Berlin. Fünf Menschen sterben bei dem Terrorangriff nahe Ankara. Die verbotene kurdische PKK hat den Anschlag in Ankara für sich reklamiert.
Die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK hat den Anschlag mit fünf Toten in Ankara für sich reklamiert. Das schrieb die PKK-nahe Nachrichtenagentur ANF unter Berufung auf die HPG, den militärischen Arm der Organisation.
Zuvor hatte die Türkei, die bereits die PKK als Drahtzieherin vermutete, auf das Attentat reagiert. Bei türkischen Drohnenangriffen auf Syrien waren nach Aktivistenangaben 27 Zivilisten getötet worden. Die türkischen Streitkräfte hätten „ihre Luft- und Bodenangriffe in Nord- und Ostsyrien“ seit Donnerstag „dramatisch eskaliert“, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Freitag. „27 Zivilisten“ seien bei „45 Drohnenangriffen“ getötet worden. Die Beobachtungsstelle sprach auch von vier Angriffen mit Kampfjets.
Die Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen aus einem Netzwerk verschiedener Quellen in Syrien. Die Angaben der Organisation sind von unabhängiger Seite oft kaum zu überprüfen.
Am Mittwochnachmittag war vor dem Hauptquartier der türkischen Rüstungsindustrie in Kahramankazan etwa 40 Kilometer von Ankara entfernt ein Anschlag mit fünf Toten und 22 Verletzten verübt worden. Die türkische Regierung machte schnell die verbotene PKK für den Vorfall verantwortlich. Zwei Angreifer wurden getötet.
Türkei: Anschlag in Ankara von zwei Angreifern verübt
Die türkische Armee griff als Reaktion schon in der Nacht zu Donnerstag PKK-Stellungen in Syrien und im Irak an. Insgesamt seien 32 Ziele „erfolgreich zerstört“ worden, erklärte das Verteidigungsministerium.
Die kurdisch geführten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) hatten am Donnerstag erklärt, dass bei türkischen Luftangriffen zwölf Zivilisten in Nordostsyrien getötet und 25 weitere verletzt worden seien.
Die Türkei hat Truppen im Norden Syriens stationiert und führte schon vor dem Attentat regelmäßig Angriffe in den von Kurden kontrollierten Gebieten aus. Istanbul sieht die von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) angeführten SDF als verlängerten Arm der PKK.
Bei dem Anschlag in Ankara waren offenbar mindestens ein Mann und eine Frau mit einem gelben PKW, möglicherweise einem Taxi, auf das Firmengelände gefahren. Bilder von Sicherheitskameras zeigen, wie die Angreifer in das Gebäude stürmen und offenbar wahllos das Feuer eröffnen. Sie waren mit automatischen Gewehren und Pistolen bewaffnet und trugen schwarze Rucksäcke.
Innenminister der Türkei: Handschrift der PKK
Türkische Fernsehsender zeigten Videoaufnahmen, die offenbar von Augenzeugen und Überwachungskameras gemacht wurden. Darauf ist zu sehen, wie die Angreifer auf fliehende Menschen anlegen und feuern. Mehrere Opfer lagen am Boden. Polizeihubschrauber kreisten über dem Gelände, Krankenwagen rasten zum Tatort.
Der Anschlag trage die Handschrift der PKK, sagte Innenminister Yerlikaya, ohne weitere Details zu nennen. Über die Identität der getöteten Angreifer war zunächst nichts bekannt.
Es sei auch eine Explosion, möglicherweise eines Nutzfahrzeugs, zu hören und sehen gewesen, berichtet die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Mitarbeiter des Unternehmens wurden in Bunkern in Sicherheit gebracht. Laut der türkischen Zeitung „Hürriyet“ wurden Sicherheitskräfte, Feuerwehrleute und medizinische Teams in die Gegend entsandt.
Der türkische Sender Ntv berichtete am Nachmittag auch von einer Geiselnahme. Laut CNN Turk befanden sich die Angreifer zeitweise in einem Gebäude auf dem Gelände. Die Umgebung sei abgesperrt worden.
Terroranschlag in Ankara: Rüstungsunternehmen war offenbar Anschlagsziel
Das Unternehmen Türkische Luft- und Raumfahrt (Tusas) in der Nähe von Ankara ist Entwickler und Produzent von Luft- und Raumfahrtsystemen wie Kampfflugzeugen und Drohnen. Es ist eine Tochtergesellschaft der staatlichen Agentur für Verteidigungsindustrie. Tusas hat unter anderem die Prototypen des türkischen Kampfflugzeuges Kaan mitentwickelt.
Mehrere Politiker äußerten sich auf dem Kurznachrichtendienst „X“ zu den Vorfällen. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) schrieb: „Furchtbare Nachrichten aus Ankara. Ich wünsche den Verletzten eine rasche Genesung und den Angehörigen der Toten viel Kraft. Mögen die Hintergründe dieses sinnlosen Terrors zügig und sorgfältig aufgeklärt werden.“
Der neue Nato-Generalsekretär Mark Rutte telefonierte nach eigenen Angaben mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und betonte, die Nato stehe an der Seite der Türkei.
I just spoke with w/ @RTErdogan about the terror attack in #Ankara. My message was clear: #NATO stands with #Türkiye
— Mark Rutte (@SecGenNATO) October 23, 2024
In der Türkei haben in der Vergangenheit sowohl die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) als auch die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK schwere Anschläge verübt, auch in der Hauptstadt Ankara.
In der Türkei findet in dieser Woche eine wichtige Verteidigungs-, Luft- und Raumfahrtmesse statt. Der Verteidigungssektor macht fast 80 Prozent der türkischen Exportleistung aus. 2023 exportierte das Land Verteidigungsgüter im Wert von 10,2 Milliarden Dollar (9,46 Milliarden Euro).
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lro/gh/ras/dpa/afp