Berlin. Die Ukraine zerstört ein russisches Kriegsschiff. Ein Erfolg westlicher Waffen – und mutiger Piloten, die ein hohes Risiko eingingen.
Immer wieder gelingen der Ukraine empfindliche Schläge gegen die russische Schwarzmeerflotte. Zuletzt versenkte sie am zweiten Weihnachtstag das Landungsschiff „Nowotscherkassk“, das im Hafen von Feodosija auf der Krim vor Anker lag. Ein Coup. Wie war das möglich?
Die ukrainische Luftwaffe hat natürlich nicht verraten, wie sie den Schlag ausgeführt und ob sie dabei selber Verluste erlitten hat. In Moskau hieß es, die Flugabwehr habe zwei Kampfjets vom Typ Suchoi Su-24 abgeschossen.
Schlag gegen russische Schwarzmeerflotte: Das Wagnis der ukrainischen Piloten
Das ist nicht unplausibel. Die Ukraine hat keine Raketen längerer Reichweite. Der Marschflugkörper Taurus aus deutscher Produktion ist ihr bisher verwehrt geblieben. Das ukrainische Militär blieb wohl nicht anderes übrig, als ein hohes Risiko einzugehen.
Ihre Piloten mussten wahrscheinlich in den russisch kontrollierten Luftraum fliegen, um wie schon im Sommer bei einem Angriff auf die Krim Storm-Shadow-Marschflugkörper abzufeuern. Die Storm-Shadow (in Frankreich: Scalp) mussten ihrerseits noch einmal 250 bis 300 Kilometer bis Feodosija zurücklegen.
Satellitenaufnahme: Sieht nach Totalverlust aus
Das Wagnis zahlte sich aus. Im Netz kursieren die verwackelten Handybilder von der Explosion, zum Beispiel auf X, ehemals Twitter. Ihre Echtheit ist schwer zu überprüfen. Dass der Ukraine aber ein Volltreffer gelang, ist wahrscheinlich. Immerhin hat auch das russische Verteidigungsministerium – selten genug – den Angriff (und Schäden) auf das Landungsschiff bestätigt.
Die Wucht der Detonation ist enorm, wie man auf den Bildern sieht. Das untermauern auch Satellitenaufnahmen, die ebenfalls in den sozialen Netzwerken kursieren. Das Schiff geriet in Brand, explodierte und sank. Zum Ausmaß der Schäden gibt es keine Angaben. Das Schiff dürfte beachtliche Mengen Sprengstoff geladen haben. In der Ukraine heißt es, an Bord seien iranische Drohnen gewesen.
Ob sich die Mannschaft an Bord befand? Ohne Zweifel erlitt die russische Schwarzmeerflotte jedenfalls materiell einen hohen Verlust. Von dem über 100 Meter langen Boot ragt nur noch wenig aus dem Wasser; der Laderaum ist weitgehend verschwunden. Die Satellitenbilder sehen nach einem Totalverlust aus.
Solche Landungsschiffe sind militärisch wertvoll. Mit ihnen kann Russland Truppen und Fahrzeuge, selbst Panzer am Ufer absetzen. Wer solche Schiffe zerstört, gefährdet den Nachschub; erst recht, sollte es der Ukraine gelingen, die Krim-Brücke bei Kertsch zu zerstören.
Die Schiffe haben einen Bug- und Heckzugang und eine Frachtkapazität von angeblich 500 Tonnen. Das Fahrzeugdeck ist 630 Quadratmeter groß. Es kann Kampf- und Transportpanzer, Lastwagen sowie Hunderte Soldaten verlegen.
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Ein Beispiel für die Taktik der „tausend Nadelstiche“
Von ehemals zehn solcher Schiffe hat die Ukraine nachweislich drei zerstört oder schwer beschädigt, zuvor bereits im August und im September. Insgesamt wollen die Ukrainer bislang zehn Schiffe versenkt und 16 beschädigt haben, angefangen im April 2022 mit dem Lenkwaffenkreuzer Moskwa.
Die Ukrainer sprechen von der „Taktik der tausend Nadelstiche“. Es geht um gezielte Schläge gegen die Logistik, die im Zweifel relevanter als Bodengewinne sind. Und natürlich sorgen sie beim Gegner für Verunsicherung. Die Krim ist schon lange kein sicherer Hafen mehr. Manche Ökonomen vertreten gar die Ansicht, dass Kremlchef Wladimir Putin den Ukraine-Krieg strategisch verloren habe – wegen der bislang hohen Verlustrate im Abnutzungskrieg.
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