Berlin. Der Studienplatz ist sicher, aber das WG-Zimmer ist teuer. Wer hilft bei der Finanzierung? Wann gibt es Bafög? Wie Studierende an Geld kommen.

Das Abitur ist geschafft, der Studienplatz ist sicher. Überall im Land beginnt in diesen Wochen an den Hochschulen das Wintersemester. Doch WG-Zimmer, Umzug und neuer Laptop kosten. Hinzu kommen die Semestergebühren, und ein regelmäßiger kleiner Job muss auch erst mal gefunden werden. Keine Frage: Ein Studium kostet eine Menge Geld, vor allem am Anfang. Experten klären auf, was zu tun ist, wenn Eltern den Unterhalt nicht übernehmen können.

Wie viel Geld brauchen Studierende jeden Monat?

Laut Unterhaltsrecht stehen ihnen 930 Euro im Monat zu. Davon fallen 410 Euro auf das Wohnen. 198 Euro werden für Ernährung aufgewendet. Allerdings sei diese Zahl bereits bei der Sozialerhebung 2021 ermittelt worden, also vor der heftigen Inflation infolge des Ukraine-Krieges, erklärt Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studierendenwerks. Wolf Dermann, stellvertretender Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH Arbeiterkind.de, die Studierende aus Nicht-Akademiker-Familien unterstützt, verweist auf die völlig unterschiedlichen Wohnkosten. Tatsächlich ermittelte die Plattform WG-gesucht eine Spannbreite zwischen 290 Euro (Siegen) und 790 Euro (München) für ein Zimmer. Der Durchschnitt liegt laut Studie bei 490 Euro.

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Sind Eltern in der Pflicht, zu zahlen, wenn sie können?

Eltern haben eine Unterhaltspflicht, Unterhaltsentziehung ist eine Straftat. „In der Regel wird der Unterhalt auch gezahlt“, sagt Matthias Anbuhl. Mitunter gebe es Probleme, wenn Eltern ihre Mitwirkungspflicht verletzten und die Auskunft über ihr Einkommen verweigerten. Wird kein Unterhalt gezahlt, können Studierende sich das Kindergeld von der Familienkasse überleiten lassen.

Ist das Bafög hoch genug?

Erst in diesem Jahr ist der Grundbetrag um fünf Prozent von 452 auf 475 Euro angehoben worden. Der Wohnkostenzuschuss liegt bei 380 Euro. Bafög muss zur Hälfte zurückgezahlt werden: Der Betrag ist auf 10.000 Euro gedeckelt und wird erst fünf Jahre nach Ende des Studiums fällig und nur, wenn der Empfänger auch ausreichend verdient. Matthias Anbuhl hält die Bafög-Sätze für zu niedrig. „Das reicht so nicht zum Leben“, sagte er. Die Sätze seien nur unzureichend angehoben worden – anders als das Bürgergeld, das an die Inflation angepasst wurde.

Vorstandsvorsitzender Matthias Anbuhl | (c) K. Herschelmann
Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studierendenwerks. Er wirft der Bundesregierung vor, junge Menschen im Stich zu lassen. © (c) K. Herschelmann | (c) K. Herschelmann

Hinzu komme, dass die Höhe der Elternfreibeträge nicht an die Lohnentwicklung gekoppelt werde. Die Folge: „Es bekommen nur noch zwölf Prozent der Studierenden Bafög.“ Anbuhl wirft der Bundesregierung vor, nicht die Bedürfnisse junger Menschen im Blick zu haben, dabei habe sie das nach den Corona-Lockdowns zugesichert. Stattdessen „bekommen sie deutlich weniger Geld für den Grundbedarf als Bürgergeld-Empfänger“. Studierende seien aber keine Bürger zweiter Klasse. „Sie heizen oder essen ja auch nicht weniger.“ Auch Wolf Dermann von Arbeiterkind.de fordert einen Mechanismus, der die Höhe des Bafögs an die Inflation anpasst, sowie einen Zuschlag für teurere Wohnorte.

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    Wie schnell wird Bafög nach Antragstellung ausgezahlt?

    Bafög sei erst mal für die Antragstellerinnen und Antragsteller eine Art Blackbox. Die künftigen Studierenden wüssten zunächst einmal gar nicht, ob und wieviel Bafög sie überhaupt bekommen könnten, sagt Dermann. Ohne die Steuerbescheide der Eltern lasse sich noch nicht einmal der neue Bafög-Rechner bedienen. Das sei für junge Menschen, die nicht wüssten, wie sie ein Studium finanziell durchstehen könnten, „eine große Unsicherheit“. Dermann fordert, die Antragstellung viel weiter nach vorne zu verlegen, damit man sicher wisse, wie viel Geld man bekomme, wenn man den Studienplatz habe. „Wenn man im Oktober ein Studium aufnimmt und erst im Januar Zahlungen kommen, ist das inakzeptabel.“

    Wohnung gesucht
    Auch wenn genug Geld da ist: In den teuren Städten ist es trotzdem schwer, ein Zimmer zu finden. © DPA Images | Paul Zinken

    Ist die neue Studienstarthilfe eine Entlastung?

    Bedürftige Erstsemester können von der neuen Studienstarthilfe in Höhe von 1000 Euro profitieren. Seit September wird das Geld bereits ausgezahlt. Damit sollen die Kosten zu Beginn des Studiums abgefedert werden, etwa für den Umzug, Miete, Kaution und Laptop.  „Darum haben wir lange gerungen“, erklärt Dermann. Allerdings profitierten davon nicht alle potenziellen Bafög-Empfängerinnen und -Empfänger, sondern nur diejenigen, die bisher Sozialleitungen wie Bürgergeld, Wohngeld oder Kinderzuschlag erhalten hätten, also alle, die auf jeden Fall bedürftig seien. Die Starthilfe sei auf Schnelligkeit konzipiert, die Prüfung der Anträge dürfe nicht zu lagen dauern, sagt Dermann.

    Das Studium dauert länger, als Bafög gezahlt wird: Ist der KfW-Studienkredit die Lösung?

    Studienkredite können nur ein Teil der Finanzierung im Mix aus Unterhalt der Eltern, Job und Bafög sein, darauf weist die Förderbank KfW hin. Die Zinsen für den KfW-Kredit sind an den Euribor-Zinssatz gekoppelt, zu dem sich europäische Banken Geld leihen. Derzeit liegt der Zinssatz bei knapp sieben Prozent, vor einem Jahr lag er sogar bei neun Prozent. Studienkredite könnten daher nur der letzte Ausweg sein, sagt Wolf Dermann. Etwa wenn für eine überschaubare Zeit letzte Finanzlöcher gestopft werden müssten, um das Studium auch abschließen zu können.

    Wolf Dermann (Arbeiterkind)
    Wolf Dermann von der gemeinnützigen GmbH Arbeiterkind.de berät Abiturienten über die Finanzierungsmöglichkeiten eines Studiums. © privat | Privat

    Wenn, dann sollte es nur ein kleiner Kredit sein, mit dem für ein paar Monate die letzten 100 oder 150 Euro finanziert werden. Matthias Anbuhl hält die hohen Zinssätze nicht für tragbar. „Da muss die Bundesregierung eingreifen und für eine Begrenzung der Zinssätze sorgen“, sagte er.

    Kommentar zum Thema: Start des Wintersemesters: Wer arm ist, bleibt außen vor

    Anders als Bafög oder Kredite müssen Stipendien nicht zurückgezahlt werden. Wie schwer ist es, in ein Förderprogramm zu kommen?

    „Es ist einfacher, als sich das viele denken“, sagt Dermann, der viel in Schulen unterwegs ist, um Abiturientinnen und Abiturienten über die Finanzierung des Studiums aufzuklären. Jeder vierte bis fünfte Bewerber werde auch angenommen. „Doch die meisten bewerben sich erst gar nicht“ bei den 13 großen Begabtenförderungswerken, so seine Erfahrung. Wenn das Abitur aber besser ausgefallen sei als der Durchschnitt und man vielleicht auch schon mal etwas für andere Menschen gemacht oder auch gesellschaftspolitisches Engagement gezeigt habe, „für den gibt es gute Chancen“.

    Der große Vorteil eines Stipendiums: Das Geld muss nicht zurückgezahlt werden. Unabhängig vom Einkommen der Eltern erhalten Stipendiaten 300 Euro monatlich als Studienkostenpauschale. Je nach den finanziellen Verhältnissen der Eltern können Studierende mit bis zu 1536 Euro gefördert werden.  Wolf Dermann empfiehlt auch kleine, private Stipendien, die unbekannt seien. „Die suchen eine ganz bestimmte Gruppe von Studierenden. Da wissen viele gar nicht, dass sie dazugehören könnten.“