Cali. Nach der Präsidentschaftswahl in Venezuela ist die Stimmung aufgeheizt. Beide Lager beanspruchen den Wahlsieg für sich. Es gibt Tote.

Einen Tag nach der hoch umstrittenen Präsidentenwahl in Venezuela steigt der Druck auf den angeblichen Wahlsieger Nicolás Maduro (61) und seine regierenden Chavisten im In- und Ausland. Der unterlegene Oppositionskandidat Edmundo González und die Frontfrau der Opposition, María Corina Machado, behaupteten am Montagabend auf einer Pressekonferenz, sie könnten anhand der ihnen vorliegenden Wahlzettel und Ergebnislisten beweisen, dass die Opposition die Wahl gewonnen habe. 

González habe 6,27 Millionen Stimmen erhalten, gegenüber 2,75 Millionen Stimmen für Präsident Maduro. „Der Unterschied war so überwältigend, dass wir in allen Bundesstaaten Venezuelas, in allen Schichten, in allen Sektoren gewonnen haben“, sagte Machado. Die Zahlen basierten auf 73,20 Prozent der Stimmzettel, die sich inzwischen im Besitz des Oppositionsbündnis PUD befinden. „Das vom Wahlrat CNE vorgelegte Wahlergebnis ist die Verhöhnung der Wahrheit“, schloss Machado und sagte, die Opposition würde die Ergebnislisten im Internet hochladen, damit sich jedermann von ihren Angaben überzeugen könne. Offiziellen Angaben zufolge fiel das Wahlergebnis mit 51,2 Prozent gegenüber 44,2 Prozent eindeutig zu Gunsten Maduros aus.

Venezuela: UN-Generalsekretär fordert Veröffentlichung der Wahlergebnisse

Zudem steigt auch der internationale Druck von Alliierten und Gegnern der linksnationalistischen Regierung, dass sie ihren Sieg anhand der Wahlzettel beweisen möge. Erst dann würden Regierungen wie Brasilien oder auch Mexiko den Wahlsieg von Maduro gegebenenfalls anerkennen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief die Behörden des lateinamerikanischen Landes auf, rasch Ergebnisse für alle Wahlbezirke zu veröffentlichen.

Venezuela: Proteste und Zweifel nach verkündetem Wahlsieg Maduros

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    Auch die Regierung von US-Präsident Joe Biden zeigte sich am Montag tief besorgt darüber, dass die Ergebnisse der Wahlen „nicht den Willen zum Wandel“ widerspiegeln, den die Mehrheit der Bürger vor den Wahlen geäußert hatte. John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, der direkt dem Präsidenten unterstellt ist, betonte: „Offen gesagt sind wir besorgt, dass das Ergebnis, so wie es bekannt gegeben wurde, nicht dem Willen des venezolanischen Volkes entspricht. Es ist absolut entscheidend, dass jede Stimme fair und transparent ausgezählt wird. Bis dahin werden wir warten und gegebenenfalls entsprechend regieren.“

    Unterdessen setzten Oppositionsanhänger und Gegner von Maduro ihre Proteste gegen die Wahl in mehreren Städten fort und forderten einen Machtwechsel. Dabei kam es zu teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, in deren Verlauf zwei Menschen getötet und 46 festgenommen wurden. Im Fernsehen war zu sehen, wie die Polizei Tränengas einsetzte und vereinzelt auf Menschen einschlug. Auf einige Demonstranten wurden Schüsse abgegeben, die zum Präsidentenpalast in der Hauptstadt Caracas ziehen wollten.

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    In Coro, der Hauptstadt des Bundesstaates Falcón im Nordwesten Venezuelas, riss eine Gruppe von Menschen eine Statue des ehemaligen Präsidenten Hugo Chávez nieder. In den sozialen Netzwerken kursierten zudem Videos, die Demonstranten zeigten, die Anti-Maduro-Parolen riefen, während sie Straßen sperrten und Reifen in Armenvierteln verbrannten, die traditionell zu den Wahlhochburgen der Regierungspartei gehört haben.

    Venezuela: Maduro spricht im TV von „faschistischen“ Aktionen

    Am Abend wandte sich dann ein erzürnter Maduro per Liveübertragung an sein Volk und geißelte „faschistische“ Aktionen gegen öffentliche Gebäude im ganzen Land: „Wir haben es nicht mit einer demokratischen Opposition zu tun. Die Bolivarische Revolution ist die einzige Garantie für den Frieden in Venezuela“, sagte er. Maduro rief auch zu einer zivil-militärischen Allianz auf, um dem Staatsstreich der „Ultrarechten“ ein Ende zu setzen. 

    Im Laufe des Tages hatte Maduro bereits das diplomatische Corps von sieben lateinamerikanischen Ländern aus dem Land gewiesen, darunter Chile und Argentinien. Diese Staaten hatten noch am Sonntag den vom CNE kommunizierten Wahlausgang als wenig glaubhaft kritisiert. 

    Die kommenden Tage werden schwierig und gefährlich in Venezuela, die Gefahr massiver Proteste, die sich auf das ganze Land ausdehnen, steigt stündlich an. Und Maduro scheint sich auf einen harten Kurs der Gegenwehr und der Niederschlagung jeglicher Gegenwehr gegen ihn und sein Wahlergebnis einzustellen. Im Moment ist es aber eher fraglich, ob er diese Politik bis zum Beginn seines dritten Mandats am 10. Januar 2025 durchhalten kann.