchfahrt verschafft haben, als das Sicherheitspersonal am Eingang der schwer bewachten Firmenzentrale wechselte. Einer der Angreifer habe einen Sprengsatz gezündet, während andere in den Komplex eingedrungen seien. Wie viele Täter beteiligt waren, wusste man zunächst nicht.
Innenminister Yerlinkaya hatte auch zunächst kein genaues Bild von den Vorgängen auf dem Firmengelände. Immer neue Bilder und Videos, aufgenommen auch von Augenzeugen, zeigten ein chaotisches Bild. Auf den Aufnahmen war zu sehen, wie mindestens zwei Angreifer auf dem Firmengelände auf fliehende Menschen anlegen und feuern.
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Videos zeigen Terrorangriff in Ankara
Mehrere Menschen lagen am Boden, andere versuchten sich rennend in Sicherheit zu bringen. Ein weiteres Video einer Sicherheitskamera zeigt, wie ein Attentäter offenbar im Eingangsbereich der Firmenzentrale aus einem schweren Schnellfeuergewehr immer wieder anlegt und Salven abfeuert. Auf wen er zielte, war auf den Bildern nicht zu erkennen. Polizei- und Armeehubschrauber kreisten über dem Gelände. Gepanzerte Polizeifahrzeuge rollten an. Spezialeinheiten der Anti-Terror-Polizei wurden mit Bussen herangebracht, Feuerwehren und Krankenwagen rasten zum Tatort.
Der Minister berichtete dann auf der Online-Plattform X, Sicherheitskräfte hätten „die Terroristen neutralisiert“. Ob sie getötet oder festgenommen wurden, war zunächst unklar.
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Die Staatsfirma TUSAS ist eines der bedeutendsten türkischen Technologieunternehmen. Hier wird unter anderem am ersten selbst entwickelten Kampfflugzeug der Türkei gearbeitet, dem Tarnkappenjet KAAN. In Istanbul findet derzeit eine wichtige Messe für Rüstung, Luft- und Raumfahrt statt. Ob der Anschlag damit in Zusammenhang steht und warum die Attentäter das Unternehmen TUSAS aufs Korn nahmen, war zunächst unklar.
Türkei fliegt nach Anschlag Angriffe auf PKK in Syrien und Irak
Die Türkei wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten von Dutzenden schwerer Terroranschläge erschüttert. Aber zuletzt war es lange ruhig geblieben. Der letzte größere Anschlag liegt fast zwei Jahre zurück: Damals wurden bei der Explosion einer Bombe auf der Istanbuler Einkaufsstraße Istiklal Caddesi sechs Menschen getötet und 81 verletzt. Die Regierung machte die syrischen Kurdenguerilla YPG, einen Ableger der kurdischen Terrororganisation PKK, für das Attentat verantwortlich.
Noch am Mittwochabend hat die Türkei als Reaktion nach eigenen Angaben in Syrien und im Irak Ziele der verbotenen PKK und ihrer Verbündeten angegriffen. „Gemäß unseren Selbstverteidigungsrechten“ sei „eine Luftoperation gegen terroristische Ziele im Nordirak und Syrien durchgeführt“ worden, erklärte das türkische Verteidigungsministerium am Mittwoch. Dabei seien „insgesamt 32 Ziele der Terroristen erfolgreich zerstört“ worden. Der Einsatz werde fortgesetzt, fuhr das Ministerium fort.
Firma produziert Waffen, die die Regierung gegen die PKK einsetzt
In den 2010er Jahren haben vor allem Terroristen der PKK in der Türkei zahlreiche Anschläge verübt. Aber auch linksextreme Terroristenzirkel sowie Attentäter, die dem Terrornetzwerk Islamischer Staat zugerechnet wurden, waren an Anschlägen beteiligt. Die türkischen Sicherheitskräfte waren in der jüngsten Vergangenheit verschärft gegen IS-Zellen in Istanbul und Ankara vorgegangen. Ende August hatte die Polizei nach Angaben des Innenministeriums in mehreren türkischen Städten 119 mutmaßliche IS-Mitglieder festgenommen. Wenige Wochen zuvor waren bereits 99 IS-Kämpfer verhaftet worden. Seit dem Zusammenbruch des sogenannten „Kalifats“ 2019 war die Türkei ein wichtiger Rückzugsraum für IS-Kämpfer. Nach offiziellen Angaben haben die türkischen Sicherheitsbehörden seit Juni 2023 mehr als 3600 IS-Mitglieder dingfest gemacht.
Ob der Anschlag damit in Zusammenhang steht und auf das Konto des IS geht, ist aber bisher unklar. Vorstellbar wäre auch, dass die Attentäter aus den Reihen der kurdischen PKK kamen. Aus Sicht der PKK wäre die Rüstungsfirma TUSAS ein symbolträchtiges Angriffsziel. Denn die Firma produziert Waffen, die Ankara auch im Kampf gegen die kurdischen Rebellen einsetzt.
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