Dresden/Berlin. Kanzler Scholz bekräftigt sein Nein zu Taurus für die Ukraine mit großer Sorge. Fürchtet er wirklich, dass Putin angegriffen wird?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in der Debatte um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern für die Ukraine seine ablehnende Haltung mit einer dramatischen Warnung begründet: Die Taurus-Marschflugkörper könnten von der Ukraine aus „konkrete Ziele in Moskau“ erreichen, sagte Scholz am Donnerstagabend bei einem Bürgerforum in Dresden. Scholz deutete damit nun öffentlich an, was in Berlin als Befürchtung kursiert: Die Ukraine könne mit den sehr zielgenauen, bunkerbrechenden und schwer abzuwehrenden Taurus-Marschflugkörpern direkt und präzise Einrichtungen der russischen Führung in Moskau attackieren – und womöglich auch Präsident Wladimir Putin persönlich.
Bei seinem Auftritt ging Scholz aber nicht so weit, Putin in diesem Zusammenhang namentlich zu erwähnen. Er bekräftigte jedoch nachdrücklich seine Ablehnung der Taurus-Lieferung, für eine positive Entscheidung gebe es „gegenwärtig keinen Anlass“. Der Kanzler verwies darauf, dass Taurus gar nicht die Waffe mit der größten Zerstörungskraft sei. Aber: „Sie reicht 500 Kilometer weit und kann, wenn sie falsch eingesetzt wird, ein konkretes Ziel irgendwo in Moskau erreichen“, sagte der Kanzler. Die Frage, was mit den Marschflugkörpern gemacht werde und wie sie eingesetzt würden, könne deshalb nicht mit ermutigenden Sprüchen entschieden werden.
Offenbar mit Blick auf die von Großbritannien und Frankreich an die Ukraine gelieferten Marschflugkörper Storm Shadow fuhr Scholz fort, auch andere hätten dafür Sorge getragen, dass sie genau wüssten, wo die von ihnen gelieferten Waffen landeten. „Wir müssten uns beteiligen, um genau das zu können. Das halte ich für ausgeschlossen“, sagte Scholz weiter. Er erneuerte damit seine Warnung, deutsche Soldaten müssten zur Zielprogrammierung am Einsatz der Taurus-Waffen beteiligt werden, was er nicht verantworten könne.
Scholz hatte Anfang der Woche in Berlin Informationen darüber preisgegeben, dass britische und französische Soldaten in die Auswahl von militärischen Zielen der Marschflugkörper involviert sind. „Was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden“, hatte er gesagt. Großbritannien setzt dafür angeblich britische Soldaten in der Ukraine ein. Die britische Regierung wies die Angaben von Scholz öffentlich zurück und versicherte, es würden keine eigenen Soldaten in der Ukraine zu diesem Zweck eingesetzt. Doch in London gibt es jetzt eine indirekte Bestätigung. Der konservative Parlamentsabgeordnete Tobias Ellwood sagte, die Äußerungen von Scholz seien „ein eklatanter Missbrauch von Geheimdienstinformationen“.
Scholz betonte in Dresden erneut, Deutschland liefere nach den USA die meisten Waffen in die Ukraine. Lieferungen und Zusagen summierten sich zusammen auf 28 Milliarden Euro. Falls der US-Kongress weiter geplante US-Hilfen blockiere, werde Deutschland das Land mit den meisten Waffenlieferungen überhaupt sein. Das sei aber für eine Mittelmacht keine „gesunde Relation“.
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