Washington. Er gehört zu den Rechtesten der US-Republikaner: Matt Gaetz. Nun hat er die Nr. 3 im Staate gestürzt, den mächtigsten Parteifreund.
- Anti-Establishment-Politiker Matt Gaetz hat die Absetzung von Kevin McCarthy erreicht
- Es ist ein einmaliger Vorgang
- Die Fehde zwischen den beiden US-Republikanern ist alt
- McCarthy äußerte sich dazu, wie er jetzt weitermachen will
Manche Parteifreunde nennen ihn hinter vorgehaltener Hand den „Bombenwerfer vom Dienst”, andere den „Verrücktesten unter den Trump-Verrückten” in der extrem rechten Ecke der Republikaner im Kongress von Washington.
Am Dienstagabend wurde Matt Gaetz seinem Ruf als Anti-Establishment-Politiker und Ein-Mann-Dampfwalze mit einer historischen Attacke gerecht. Auf seine Initiative hin wurde die (nach Präsident und Vize-Präsident) Nr. 3 im amerikanischen Staatsgefüge, Kevin McCarthy, der Sprecher des Repräsentantenhauses, sein Parteifreund, mit 216 zu 210 Stimmen aus dem Amt gejagt.
Ein sensationeller Akt (“motion to vacate”), der in den vergangenen 110 Jahren zuvor nur drei Mal versucht wurde und nie wirklich zum Rauswurf führte. Das Repräsentantenhaus, neben dem Senat die Herzkammer der US-Demokratie, stürzt damit nach Worten von McCarthy-Anhängern wie Tom Cole aus Oklahoma “ins Chaos”. Er und andere Partei-Promis wie Jim Jordan hatten bis zuletzt für McCarthy gekämpft.
USA: McCarthys Abwahl lähmt US-Parlament
Der Geschasste hat sich nach dem historischen Votum geäußert. „Ich werde nicht wieder als Vorsitzender kandidieren“, sagte McCarthy am Dienstagabend (Ortszeit). Er lasse seine Fraktion jemand anderen wählen. Nach McCarthys Abwahl wird über dessen Nachfolge frühestens in der kommenden Woche entschieden.
Die Abgeordneten der Parlamentskammer wurden informiert, dass in der laufenden Woche keine weiteren Abstimmungen zu erwarten seien. Das geht unter anderem aus einer Rundmail der demokratischen Fraktion an die eigenen Abgeordneten hervor. Das US-Parlament ist durch das Drama vorerst komplett lahmgelegt. Bis ein Nachfolger von McCarthy gewählt ist, liegt alle restliche gesetzgeberische Arbeit auf Eis.
- Lesen Sie auch: Zweite Amtszeit – Krypto-Banker wollte Trump rauskaufen
Bereits vor der Abstimmung war klar: Demokraten helfen McCarthy nicht
Den “Rebellen” um Matt Gaetz wurde von mehreren Rednern der Konservativen vorgeworfen, aus narzisstisch-zerstörerischen Motiven Unruhe stiften zu wollen, ohne klare, sachorientierte Alternativen anzubieten. McCarthy dagegen sei unter schwierigsten Rahmenbedingungen eine Reihe substanzieller Erfolge gelungen.
Gaetz hält dem „speaker” dagegen vor, ein Kollaborateur zu sein, der die eigene Partei verraten und mit den oppositionellen Demokraten gemeinsame Sache gemacht habe, als es Wochenende darum ging, einen Regierungsstillstand in Washington zu verhindern. Nicht nur das. McCarthy haben vielen Gruppen in der republikanischen Fraktion etwas versprochen – aber kaum etwas gehalten. “Man kann ihm nicht trauen.”
Bereits vor der eigentlichen Abstimmung hatten sich die Vorzeichen für McCarthy, der bis zuletzt demonstrativ in Optimismus machte, verdüstert. Dem Antrag, die Abwahlentscheidung zu vertagen, folgten nur 208 Abgeordnete, 218 dagegen wollten durchziehen. Darunter waren alle anwesenden Demokraten (207) – aber auch elf Republikaner, die mit 221 Sitzen eine knappe Mehrheit halten. Die Demokraten kommen auf insgesamt 212 Sitze, zwei Mandate sind zurzeit unbesetzt.
Bei den Demokraten war vor den Abstimmungen klar, dass sie McCarthy nichts aus der Patsche helfen werden. Anführer Hakeem Jeffries erklärte, sein Gegenüber stehe für die gescheiterte “Make America Great Again” von Ex-Präsident Donald Trump.
Wer ist Matt Gaetz?
Matt Gaetz ist damit der „Königsmörder” des Jahres im politischen Washington. Wer ist der Radikalinski? Und was will er?
Gaetz, erst 41 Jahre alt, ist seit sechs Jahren Abgeordneter in Washington für einen konservativen Wahlbezirk im Nordwesten Floridas. Anfangs gemäßigt, hat der gelernte Anwalt, dem eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Proll-Cartoon-Figur aus der Serie „Beavis & Butthead” nachgesagt wird, schnell eine Marktnische für sich entdeckt: die des 24/7 Donald Trump huldigenden Krawallbruders, der zündel und stänkert. Und mit Wonne provoziert.
17-Jähriger erschießt Demonstranten – und bekommt von Gaetz einen Job angeboten
Beispiel: Als es nach dem Polizeimord an dem Schwarzen George Floyd 2020 in Kenosha/Wisconsin zu gewaltsamen Demonstrationen kam, schwang sich der Weiße Jung-Mann Kyle Rittenhouse zur Selbstjustiz auf und erschoss zwei linke Demonstranten, die ihn behelligt hatten. Der damals 17-Jährige wurde freigesprochen, gilt gleichwohl links der politischen Mitte als Symptom für die unter Donald Trump noch militanter gewordene US-Gesellschaft. Gaetz bot Rittenhouse kuerzhand ein Praktikum in seinem Kongress-Stab an.
Apolitisch ist Gaetz nicht. Vater Don war ein Jahrzehnt Senator im Bundesstaat Florida, Opa Jerry lenkte als Bürgermeister die Geschicke eines kleinen Kaffs in North Dakota. Er kennt also die Usancen, führt sich aber trotzdem in Washington als Abrissbirne des demokratischen Systems auf.
Kein Ton ist ihm schrill genug, um die Verachtung für die herrschen Zustände auszudrücken. Bis heute verbreitet Gaetz die gerichtsfest erwiesene Lüge, dass Trump bei der Präsidentenwahl 2020 um den Sieg betrogen worden sei. Den von Trump inspirierten blutigen Sturm aufs Kapitol im Januar 2021 schiebt Gaetz der Antifa in die Schuhe.
Folgerichtig zieht er kompromisslos für schrankenlosen Waffenbesitz, gegen die gleichgeschlechtliche Ehe wie auch gegen Schwangerschaftsabbrüche zu Felde. Letzteres hat ein Geschmäckle.
Vor zwei Jahren wurde gegen Gaetz wegen des Verdachts von Sex mit Minderjährigen und Drogenmissbrauchs ermittelt. Anfang dieses Jahres erklärte das Justizministerium, für eine belastbare Anklage reichten die Beweise nicht aus.
Gaetz und McCarthy, diese Fehde ist alt. Bereits bei Amtsantritt warf der hyper-aufgedreht wirkende Anwalt dem Kalifornier Knüppel zwischen die Beine. Dass McCarthy Anfang im Januar beispiellose 15 Wahlgänge benötigte, bis er aus den eigenen Reihen die nötigen Stimmen hatte, ging auf Gaetz zurück. McCarthy machte trotzdem ein Zugeständnis, das ihm jetzt vor die Füße fiel. Waren bis dato fünf Abgeordnete notwendig, um den eigenen Anführer abzusetzen, reichte nun ein einzelner Republikaner aus, um das Abwahlverfahren in Gang zu setzen. Matt Gaetz hat diese Chance (gemeinsam mit sieben Mitstreitern aus den eigenen Reihen und den Demokraten) eiskalt genutzt. Allein, wer der neue Sprecher des Repräsentantenhauses werden soll, das sagt er nicht.
Lesen Sie auch: Ex-Generalstabschef fürchtet um sein Leben – wegen Trump
- Seine Ehefrauen: Melania, Marla, Ivana – Die Frauen an Trumps Seite
- Wie reich ist der 45. US-Präsident? So groß ist das Vermögen von Donald Trump
- Seine Familie: Das sind Donald Trumps Kinder
- Trumps Ex-Kabinett warnt: Seine Rückkehr wäre ein Desaster