Washington. Der republikanische Präsidentschaftskandidat plant Vergeltung gegen politische Gegner. Experten rechnen mit einem brutalen Wahljahr.
Chinas Kommunisten. Der „kleine Raketen-Mann“ aus Nordkorea. Die undankbaren (Nato-)Europäer. Immer wieder Angela Merkel. Und natürlich die „Vergewaltiger“ und „Drogen-Dealer“ unter den illegalen Eiwanderern aus Mexiko: Vor seiner ersten Amtszeit verortete Donald Trump jene, die Amerika angeblich ausnutzen, gefährlich werden oder vom Großartigsein abhalten, fast ausschließlich außerhalb der Landesgrenzen.
Vor seinem dritten Anlauf Richtung Weißes Haus stellt der favorisierte republikanische Präsidentschaftskandidat dagegen fest: „Die Bedrohung von auswärtigen Mächten ist weit weniger unheilvoll und gefährlich als die Bedrohung von innen.“
Was Trump darunter versteht und wie er im Fall seiner Wiederwahl 2024 damit umgehen will, lässt vielen im ohnehin heillos zerstrittenen Amerika das Blut in den Adern gefrieren: „Wir werden die Kommunisten, Marxisten, Faschisten und linksradikalen Gangster ausrotten, die wie Ungeziefer in den Grenzen unseres Landes leben, die lügen, stehlen und bei Wahlen schummeln.”
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Expertin: Trump „entmenschlicht“ bestimmte Bevölkerungsgruppen
Das bleibt nicht ohne Wirkung beim radikalisierten politischen Publikum. So drohte ein Trump-Anhänger neulich dem New Yorker Richter Arthur Engoron, der im 250 Millionen Dollar schweren Betrugsverfahren rund um Trumps Unternehmen die Aufsicht führt: „Glaub mir, ich werde Dich kriegen. Niemand wird mich aufhalten.“
Die Radikalisierung der Sprache Trumps löst bei Experten aus Politik und Geschichtsforschung Besorgnis aus. „Hier gibt es Echos faschistischer Rhetorik und sie sind sehr präzise“, sagt die New Yorker Geschichts-Professorin Ruth Ben-Ghiat. Nach ihrer Interpretation verfolgt Trump die Strategie, bestimmte Bevölkerungsgruppen „zu entmenschlichen”, damit die Öffentlichkeit nicht mehr groß aufschreit, wenn Trump im Januar 2025 erneut ins Weiße Haus einziehen sollte.
Ein Beispiel beweist die Rigorosität. Trumps Berater um den xenophoben Stephen Miller planen die größte Abschiebungswelle in der Geschichte der USA. Hunderttausende Einwanderer, die de jure illegal im Land sind, sollen unverzüglich via Mexiko deportiert werden.
Trump: Einwanderer „vergiften“ das „Blut“ Amerikas
Dazu ist die Einrichtung riesiger Übergangslager vorgesehen. Trump begründet die Maßnahme im Vorfeld auch mit dem an Nazi-Deutschland erinnernden Satz, dass Einwanderer das „Blut” Amerikas „vergiften”. Prominente Republikaner wie Kari Lake, die als potenzielle Vize-Präsidentschaftskandidatin für Trump gehandelt wird, unterstützen das.
Dass Trump nur für Wahlkampfzwecke autokratisch daherredet, glaubt selbst ihn Kreisen der ihn widerwillig tragenden republikanischen Partei niemand. „Er meint es ernst. All das, was ihm 2017 mangels Erfahrung und durchsetzungsstarker Leute um ihn herum nicht gelungen ist, soll diesmal knallhart durchgezogen werden“, sagt ein altgedienter republikanischer Parteistratege aus Bethesda/Maryland.
Dazu gehöre auch die bewusste Instrumentalisierung der Bundespolizei FBI und des Justizministeriums. Trump hat in mehreren Interviews klar erkennen lassen, dass er Top-Leute seiner Regierung, die sich von ihm distanziert haben, etwa Justizminister Bill Barr, Stabschef John Kelly oder FBI-Chef Christopher Wray, strafrechtlich verfolgen lassen will. Auf welcher Grundlage, das bleibt rätselhaft.
Daneben sollen zehntausende Regierungsangestellte, die Trump hundertprozentige Gefolgschaft verweigern, gefeuert und durch treu ergebene Beamte ersetzt werden. Alles in allem will Trump den Regierungs-Apparat, wozu auch wichtige Aufsichtsbehörden von Kommunikation über Wettbewerb bis Verbraucherschutz gehören, stromlinienförmig auf sich zuschneiden. Die Unabhängigkeit dieser Agenturen war Trump immer ein Dorn im Auge.
Plünderer an Ort und Stelle erschießen
Trumps Faible für die Methoden autokratischer Regime spiegelt sich auch in anderen innenpolitischen Reform-Versprechen. So hat der Geschäftsmann mehrfach angekündigt, für Menschen- und Drogenhändler die Todesstrafe einzuführen. Um die Kriminalität einzudämmen, warb er dafür, Plünderer in Kaufhäusern an Ort und Stelle zu erschießen. Um zu verhindern, dass Straftäter Milde erfahren, will er das Justizministerium anweisen, liberale Staatsanwälte aus dem Verkehr zu ziehen.
Wozu Trump imstande ist, hat Richterin Sarah Wallace kürzlich mit Blick auf die Rolle des Ex-Präsidenten beim blutigen Sturm aufs Kapitol im Januar 2021 festgestellt: „Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass Trump mit der konkreten Absicht gehandelt hat, politische Gewalt anzustacheln und sie gegen das Kapitol zu richten, um die Bestätigung des Wahlergebnisses zu stören.“ Er habe damals mit seiner Rede zu „unmittelbarer gesetzloser Gewalt” aufgerufen. Seine Worte und sein Verhalten seien die „tatsächliche Ursache“ des Sturms auf das Kapitol gewesen.
Trump geht längst einen Schritt weiter. Er betätigt sich als Megaphon für Verschwörungstheorien, die bislang nur am rechten Außenseiter-Rand des politischen Spektrums Gehör fanden. Jacob Ware, ein Experte für Inlands-Terrorismus am „Council on Foreign Relations”, hat festgestellt, dass Gedankengut von QAnon und anderen Sektierern „die amerikanische Gesellschaft auf ganze Breite infiltriert”.
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Trump-Anhänger wollte Pelosi „die Kniescheiben brechen“
So kursiert die Erzählung von den angeblich korrupten, pädophilen und Satan verehrenden Demokraten, die vor einigen Jahren in einem Restaurant in Washington DC beinahe zu einem Massenmord durch einen bewaffneten Trump-Anhänger geführt hätte, weiter in den Schmuddelecken des Internets.
Einzeltäter wie der vor wenigen Tagen in San Francisco verurteilte David DePape greifen zur Selbstjustiz. DePape drang im Herbst 2022 in das Privathaus der damaligen Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, um ihr nach eigenen Worten „die Kniescheiben zu brechen“. Pelosi war nicht daheim. Ihr Mann Paul Pelosi trug durch Hammerschläge massive Schädelverletzungen davon.
Extremismusforscher und Experten der Bundespolizei FBI befürchten, dass sich solche Vorfälle im Wahljahr 2024 wiederholen könnten.
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