Essen. Jetzt ein Haus verkaufen oder in eine Eigentumswohnung investieren? Im Podcast schätzen Experten die Preisentwicklung bei steigenden Zinsen ein.

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Die Preise fallen, die Mieten steigen – der Immobilienmarkt leidet unter Inflation und angehobenen Zinsen. Trotz aller Unsicherheiten raten Experten potenziellen Käufern und Verkäufern im Podcast „Die Wirtschaftsreporter“ dazu, den Kopf nicht in den Sand zu stecken. Das sind ihre Einschätzungen.

„Nächstes Jahr wird es wieder weiter gehen, aber nicht mit der Partystimmung der vergangenen zehn Jahre“, versucht Andreas Schulten verhaltene Hoffnung zu verbreiten. Als Generalbevollmächtigter des Beratungs- und Analyseunternehmens Bulwiengesa kennt der gebürtige Essener, der in Bochum zur Schule gegangen ist, den Immobilienmarkt in Deutschland, aber auch die spezielle Lage im Ruhrgebiet. Seit den 90er Jahren sammelt Bulwiengesa, die auch eine Niederlassung in Essen hat, Immobiliendaten in 127 Städten und berät auf dieser Basis Projektentwickler, Kommunen und Bauherren.

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Augenblicklich herrscht allerdings Flaute. „Es wird weniger gebaut. Es drehen sich weniger Baukräne“, sagt Oliver Rohr, der sich bei Bulwiengesa vor allem um Gewerbeimmobilien kümmert. Der Hintergrund ist leicht erklärt: Gestiegene Baukosten und Zinsen schmälern die erzielbare Rendite oder Mieterwartungen für neue Gebäude. Dabei warnt er vor Panikmache: „Die Zinskonditionen sind eigentlich im historischen Vergleich noch sehr gut. Es hat sich ein Stück weit normalisiert“, betont Rohr. Der aktuelle Bauzins in Höhe von 4,0 oder 4,5 Prozent ist noch weit von den neun Prozent entfernt, die Banken in den 90er Jahren aufgerufen hatten.

„Wir sind noch viel im Nebelwald unterwegs“

Die große Frage ist jetzt allerdings: Wie wird es weitergehen? „Wir sind noch viel im Nebelwald unterwegs. Weitere Zinsschritte sind zu erwarten“, meint Rohr. Es sei aber weiterhin interessant, in Immobilien und Fonds zu investieren. Klarer äußert er sich zu den Preisen. „Wir gehen aktuell davon aus, dass die Preise im laufenden Jahr noch weiter nachgeben werden. Vielleicht sogar noch stärker als 2022“, sagt der Experte. Wenn sich das Zinsniveau stabilisiere, werde auch auch der Preisfindungsprozess zum Abschluss kommen und „das Vertrauen in den Markt zurückkehren“. Dann, so Rohr, werde wieder mehr gekauft.

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Was dieses Szenario konkret für das Geschäft mit Immobilien bedeutet, erläutert Andreas Schulten: „Wenn man unbedingt verkaufen muss, ist es gar nicht so sehr die schlechteste Zeit. Wir sind nicht in einer Superkrise. Die hätten wir dann, wenn wir sehr viel höhere Arbeitslosenquoten hätten wie in den 90er Jahren“, sagt er. Auf der anderen Seite, beim Erwerb, gibt er sich zurückhaltender: „Beim Kauf würde ich noch ein Jahr abwarten und sehen, wie sich die Dinge entwickeln werden“, rät der Bulwiengesa-Manager.

„Energetische Sanierung ist ein Damoklesschwert“

Wichtig sei dann aber die Frage: „Kaufe ich Neubau oder Bestand? Darauf habe ich ehrlicherweise noch keine Antwort“, räumt Schulten ein und kommt auf das andere große Thema der Immobilienwirtschaft zu sprechen – die energetische Ertüchtigung von Gebäuden. Sie schwebe „wie ein Damoklesschwert“ über den Eigentümern. Viele dieser ungedämmten Häuser aus den 50er, 60er und 70er Jahren stehen nach seiner Einschätzung im Ruhrgebiet. Die Sanierung mit neuer Heizung, neuem Dach und zusätzlicher Dämmung sei aufwändig.

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„Konzerne wie Vonovia gehen sehr professionell da heran“, meint Schulten. Sorge bereite ihm dagegen ältere Privateigentümer, die „gar nichts machen“. Der Experte blickt auf die Erben: „Die Frage ist, wie die nächsten Generationen da investiv reingehen werden.“ Wenn nicht genug Geld in diese Gebäude gesteckt werde, „könnten ganze Quartiere uninteressant“ und ein Fall für die Stadtplaner werden.

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Schulten warnt am Ende aber vor zu viel Pessimismus: „Es wird schon weitergehen. Auf dem Immobilienmarkt haben wir schon ganz andere Krisen gesehen“, beschwichtigt er. Nach seiner festen Überzeugung wird sich ein Teil des Immobilienmarkts am ehesten stabilisieren. Schulten: „Seniorenwohnen wird sich schnell fangen. Uns fehlen Hunderttausende Seniorenwohnungen. Da gibt es Interesse bei Investoren.“