Washington. Der US-Präsident liegt in wichtigen Bundesstaaten teils deutlich hinter seinem mutmaßlichen Herausforderer. Ein Trend macht hellhörig.
Ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl in den USA verdüstert sich das Bild für Amtsinhaber Joe Biden massiv. Nach frischen Umfragen liegt der bald 81 Jahre alt werdende Demokrat in den Bundesstaaten, die mutmaßlich erneut wahlentscheidend sein werden – wie etwa Arizona, Georgia, Michigan, Nevada und Pennsylvania, aktuell bis zu zehn Prozentpunkten hinter seinem voraussichtlichen Konkurrenten Donald Trump.
2020 hatte Biden besagte Staaten gegen den republikanischenRechtspopulisten teils knapp gewonnen. Übersetzt in die entscheidende „Währung“ des Wahlprozesses würden die jetzt veröffentlichten Zahlen über 300 Wahlmänner-Stimmen für Trump bedeuten; 270 benötigt man, um in den USA Präsident zu werden.
Natürlich sind Umfragen zwölf Monate vor der Wahl nur sehr bedingt belastbar und höhere Gewalt, Gesundheit, außenpolitische Krisen oder Gerichte (bei Trump) können die Sachlage verändern. Doch ein Blick ins „Unterholz“ der repräsentativen Befragung von New York Times und Siena-College zeigt, wie grundlegend ungünstig sich die Ausgangsposition für Biden im Vergleich zu 2020 verändert hat.
Mehr als zwei Drittel der Amerikaner halten Biden für zu alt
Bei jungen Wählern unter 30, bei Latinos und bei Afroamerikanern fand Biden vor drei Jahren überwältigenden Rückhalt; heute sehen die Zahlen katastrophal aus. Ein Alarmsignal von vielen: 22 Prozent der schwarzen Wähler würden heute Trump wählen; 2020 wäre das nach Expertensicht noch undenkbar gewesen.
Bidens größte Hypothek ist und bleibt sein Alter. Er wäre bei der nächsten Amtseinführung bereits 82 und am Ende einer zweiten Amtsperiode 86 Jahre alt. Mehr als 70 Prozent der Amerikaner glauben, dass Biden, der regelmäßig mit konfusen Auftritten auffällt, das nicht durchstehen würde – selbst, wenn ihm kein enges Korsett vorgegeben ist. 62 Prozent sagen, dem „Commander-in-Chief“ fehle bereits heute die nötige „Geistesschärfe“.
Obwohl Donald Trump auch schon 77 Jahre alt ist und sich nachweislich bei Kundgebungen in der jüngsten Vergangenheit teils haarsträubende Patzer leistete, danach wäre Ungarns Machtpolitiker Viktor Orbán der Präsident der Türkei: Nur 39 Prozent der Wähler halten ihn für zu alt für das höchste Amt im Staate.
Trump punktet noch immer beim Thema Wirtschaft
Auch in wirtschaftlichen Dingen, erfahrungsgemäß der wichtigste Punkt für das Gros der Wähler, glauben noch immer 60 Prozent, dass Amerika besser bei Trump aufgehoben wäre – und das, obwohl es um das Trump-Imperium zuletzt nicht zum Besten stand. Bidens Wirtschaftskonzept wird nur von 37 Prozent goutiert.
Mehr noch: Trotz strammen Wirtschaftswachstums und geringer Arbeitslosigkeit sagt etwa die Hälfte der Befragten, Biden habe ihnen persönlich mit seiner Politik ökonomisch geschadet. Bei Trump sind die Zahlen spiegelverkehrt positiv. Dahinter stehen die immer noch hohe Inflationsrate von knapp vier Prozent und die damit nach wie vor deutlich höheren Lebenshaltungskosten.
Auch bei Themen wie „illegale Einwanderung“, „nationale Sicherheit“ oder „Krise im Nahen Osten“ liegt Biden im Schnitt um zehn Prozentpunkte hinter Trump. Wobei mehrheitlich Männer den Amtsinhaber für einen unsicheren Kantonisten halten. Frauen sehen in Biden den besseren Mann auf der Weltbühne.
Zuwanderung aus Lateinamerika stürzt Biden in Not
Dass weit über 60 Prozent der Amerikaner ihr Land auf dem falschen Weg wähnen, liegt nach Befragungen von Analysten an „Dauerbrennern“, die auch diese Regierung nicht in den Griff bekommt. Neben der grassierenden Kriminalität liegt vielen Amerikanern die ungeklärte „Immigration“ im Magen. Seit Bidens Amtsantritt Anfang 2021 haben über drei Millionen Menschen versucht, illegal über die Grenze zu Mexiko in die Vereinigten Staaten zu gelangen.
Das Asyl-System mit seinen langen Wartefristen ist inoffiziell laut Experten im Heimatschutzministerium nahezu „kollabiert“. Zehntausende Armutsflüchtlinge vorwiegend aus Lateinamerika werden seit Monaten von republikanisch geführten Bundesstaaten im Süden in die Metropolen im Norden verfrachtet. Mit der Folge, dass etwa in New York der demokratische Bürgermeister Eric Adams seinen Parteifreund Biden persönlich dafür verantwortlich macht, wenn im „Big Apple” bald der Notstand ausgerufen werden muss. Die Aufnahmekapazitäten seien schlicht erschöpft.
Analysten schränken ein, dass Joe Biden nie das Glückskind der Meinungsumfragen gewesen sei. Vor den Zwischenwahlen im Kongress vor einem Jahr, die für die Republikaner vor allem wegen ihrer nicht mehrheitsfähigen Haltung bei der Abtreibung desaströs endeten, waren Bidens Beliebtheitswerte ähnlich miserabel wie heute. Soll heißen: Er hat ein Jahr Zeit, das Blatt noch zu wenden.
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