Essen. Bei einer Grabung kommen Kanonen spanischer Konquistadoren zum Vorschein. Was sie besonders macht und warum sie zurückgelassen wurden.
Als die Spanier in Nord- und Südamerika eintrafen, hatten sie zwei mächtige Verbündete: die Pocken und ihre überlegenen Waffen. Innerhalb kürzester Zeit unterwarfen die Konquistadoren, eine wilde Mischung aus Abenteurern, Soldaten und Entdeckern, die mächtigen Reiche der Inka und Azteken. Archäologen entdeckten in den USA nun zwei besondere Waffen aus dieser Zeit.
Im US-Bundesstaat Arizona fanden Forscher 2020 und 2024 bei Ausgrabungen zwei Kanonen aus dem 16. Jahrhundert. Bei den Feuerwaffen könnte es sich laut einer neuen Studie um die ältesten bisher entdeckten Feuerwaffen auf dem Gebiet der Vereinigten Staaten und vielleicht sogar des gesamten Kontinents handeln. Die Kanonen wurden in einer mehr als 480 Jahre alten spanischen Stadt gefunden – und sie haben eine spannende Geschichte.
Fund in Arizona: Kanonen waren gigantische Schrotflinten
Bei den zwei Feuerwaffen handelt es sich um rund einen Meter lange Hakenbüchsen, auch Arkebusen genannt. Diese frühen Varianten einer Feuerwaffe konnten leichter als die großen Kanonen über große Distanzen transportiert werden. Die rund 18 Kilogramm schweren Bronzekanonen wurden im Kampf auf eine hölzerne Konstruktion gesetzt und feuerten eine sogenannte Kartätschenladung ab.
Dabei werden mehrere Dutzend metallene Projektile in das Rohr gefüllt. Der Effekt kommt einer überdimensionierten Schrotflinte gleich, die sich gegen große Massen an Gegnern einsetzen lässt. Sogar „ein einziges Geschoss, je nachdem, wo es auftrifft, kann einen Angreifer außer Gefecht setzen“, schreiben die Forscher in der im Fachblatt „International Journal of Historical Archaeology“ veröffentlichten Studie. „So viele Kugeln wären wie ein Hornissenschwarm auf die Angreifer losgegangen.“
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16. Jahrhundert: Konquistadoren wollten Route nach Ostasien finden
Die Kanonen wurden vermutlich vom Konquistador Francisco Vázquez de Coronado während einer Expedition nach Arizona gebracht. Von 1539 bis 1542 führte de Coronado seine Männer auf einem Eroberungsfeldzug in die heutigen Bundesstaaten Arizona, Mexiko, Texas und Kansas. Zuvor hatten die Spanier bereits die Inkas und Azteken besiegt.
Ihr Ziel war die Unterwerfung von Land und Bevölkerung für die spanische Krone. Gleichzeitig suchten sie nach einer schnellen Route nach Ostasien. De Coronados Truppe waren die ersten Europäer, die den Grand Canyon und den mächtigen Colorado River sichteten. Doch 1541 mussten sie plötzlich die Flucht ergreifen.
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Als sie auf dem Gebiet der heutigen Ausgrabungsstätte San Geronimo III ihr Lager aufschlugen, trafen sie auf heftigen Widerstand der amerikanischen Ureinwohner. In der folgenden Schlacht mussten die Konquistadoren fliehen und ließen dabei die zwei schweren Kanonen sowie zahlreiche andere Gegenstände zurück.
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Wunderwaffe zurückgelassen: Angreifer überrannten die Spanier und ihre Kanonen
Während eine der Kanonen wahrscheinlich in der Hektik der Schlacht nicht abgefeuert wurde, ist der Lauf der zweiten Kanone geborsten. „Sie wurde in der Schlacht abgefeuert, weshalb der Lauf explodierte“, vermutet die Co-Autorin der Studie, die Archäologin Deni Seymour bei „Live Science“. „Wahrscheinlich haben sie bei dem Versuch, einen Ansturm von Angreifern abzuwehren, zu viel Pulver hineingetan.“
Außer den Kanonen fanden die Archäologen noch Armbrustbolzen sowie Schwerter, Dolche und Rüstung. Nach dem Scheitern der Expedition gaben die Spanier die Eroberung des Nordens von Mexiko vorerst auf. Erst 1690, fast 150 Jahre später sollten sie zurückkehren, heißt es in der Studie.