Berlin/Wien. Nach dem Dammbruch in der Ukraine beschuldigen sich Kiew und Moskau gegenseitig. Doch nicht alle Erklärungsversuche klingen plausibel.
Nach der Sprengung des Staudamms in der Südukraine beschuldigen sich Kiew und Moskau gegenseitig. Im Westen glauben viele, dass die Urheber in Russland sitzen. Amerikaner und Briten halten sich allerdings noch zurück. Welche Ursachen kommen für die Sprengung in Frage – und wie wahrscheinlich sind sie?
Szenario eins: Beschuss von außen
Nach Angaben von Bauexperten ist es unwahrscheinlich, dass eine Rakete oder Bombe einen derart großen Schaden anrichten kann. Der Staudamm sei 1956 so gebaut worden, dass er selbst einer Atom-Explosion standhalten könne, betonte Natalia Humenyuk, Sprecherin der Streitkräfte im Süden der Ukraine.
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Szenario zwei: Explosion von innen
Fachleute unterstreichen, dass die höchste Sprengkraft durch eine Explosion im Inneren des Staudamms ausgelöst werden kann. Der US-Militärexperte Michael Kofman rät jedoch zur Vorsicht: „Es ist zu früh für eine abschließende Beurteilung“, sagt er. „Letztendlich nutzt das Desaster niemandem.“
Szenario drei: Technischer Fehler der Russen
Nach Einschätzung eines hochrangigen Vertreters der ukrainischen Verwaltung in einer der von Russland besetzten Städte nahe des Kachowka-Staudamms ist der Dammbruch eher auf einen Unfall der Russen zurückzuführen.
Der Ukrainer, der namentlich nicht genannt werden will, sagte unserer Redaktion, dass die Russen bereits im November 2022 die Auto- und die Eisenbahnbrücken über den Staudamm gesprengt hätten. Dabei seien die Kräne zum Heben Schleusentore, über die Wasser nach außen abgeleitet werden kann, beschädigt worden.
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Da die Schleusentore nicht mehr gehoben werden konnten, habe sich der Stausee immer weiter gefüllt. Um eine Überflutung zu verhindern, hätten die Russen versucht, eines der Schleusentore zu sprengen. Dabei sein irrtümlich ein großer Teil des Staudamms in die Luft gejagt worden. Durch die missglückte kontrollierte Sprengung seien auch Minen explodiert, die die Russen am Staudamm angebracht hätten.
Szenario vier: Materialermüdung
Dafür gibt es keine zwingenden Indizien. „Natürlich stand der Damm auch unter russischer Kontrolle, die letzten Monate. Und es gab einige Anzeichen dafür, dass da einiges an Missmanagement stattgefunden hat“, räumte der Sicherheitsexperte Rafael Loss von der Berliner Denkfabrik European Council on Foreign Relations ein. Dass in Kriegszeiten das Bauwerk nicht im üblichen Maße gewartet und kontrolliert wurde, klingt zumindest nach einer schlüssigen Erklärung. Ob sie auch zutrifft, ist damit nicht gesagt.
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