Jerusalem. Der Zuspruch zur Partei „Jüdische Kraft“ von Itamar Ben Gvir wächst. Sie will Rechte der Araber einschränken – und das ist nicht alles.
Als Israels Langzeit-Premier Benjamin Netanjahu dem Staat Israel die am weitesten rechts stehende Regierung verpasste, die das Land je hatte, waren alle Augen auf einen Mann gerichtet: Itamar Ben Gvir. Seine Partei „Jüdische Kraft“ gilt als stramm rechtsradikal, viele ihrer Funktionäre als gewaltbereit. Wegen ihres rabiaten Rassismus wurde die Bewegung auch schon mit dem Ku-Klux-Klan in den USA verglichen. Was steckt hinter Israels rechtsradikaler Partei?
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Die zentrale Figur der Partei ist Itamar Ben Gvir. Der 47-Jährige ist seit seiner Teenagerzeit in rechtsradikalen Kreisen engagiert. Schon damals war er in israelischen Sicherheitskreisen kein Unbekannter. Er galt als so radikal, dass ihn sogar die Armee vom Militärdienst befreite – man wollte ihm keine Waffe in die Hand geben. Als der damalige Ministerpräsident Jitzchak Rabin das Land in einen Friedensprozess mit den Palästinensern führte, war Ben Gvir einer der schärfsten Gegner. Damals brach er die Kühlerfigur von Rabins Wagen ab und hielt sie wie eine Trophäe vor die Fernsehkameras. „Sein Auto haben wir, bald kriegen wir auch ihn“, drohte er Rabin. Wenig später wurde der Ministerpräsident von einem jüdischen Extremisten erschossen.
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In Israel gehören die Rechtsradikalen zur Regierung - „Jüdische Kraft“ heißt ihre Partei
Bevor er in die Parteipolitik ging, etablierte sich Ben Gvir als Star-Anwalt der rechtsextremen Szene. Vor Gericht verteidigte er rechte Terroristen, die Häuser in Brand gesetzt und Palästinenser attackiert hatten. Auch er selbst stand mehr als 70 Mal vor Gericht, meist wegen Verhetzung. Acht Mal wurde er verurteilt – einmal sogar wegen Unterstützung einer Terrorgruppe. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte noch 2021 erklärt, dass der Rechtsradikale für kein Ministeramt geeignet sei.
Ein Jahr später brauchte er ihn dringend, um eine Koalition bilden zu können. Ben Gvir forderte nichts weniger als das Ministerium für Nationale Sicherheit – und Netanjahu gab es ihm. Die Partei erhielt noch zwei weitere Ministerämter, die extra für sie neu geschaffen wurden. Bei jeder Budgetverhandlung droht Ben Gvir damit, die Regierung platzen zu lassen – und bekommt noch ein paar Millionen mehr für die Ministerien seiner Partei. Zuletzt war das Anfang Januar der Fall: Während in fast allen anderen Ministerien der Sparstift angesetzt wurde, um den Krieg in Gaza zu finanzieren, bekamen die Minister der „Jüdischen Kraft“ frisches Geld.
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Die Partei möchte die Rechte der israelischen Araber in Israel weiter einschränken und die Ausreise der israelischen Araber – sie machen rund 20 Prozent der Bevölkerung aus – fördern. Sie setzt sich für die Straffreiheit von Soldaten ein, die Palästinenser getötet haben, für Terroristen fordert sie die Todesstrafe. Die Partei will so viele Schusswaffen wie möglich an die zivile jüdische Bevölkerung in Israel verteilen. Zum Teil ist das schon gelungen: In seiner Funktion als „Minister für Nationale Sicherheit“ ließ Ben Gvir den Zugang zu Schusswaffen lockern. Im Westjordanland fordert die Partei einen massiven Ausbau jüdischer Siedlungen – und letztlich die Annektierung aller besetzten Gebiete. Nach dem Ende des Gazakriegs schwebt den Rechtsradikalen auch im Gazastreifen eine Besatzung und Besiedlung durch Israel vor. Die dort lebende palästinensische Bevölkerung will man massenweise deportieren.
Keine Partei bekommt so viel Medienöffentlichkeit
Das Patentrezept der Partei ist es zu provozieren. Eine Atombombe auf Gaza abwerfen? Das schlug Amihai Eliyahu, einer der Minister der „Jüdischen Kraft“, vor. Da er wohl wusste, dass diesen – auch für Israel suizidalen – Vorschlag niemand beherzigen würde, machte er einen anderen Vorschlag: Die Palästinenser in Gaza sollten „nach Irland oder in die Wüste gehen“, jedenfalls sollten die „Monster in Gaza“ aus der Region verschwinden. Orit Struck, eine weitere Ministerin der Partei, sprach sich dafür aus, dass Ärzte homosexuellen Patienten die Behandlung verweigern. Parteichef Itamar Ben Gvir selbst schlug vor, „illoyalen“ israelischen Arabern das Wahlrecht zu entziehen. Anti-Regierungs-Demonstranten bezeichnete er als „Verräter“, die liberale Tageszeitung „Haaretz“ als „Zeitung der Hamas“.
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Mit solchen Aussagen ist der Partei eine breite Öffentlichkeit sicher. Liberale Medien empören sich, rechte Medien feiern es – aber alle bringen die Schlagzeilen. Besonders gut macht sich dieses „Hauptsache, es schockiert“ in sozialen Medien, da die Algorithmen immer jene Inhalte bevorzugen, die viele Menschen aufregen. Keine Partei bekommt so viel Medienöffentlichkeit wie „Jüdische Kraft“, kein Parteichef wird so oft in TV-Studios eingeladen. Das alles ist Parteiwerbung, für die andere Bewegungen viel Geld ausgeben müssten – „Jüdische Kraft“ bekommt sie gratis.
Anstatt „Tod den Arabern“ skandieren sie jetzt „Tod den Terroristen“
Trotzdem ist Ben Gvirs Bewegung eine Kleinpartei, wenn auch eine, die stetig wächst. Als sie 2019 fürs Parlament kandidierte, bekam sie nur 1,88 Prozent der Stimmen und scheiterte am Einzug ins Parlament. Bei den letzten Wahlen kam sie im Wahlbündnis mit den ebenfalls rechtsextremen Religiösen Zionisten jedoch auf zehn Prozent der Stimmen. Aktuelle Umfragen sagen ihr voraus, dass sie es bei den nächsten Wahlen auch im Alleingang schaffen könnte.
Ben Gvirs Partei sieht sich in der Tradition des 1990 in den USA ermordeten rechtsextremen Anführers Meir Kahane, dessen israelische Kach-Partei 1994 verboten worden war. Um zu vermeiden, dass auch „Jüdische Kraft“ verboten wird, bläut Ben Gvir seinen Leuten ein, pauschale Gewaltaufrufe gegen Araber zu vermeiden: Anstatt „Tod den Arabern“ skandieren sie jetzt „Tod den Terroristen“.
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