Milwaukee. Ex-Buch-Autor J.D. Vance, einst scharfer Kritiker von Donald Trump, wird Kandidat für die Vize-Präsidentschaft in den USA.
Rupert Murdoch, der Patriarch des einflussreichen US-Medien-Riesen Fox, muss wütend ins Tischtuch gebissen haben. Wochenlang hatte der gebürtige Australier hinter den Kulissen gegen J.D. Vance gearbeitet. Sogar bei Donald Trump persönlich wurde er vorstellig mit dem dringenden Rat, den erst 39 Jahre alten republikanischen Senator aus Ohio nicht an seine Seite zu holen. Trump ignorierte den greisen Medienzaren.
Noch bevor die Top-Personalie am ersten Tag des Nominierungs-Parteitags in Milwaukee offiziell wurde, erklärte der am Montag offiziell mit 2387 Stimmen zum Kandidaten für das Weiße Haus ausgerufene Ex-US-Präsident auf seinem Kommunikationsportal „Truth Social“, dass er den erst vor zwei Jahren in die Politik gegangenen Ex-Buch-Autor und Risikokapital-Finanzier Vance zu seinem Vize-Präsidentschaftskandidaten macht.
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Vance bezeichnete Trump als „amerikanischen Hitler“
Dass es auf Vance hinauslaufen würde, hatte sich bereits am Morgen angedeutet. Mit einer Kolonne aus Polizei und Secret Service wurde Vance zu Hause abgeholt und zu einem Flugzeug gebracht, das ihn nach Milwaukee führen sollte. Über Medien wurde kurz darauf lanciert, dass Florida-Senator Marco Rubio, der 2016 noch Trumps Konkurrent um das Ticket für die Nr.1 war, wie auch der Gouverneur des Bundesstaates North Dakota, Doug Burgum, eine Absage bekommen haben. Beide waren bis zuletzt in der engeren Auswahl.
Vance‘ Nominierung personifiziert, dass unter Trump das Unmögliche möglich ist. Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Bartträger, der an der renommierten Yale-Universität Politikwissenschaften, Philosophie und Jura studiert hat, bezeichnete Trump vor acht Jahren noch als „amerikanischen Hitler“.
Er warnte die Republikaner damals vor einem „gefährlichen“ Mann, der Partei und Land ins Verderben führen werde. Weil Vance mit dem Buch „Hillbilly Elegy“, der Geschichte über die Fährnisse seiner Jugend in einer prekären Familie im ländlichen Ohio, einen Welterfolg landete, hörte man ihm aufmerksam zu. Alles Schnee von gestern.
Vans wurde zum Trump-Jünger
Schon bevor Vance 2020 auch durch Trumps Fürsprache in den Kongress in Washington gewählt wurde, machte er eine 180-Grad-Kehrtwende und wurde zum Trump-Jünger. Seither lobt er den 78-Jährigen unablässig für seine Politik und verteidigt ihn, eloquent bis charmant in der Sprache, aber beinhart in der Sache, im US-Fernsehen gegen jede Kritik. So wurde er zu einem der wichtigsten Sprachrohre der MAGA-Bewegung – Make America Great Again.
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Von 2003 bis 2007 war James David (JD) Vance als Kriegs-Reporter für die US-Marines im Irak, sah aber keine einzige Kampfhandlung. Warum die Wahl auf ihn fiel? Trump liebt Leute, die ihn uneingeschränkt anhimmeln. Außerdem stimmt zwischen den Männern, die altersmäßig Vater und Sohn sein könnten, die Chemie. Mit Marco Rubio, den er im 2016er-Vorwahlkampf als „kleiner Marco“ verspottete, fand Trump nie einen Draht. Doug Burgum kannte er erst seit Kurzem.
Vance würde Abtreibungen landesweit verbieten lassen
Trump ist bekannt dafür, dass er etwas gegen Bärte hat. Bei Vance, der ohne Kinnhaare „wie ein Konfirmand“ aussähe, wie Freunde sagen, macht er eine Ausnahme: „Er erinnert mich an den jungen Abraham Lincoln.“ Nach dem Studium heiratete Vance, der aufgrund familiärer Kalamitäten und Trennungen der Eltern erst James Donald Bowman und später James David Hamel hieß, seine Jugendliebe Usha Chilukuri. Beide entschieden sich für den Namenswechsel: hin zu Vance. Für die Demokraten bietet Vance reichlich Angriffsfläche. Er lehnt Schwangerschaftsabbrüche auch im Fall von Inzest oder Vergewaltigung ab und will am liebsten Abtreibung landesweit verbieten lassen. Vorläufig hält er es mit Trump, der die Entscheidung individuell bei den 50 Bundesstaaten lassen will.
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Vance war einer der ersten US-Politiker, die sich wie Trump dafür aussprachen, die Militärhilfen für die Ukraine zu kappen und die Außenpolitik der Vereinigten Staaten streng isolationistisch auszurichten. Wie sein Mentor fordert er eine radikale Abschottung der US-Südgrenze, um den Zustrom von Einwanderern zu stoppen. Vance ist davon überzeugt, dass Trump 2020 der Wahlsieg gestohlen wurde. Und dass der blutige Sturm aufs Kapitol im Januar 2021 nicht auf das Konto des ehemaligen Präsidenten geht.
Trump ließ seine vorherige Nr. 2 fallen
Zu seinen lautesten Fürsprechern gehören der frühere Trump-Berater Steve Bannon, Ex-Fox-News-Moderator Tucker Carlson und Trumps ältester Sohn Donald Jr. Sie sehen in Vance den geeigneten Fackelträger, um die Mega-Politik Trumps in die nächste Generation zu führen.
Dabei muss man kurz in Erinnerung rufen, warum Donald Trump überhaupt ein neues „Beiboot“ benötigt. Mike Pence, seine Nr. 2 in der ersten Amtszeit, nutzten knapp vier Jahre hundertprozentige Loyalität am Ende nichts. Als er sich mit Verweis auf die amerikanische Verfassung Trumps Erpressungsversuchen verweigerte, am 6. Januar 2021 den Wahlsieg von Joe Biden zu beglaubigen, ließ Trump den ultra-religiösen Ex-Radio-Moderator fallen. Als Trump-Anhänger damals einen Galgen zum Kapitol schleppten, um Pence zu hängen, sagte Trump, vielleicht habe Pence es verdient.