Rostow am Don. Erst im Januar hat Russland eine A-50 verloren. Nun gibt es Berichte über einen zweiten Abschuss – und das weit von der Front entfernt.

Schwerer Verlust für Putins Luftwaffe: Über Russland soll ein A-50 Aufklärungsflugzeug abgeschossen worden. Das riesige Flugzeug stürzte laut einem Bericht der BBC zwischen den Städten Rostow am Don und Krasnodar ab, rund 200 Kilometer hinter der Front. Der Sender beruft sich dabei auf ukrainische Militärkreise.

Bei X, vormals Twitter, kursieren seit Freitagnacht mehrere Videos, die unter anderem den Abschuss der Maschine zeigen sollen. In anderen soll die lichterloh brennende Absturzstelle zu sehen sein.

In einer anderen Aufnahme soll der Moment zu sehen sein, in dem das Flugzeug getroffen wird. Der rund zwei Minuten lange Clip zeigt mehrere Feuerbälle in regelmäßigen Abständen am Himmel. Dabei könnte es sich um den Einsatz von Gegenmaßnahmen handeln, mit denen Flugzeuge sich gegen anfliegende Raketen verteidigen. Etwa in der Mitte des Videos ist dann eine helle Explosion zu sehen, gefolgt von zwei brennenden Trümmerteilen, die vom Himmel stürzen.

Ukraine reklamiert Abschuss für sich

Unklar ist, wer oder was das knapp 330 Millionen US-Dollar teure Flugzeug vom Himmel holte. Zunächst hieß es von russischen Militärbloggern, eine russische Rakete habe den Aufklärungsflieger getroffen. Am Freitagabend dann reklamierte die Ukraine den Abschuss für sich. „Die Luftwaffe hat ein weiteres feindliches A-50 Flugzeug abgeschossen“, twitterte das ukrainische Verteidigungsministerium.

Von russischer Seite gibt es bislang keine Bestätigung des Abschusses oder Absturzes der Maschine. Laut BBC haben Rettungskräfte offenbar Trümmer eines Flugzeuges nahe Krasnodar gefunden und einen Brand gelöscht.

Es wäre das zweite Mal, dass es der Ukraine gelingt, ein solches Aufklärungsflugzeug abzuschießen. Vor gut einem Monat, am 14. Januar, meldete die Ukraine den Abschuss einer A-50 über dem Asowschen Meer. Am selben Tag soll auch der Abschuss eines Bombers vom Typ IL-22M gelungen sein.

Herber Schlag für Putins Luftwaffe

Der neuerliche Abschuss wäre ein herber Schlag für Russland. Nur rund 40 Stück der Aufklärungsflugzeuge haben je existiert, der Flottenbestand wird aktuell auf zehn bis 15 Maschinen geschätzt – von denen nicht alle einsatzbereit sein sollen. Jedes einzelne Flugzeug ist also besonders wertvoll, von der speziell ausgebildeten Crew ganz zu schweigen.

Die A-50-Flugzeuge bringen, ähnlich den Nato-Awacs-Jets, außerdem wichtige Fähigkeiten für die russischen Kriegsanstrengungen mit. Mit ihrem Langstreckenradar können die „fliegenden Augen“ bis zu 50 Ziele gleichzeitig verfolgen und deren Bekämpfung koordinieren, darunter auch die im Ukraine-Krieg so häufig eingesetzten Drohnen. Wegen der hohen Reichweite ihres Radars müssen die Flugzeuge dafür nicht zwingend über oder nahe feindlichem Gebiet fliegen; sie können gewissermaßen in feindliches Territorium „hineinschauen“.

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Sollte es der Ukraine tatsächlich gelungen sein, ein zweites Flugzeug abzuschießen – und das 200 Kilometer von der Front entfernt – könnte das zur Folge haben, dass Russland seine, wenn überhaupt, verbliebenen einsatzbereiten A-50 noch tiefer in eigenem Gebiet einsetzt. Damit gingen wichtige Aufklärungsfähigkeiten für die russische Armee in der Ukraine verloren.

Allemal ist der Abschuss oder Absturz ein dringend benötigter Schub für die Moral der Ukrainer – am zweiten Jahrestag des Kriegsbeginns.

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