Tel Aviv. Militär und Regierung widersprechen sich, wenn es um die Bodenoffensive im Gazastreifen geht. Indes bereitet eine neue Drohung Sorge.
Zwei Monate nach Beginn der Bodenoffensive im Gazastreifen, die als „Phase zwei“ im Krieg gegen die Hamas bezeichnet wurde, bereitet sich Israels Armee auf eine neue Etappe im Krieg vor. Hoffnungen auf eine baldige Waffenruhe zerstreute Israels Generalstabschef Herzi Halevi: „Der Krieg wird noch viele Monate dauern“, sagte er – und kündigte eine neue Phase an. Was das aber konkret bedeutet, sorgt indes in Israel für viel Verwirrung.
Die Verwirrung rührt nicht zuletzt daher, dass Armee und Regierung nicht immer mit einer Stimme sprechen. Während Ministerpräsident Benjamin Netanjahu immer wieder betont, dass Israels Armee weiter unter Hochdruck kämpfen wird, erklären Armeekreise, dass man die Intensität zurückfahren wird. Israelische Medien berichten unter Berufung auf hohe Militärs, dass die Armee plant, sich in eine Pufferzone im Westen des Gazastreifens zurückzuziehen.
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Die Zone soll sich über die gesamte Nord-Süd-Ausdehnung des Streifens erstrecken und rund einen Kilometer breit sein. So soll es möglich werden, dass die mehr als Hunderttausend Bewohner der südlichen Gebiete Israels, die nach dem Hamas-Überfall vom 7. Oktober evakuiert wurden und immer noch in Hotels und Notunterkünften ausharren, schrittweise wieder zurückkehren können – zumindest in jene Dörfer und Städte, die im Zuge der Massaker nicht verwüstet wurden. Wie viele der Bewohner diesen Rückkehraufrufen folgen werden, ist unklar.
Israel plant Phase mit punktuellen Einsätzen im Gazastreifen
In der neuen Kriegsphase soll die Armee punktuelle Einsätze ins Innere des Gazastreifens durchführen. Daran sollen sich auch weiterhin Bodentruppen, Luftwaffe und Marine beteiligen. Die US-Administration hatte den Übergang zu einer solchen Phase gefordert – nicht zuletzt aus humanitären Gründen. Hilfsorganisationen beklagen seit Langem, dass sie wegen der intensiven Kämpfe im Süden nur eingeschränkt arbeiten können. Die neue Phase wird laut Experten nicht von einem Tag auf den nächsten kommen, sondern als schleichender Prozess. So bleibt die Armee flexibel genug, um weiterhin Überraschungsschläge gegen Kommandozentren der Terrorgruppen durchzuführen.
Die Hardliner in Netanjahus Regierung sehen den Übergang zu punktuellen Angriffen kritisch. Verschiedene Stimmen aus den Regierungsparteien fordern eine Evakuierung des südlichen Gazastreifens, um dort nach einem ähnlichen Muster vorzugehen wie im Norden Gazas. Das steht jedoch im Widerspruch zu dem zweiten Kriegsziel Israels: der Befreiung der Geiseln. Der Großteil der Geiseln soll sich im Süden des Gazastreifens aufhalten, vermutet die Armee.
Während Halevi am Dienstag noch von vielen Monaten des Kriegs sprach, halten es manche hohe Offiziere in der Armee sogar für möglich, dass Israels Militär noch mehrere Jahre in Gaza aktiv sein wird. Vieles hängt davon ab, wann die militärischen Ressourcen der Hamas erschöpft sind. In Israel befürchtet man, dass auch weiterhin Waffen und Munition von Ägypten nach Gaza geschmuggelt werden. Die Armee fordert deshalb von Ägypten eine Aufrüstung des Rafah-Grenzübergangs unter israelischer Beteiligung, Kairo lehnt das ab.
Israel bombardiert erneut Stellungen der Hisbollah-Milizen
Indes verschärfen sich die Kämpfe auch im Norden Israels sowie im Osten, im von Israel besetzten Westjordanland. Im Norden halten die Angriffe auf israelische zivile Ziele an, am Dienstag wurden bei einem Raketeneinschlag auf dem Areal einer katholischen Kirche im Norden Israels ein Zivilist und neun Soldaten verwundet. Israels Armee antwortete mit Angriffen auf Stellungen der irantreuen Hisbollah-Milizen.
Es reicht ein Funke, um die militärische Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah in einen offenen Krieg umschlagen zu lassen. Eine Drohung aus Teheran befeuert nun diese Ängste: Nach der Tötung eines hochrangigen Generals in Syrien droht der Iran Israel mit Vergeltung. Am Montag war Sayed Razi Moussavi, ein ranghohes Mitglied der Revolutionsgarden (IRGC), in einem Vorort von Damaskus durch einen mutmaßlich Luftangriff Israels getötet worden.
Mousavi zog laut israelischen Informationen die Fäden bei dem Waffennachschub der Hisbollah. Er soll dem vor drei Jahren im Irak getöteten IRGC-General Ghassem Soleimani nahe gestanden haben. Ein Sprecher der IRGC behauptete am Mittwoch, die Massaker vom 7. Oktober seien eine Antwort auf die Tötung Soleimanis im Jahr 2020 gewesen – doch die Hamas bestreitet das.
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