Moskau. Der Nahost-Konflikt spielt dem Kremlchef in die Karten. Er lenkt ab vom Angriff auf die Ukraine und hilft ihm, sich zu rehabilitieren.
Für Russlands Präsident Wladimir Putin läuft derzeit alles nach Plan. Das international geächtete Land spielt wieder mit auf dem diplomatischen Parkett. Genau dies will Putin erreichen: international mit Blick auf die Länder des globalen Südens und innenpolitisch mit Blick auf die Präsidentschaftswahl im kommenden März.
Die Kontakte zwischen Russland und der Hamas sind seit Langem eng. Nach den Wahlen von 2006 war Putin unter den Ersten, die der Hamas gratulierten. Im vergangenen September empfing Russlands Außenminister Sergej Lawrow Mitglieder des Hamas-Politbüros. Vor Kurzem erst war erneut eine Delegation der Hamas in Moskau. Es ging um die Befreiung der Geiseln im Gazastreifen. Einen Durchbruch konnte Moskau nicht präsentieren – auch wenn sich Vizeaußenminister Michail Bogdanow schon in Katar darum bemüht hatte. Aber die Welt schaut inzwischen auf Russlands Diplomatie-Offensive.
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Putin will multipolare Weltordnung ohne US-Vorherrschaft
Und die Hamas lobt Putin: „Die Delegation der Bewegung schätzte die Position des russischen Präsidenten Wladimir Putin sowie die Bemühungen der aktiven russischen Diplomatie sehr.“ Für Vorwürfe, dass Russland wegen seiner Kontakte zur Hamas etwas mit der Gewalt gegen Israel zu tun haben könnte, gibt es keine Beweise. Gleichwohl kommt die Krise in Nahost dem Kreml gelegen. Sie lenkt nicht nur ab vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Ranghohe Vertreter der arabischen Welt fliegen in Moskau wieder ein und aus.
Schon länger sieht sich Putin als Vorreiter bei der Entstehung einer multipolaren Weltordnung ohne eine Vorherrschaft der USA. Vollmundig bescheinigt Putin den USA Versagen in Nahost. Dort will sich Russland nun als Vermittler positionieren. „Russland nutzt diese Krise aus, denn wenn es sich jetzt an eine Milliarde Menschen im Nahen Osten oder in der arabischen Welt wendet, kann es sagen: Sehen Sie, die nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaute Weltordnung funktioniert für Sie nicht“, zitiert die „Financial Times“ einen ranghohen EU-Beamten.
Höhere Ölpreise spülen wieder mehr Geld in Kriegskasse
Traditionell unterhält Russland auch enge Kontakte zu Israel. Doch der russische Experte Alexander Baunow von der Denkfabrik Carnegie meint: „Die Versuchung, auf der Welle der Unterstützung für die Palästinenser mitzureiten, ist sehr groß und drängt Russland zu einer Annäherung an die Gegner Israels.“ Russland hat bei seinem Kurs vor allem auch die vielen Muslime im eigenen Land im Blick. Und Israel reagiert mit Missfallen, auf den Hamas-Besuch in Moskau sogar mit Verärgerung. „Russland und Israel führen einen regelmäßigen und intensiven Dialog und tauschen ständig Meinungen aus“, relativiert Kremlsprecher Dmitri Peskow den Dissens.
Nicht nur politisch, auch wirtschaftlich will man von der Krise in Nahost profitieren. Staatsmedien frohlocken, dass die Krise dauerhaft zu höheren Ölpreisen führt, wodurch mehr Geld in den Haushalt komme – auch für Putins Krieg in der Ukraine. Je höher der Ölpreis, desto stabiler auch der Rubel, der zuletzt im freien Fall war und nun, auch dank anderer Maßnahmen, wieder stärker geworden ist.
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