Essen. Das Skelett einer Frau in Polen wurde mit einem Vorhängeschloss bestattet. Die Dorfbewohner hatten wohl Angst vor ihrer Wiederkehr.

Vor zwei Jahren sorgte das Skelett einer Frau in Polen für Aufregung. Archäologen entdeckten den Leichnam in einem Friedhof aus dem 17. Jahrhundert in dem polnischen Dorf Pień. Die Art und Weise wie die Frau bestattet wurde, ließ die Forscher stutzen: Eine Sichel nagelte ihre Kehle am Boden fest und um ihren Zeh war ihr ein Vorhängeschloss gewickelt worden. Die Vorkehrungen hatten wohl einen Grund. Die Frau wurde wahrscheinlich verdächtigt, ein Vampir zu sein.

Laut Archäologen der Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń (UMK) wurde das Werkzeug von abergläubigen Polen verwendet, um eine als Vampir verdächtigte Verstorbene an der Wiederkehr zu hindern. Die Sichel wurde nicht flach hingelegt, sondern so auf den Hals gelegt, dass der Kopf abgeschnitten oder verletzt worden wäre, wenn die Verstorbene versucht hätte aufzustehen, sagte der an der Auswertung des Funds beteiligte UMK-Professor Dariusz Poliński gegenüber der „Daily Mail“.

Und auch das dreieckige Vorhängeschloss um den Zeh sollte wohl die Unmöglichkeit der Wiederauferstehung der „Vampirin“ symbolisieren. Doch wer war die Frau, die die Menschen vor Hunderten Jahren so vorsichtig bestatteten? Eine neue Gesichtsrekonstruktion lässt die Frau aus Pień doch noch wieder lebendig werden.

Bildhauer erstellt 3D-gedrucktes Modell des „Vampir-Schädels“

Der schwedische Bildhauer und Archäologe Oscar Nilsson bildete das Gesicht in Hunderten Stunden anhand des Schädels und einer DNA-Analyse nach. „Die Darstellung der Form der Ohren und der Nasenspitze ist das problematischste und fragwürdigste Problem. Wenn mir keine Ergebnisse von DNA-Tests vorliegen, ist die gesamte Pigmentierung einschließlich der Augen-, Haar- und Hautfarbe höchst spekulativ“, zitiert ein Statement den Künstler.

Der Bildhauer und Archäologe druckte den Schädel der Frau in einem 3D-Drucker aus, bevor er die Gesichtszüge anhand der DNA-Analyse modellierte.
Der Bildhauer und Archäologe druckte den Schädel der Frau in einem 3D-Drucker aus, bevor er die Gesichtszüge anhand der DNA-Analyse modellierte. © Oscar Nilsson/Projekt Pień

Der Künstler nutzte ein 3D-gedrucktes Modell des Schädels der sogenannten „Vampirfrau“ und brachte darauf Stifte in verschiedenen Längen an, um die Gewebedicke in unterschiedlichen Gesichtspartien darzustellen. Anschließend modellierte er die Gesichtsmuskeln aus einer speziellen Tonart und fügte danach Augäpfel sowie weitere Gewebe- und Hautschichten hinzu.

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„Vampirfrau“ könnte Person mit psychischer Störung gewesen sein

Dabei achtete er sorgfältig auf Falten, Hautporen, individuelle Gesichtszüge und Verletzungsnarben. Im letzten Schritt wurde das Gesicht in Silikon getaucht und mit Haaren, Wimpern sowie Augenbrauen versehen. In wenigen Wochen wird das rekonstruierte Gesicht der „Vampirfrau“ in Polen präsentiert.

Der Forschungsleiter Poliński will allerdings prinzipiell lieber nicht von keinem Vampir. „Ich würde diese Praktiken lieber als Aktivitäten zum Schutz der Lebenden vor den Toten betrachten, die traditionell als Anti-Vampir-Verfahren gelten“, erklärt der Forschungsleiter in dem Statement. „Die Frau könnte möglicherweise eine körperliche Beeinträchtigung oder eine psychische Störung gehabt haben und wurde daher von ihren Nachbarn misshandelt, die dachten, sie würde sie nach dem Tod erschrecken“, erklärt er die Bestattung.

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