Berlin. Die Russen werden ermutigt, auf der Krim zu urlauben und sogar lange Umwege in Kauf zu nehmen. Ein Hinweis lässt freilich tief blicken.

Die Krim ist schön, eigentlich ein attraktives Urlaubsziel. Die 2014 annektierte Halbinsel übt ungeachtet des Ukraine-Krieges einen gewissen Reiz aus. Viele Russen verbringen hier am Schwarzen Meer ihre Ferien und verkennen oder verdrängen die Risiken. Am Montag schätzte die russische Nachrichtenagentur Ria die Zahl der Gäste auf 50.000 Touristen oder mehr.

Doch auch nach dem Anschlag auf die Kertsch-Brücke, bei dem zwei Gäste aus dem russischen Belgorod ums Leben kamen, ermutigen die russische Zeitungen ihre Leser, die Sommerferien auf der Krim zu verbringen, wie eine auf Twitter gepostete Presseschau zeigt. Lesen Sie auch: Krim-Brücke: Verkehr läuft wieder – Putin droht mit Rache

Ukraine-Krieg: Die Front rückt immer näher heran

Sie empfehlen, zur Not einen 400 Kilometer langen Umweg zu machen und warnen zugleich vor jedem Stopp auf der Fahrt. "Die Straßenränder könnten vermint sein."

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Es ist schwer zu sagen, warum die Menschen sich darauf einlassen. Sind die Preise so verführerisch günstig? Ist es eine Frage des Nationalstolzes? Ist es die Aussicht auf einen Abenteuer-Urlaub, die den besonderen Kick gibt? Oder gehen sie schlicht Kremlchef Wladimir Putin auf den Leim? In dessen Gedankenwelt gibt es weder einen Krieg noch Rückschläge, sondern eine militärische Spezialoperation, die immerwährend nach Plan läuft.

In Wahrheit rückt die Front immer näher und damit die Gefahr ukrainischer Angriffe. Die unheilvollen Zeichen sind unübersehbar:

  • Mychajlo Podoljak, Berater von Präsident Woldymyr Selenskyj, sagte in einem Interview, "Zivilisten, die jetzt auf die Krim in den Urlaub fahren, müssen verstehen, dass sie dort keine Touristen sind – sondern Komplizen der Besatzung, mit allen juristischen Konsequenzen in der Zukunft.“ Im Klartext: Die Ukraine nimmt ihren Tod in Kauf.
  • Zwar kommt die Offensive der Ukraine nur langsam voran. Aber nach der Lieferung von britischen und bald auch französischen Marschflugkörpern größerer Reichweite ist die Krim verwundbarer denn je. Es hat für die Ukraine einen hohen Stellenwert, den Krieg, zumindest seine Folgen, in russisches Gebiet hineinzutragen und gerade auch auf der Krim für Unsicherheit zu sorgen.
  • Die Spuren des Krieges sind unverkennbar: die Schäden an der Brücke, die kilometerlangen Staus, die vielen Soldaten auf der Krim, teils zur Verteidigung abkommandiert, teils Kämpfer auf Urlaub, schließlich die Flugabwehr mit den Abschüssen ukrainischer Drohnen.
  • Krim.Realii, ein Projekt des amerikanischen Radio Free Europe/Radio Liberty, zeigt immerhin mehr als fünfzig Orte auf der Halbinsel, an denen sich bisher Explosionen ereignet haben. Vor allem die Stadt Sewastopol, Flottenstützpunkt der russischen Marine ist, buchstäblich wie bildlich, ein Hotspot.
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Russland: Lassen sich die russischen Touristen abschrecken?

Das sind alles keine Anzeichen der Normalität, sondern schlicht der Beweis dafür, dass der Krieg sich nicht länger fernhalten lässt. Im Schatten der Flugabwehr kann man nicht wirklich unbeschwert urlauben. Die Immobilienpreise sind längst gefallen, schon um die Jahreswende kamen die ersten Meldungen von Russen, die Wohnungen oder Häuser auf der Krim verkaufen wollten.

Der Angriff vom Montag auf die Kretsch-Brücke dürfte nicht der letzte Streich der Ukraine auf der Halbinsel gewesen sind. Aber werden sich die russischen Touristen wirklich abschrecken lassen? Das könnte Sie auch interessieren: Kiews Geheimdienst zielt mit 1000 Stichen auf Putin-Generäle

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