Berlin. Vor der Offensive in der Grenzregion sickern Details zum Schutz der Zivilisten durch. Was Ägypten mit den geplanten Zelten zu tun hat.
Mit Argusaugen blickt das Ausland auf das Vorgehen der israelischen Regierung in der Grenzstadt Rafah. Nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober hatte die israelische Armee mit einer Bodenoffensive im Gazastreifen begonnen. Gut vier Monate später vermutet die israelische Regierung in der Grenzregion die letzte Bastion der Terroristen. Ein Einmarsch in Rafah scheint unmittelbar bevorzustehen.
Offen bleibt der Schutz dort lebender oder geflüchteter Zivilisten. In der vergangenen Woche hatte Premierminister Benjamin Netanjahu noch einen Plan angeordnet, der die Evakuierung der Zivilbevölkerung vorsieht. In dem Ort, der vor dem Krieg rund 300 000 Einwohner hatte, sollen sich nach UN-Angaben derzeit 1,3 Millionen Menschen aufhalten. Zu Beginn der Woche sickern jetzt erste Details durch.
Einem Medienbericht zufolge soll die Errichtung ausgedehnter Zeltstädte für die zu evakuierende Bevölkerung der Stadt vorgeschlagen worden sein. Wie die Zeitung „Wall Street Journal“ am Montag unter Berufung auf ägyptische Beamte berichtete, sieht Israels Vorschlag zur Evakuierung die Einrichtung von 15 Lagern mit jeweils rund 25.000 Zelten im südwestlichen Teil des abgeriegelten Küstengebietes vor.
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Rafah: Ägypten soll die 25.000 Zelte aufstellen
Das an Rafah grenzende Ägypten wäre für die Einrichtung der Lager und der Feldlazarette zuständig, hieß es. Der Vorschlag zur Evakuierung der Bevölkerung sei Ägypten in den vergangenen Tagen unterbreitet worden, berichtet die Zeitung.
Israels Regierung hat die in der Region tätigen UN-Organisationen dazu aufgefordert, bei der Evakuierung von Zivilisten aus Rafah zu helfen. Alles, was im südlichen Teil der Region an der Grenze zu Ägypten passiere, müsse unter voller Achtung des Schutzes der Zivilbevölkerung stattfinden, sagte dazu UN-Sprecher Stéphane Dujarric am Montag in New York. „Wir werden uns nicht an der Vertreibung von Menschen beteiligen“. Zudem stellte er infrage, dass es in anderen Gebieten Gazas sichere Zufluchtsstätten gebe, auch angesichts der vielen Blindgänger.
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Biden mahnt Schutz der Zivilbevölkerung an
US-Präsident Joe Biden hat indes erneut mit eindringlichen Worten den Schutz der Zivilbevölkerung angemahnt. Eine Militäroperation in Rafah dürfe „nicht ohne einen glaubwürdigen Plan zur Gewährleistung der Sicherheit und Unterstützung von mehr als einer Million Menschen, die dort Schutz suchen, stattfinden“, sagte Biden am Montag nach einem Treffen mit Jordaniens König Abdullah II. im Weißen Haus.
Viele Menschen dort seien von anderen Orten vertrieben worden, mehrfach vertrieben, auf der Flucht vor Gewalt im Norden. Jetzt seien sie in Rafah „zusammengepfercht, ungeschützt und wehrlos“. „Sie müssen geschützt werden“, forderte Biden. Die US-Regierung habe zudem von Anfang an deutlich gemacht, dass sie gegen jede Zwangsvertreibung von Palästinensern aus dem Gazastreifen sei.
Jordaniens König Abdullah II.: „Wir können uns einen israelischen Angriff auf Rafah nicht leisten“
Jordaniens König Abdullah II. warnte mit deutlichen Worten vor einer Offensive. „Wir können uns einen israelischen Angriff auf Rafah nicht leisten. Er wird mit Sicherheit zu einer weiteren humanitären Katastrophe führen“, sagte er. Die Situation sei bereits unerträglich für mehr als eine Million Menschen, die seit Beginn des Krieges dorthin vertrieben worden seien. Er forderte einen sofortigen, dauerhaften Waffenstillstand. „Dieser Krieg muss aufhören.“
Zudem müsse dringend und unverzüglich daran gearbeitet werden, dass über alle möglichen Zugangspunkte und verfügbaren Mechanismen humanitäre Hilfe in den Gazastreifen gelange. Er betonte: „Keine andere UN-Organisation kann das tun, was das UNRWA tut, um den Menschen in Gaza durch diese humanitäre Katastrophe zu helfen.“ Das Palästinenser-Hilfswerk der Vereinten Nationen müsse unbedingt weiterhin die Unterstützung erhalten, die es zur Erfüllung seines Mandats benötige.