Essen. Unter der Erde einer ruhigen dänischen Insel haben Archäologen etwas Unerwartetes entdeckt: einen Fund aus der Steinzeit.

Bei Bauarbeiten zum Ausbau der Eisenbahn in Dänemark konnten Archäologen in der Nähe des Dorfes Eskilstrup in Süddänemark einen überraschenden Fund vor der Zerstörung bewahren. Dabei handelt es sich um einen sorgfältig konstruierten Steinkeller, der über 5000 Jahre lang verborgen war.

Das unterirdische Bauwerk wird der Trichterbecherkultur (TRB) zugeordnet, über deren Megalithgräber und Keramik in der Forschung viel bekannt ist. Belege für die Wohnarchitektur der Kultur gab es bislang nur wenige, weshalb der Steinzeitkeller von großer Bedeutung für die Wissenschaft ist.

Archäologen staunen über Funde der Trichterbecherkultur in Dänemark

Bei den Ausgrabungen an der Fundstelle mit der Bezeichnung Nygårdsvej 3 standen zunächst zwei sich überschneidende Hausphasen mit Pfostenlöchern und Gruben im Mittelpunkt des Interesses, als die Archäologen einen mit Steinen gepflasterten Keller freilegen konnten.

Dieses unterirdische Bauwerk, das mit nichts anderem aus der Jungsteinzeit in Dänemark vergleichbar ist, dient als eindrucksvoller Beleg für die Weiterentwicklung der Landwirtschaft in einigen Kulturen. Sie beherrschten die Kunst, dauerhafte Häuser zu bauen – und Keller zur Lagerung ihrer Lebensmittel.

Die Häuser wurden demnach von der Trichterbecherkultur errichtet, die während der Jungsteinzeit in Dänemark blühte. Diese Kultur entstand vor etwa 6100 Jahren in Deutschland und geht auf Bauern zurück, die aus dem heutigen Spanien und Frankreich nach Mitteleuropa einwanderten. Sie gilt als landwirtschaftlich geprägte Kultur, deren Megalithgräber und Keramik sehr gut erforscht sind.

Fund unter der Erde: Beeindruckender Kellerbau verblüfft die Archäologen

Die Radiokohlenstoffdatierung der an der Fundstelle entnommenen Proben zeigt eine komplexe Zeitlinie der Aktivitäten. Der mit Steinen gepflasterte Keller wurde zwischen 3080 und 2780 v. Chr., also in der Mitte des Neolithikums, errichtet. Die umliegenden Häuser, die durch ein Netz von Pfostenlöchern gestützt werden, scheinen in zwei Phasen errichtet worden zu sein, wobei die zweite Phase kurz auf die erste folgte.

Der Keller, der etwa 2 mal 1,5 Meter groß ist, lag etwa 40 Zentimeter unter dem Boden und die Wände bestanden in einigen Bereichen aus größeren Steinen. Seine trapezförmige Form und der mit Steinen gepflasterte Boden fielen den Archäologen sofort auf.

In diesem Gebiet wurde noch nie eine neolithische Struktur dieser Art gefunden. Mit Steinen gepflasterte Strukturen aus dieser Zeit werden typischerweise mit Bestattungen oder rituellen Stätten in Verbindung gebracht, nicht mit Wohnräumen. Die Verbindung des Kellers mit einer Behausung lässt auf eine funktionale Nutzung schließen, wahrscheinlich als Lagerraum, und er ist eines der frühesten Beispiele für eine bewusst angelegte unterirdische Anlage in Nordeuropa.

Die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass der Keller für die Aufbewahrung von Lebensmitteln genutzt wurde. In einer Zeit vor der Kühlung hätten unterirdische Räume eine kühle, stabile Umgebung für die Lagerung verderblicher Waren wie Getreide, Fleisch oder Milchprodukte geboten. 

Railway work in Denmark reveals sophisticated Stone Age cellar
(a) Rekonstruktionszeichnung des Hauses. (b) Übersichtsfoto der Kelleranlage (von Osten gesehen, etwa in der gleichen Ausrichtung wie die Rekonstruktionszeichnung). (c) Detailfoto der Kellerwand, markiert durch rote Linien, von Westen gesehen. © Museum Lolland-Falster | Radiocarbon (2024). DOI: 10.1017/RDC.2024.79.

In Dänemark: Forscher legen 189 Funde frei

Auf dem Gelände wurden insgesamt 189 Funde erfasst, darunter 141 Pfostenlöcher und 21 Gruben. Die Anordnung der Häuser beziehungsweise Pfostenlöcher lassen zwei unterschiedliche Rückschlüsse zu. Einerseits könnte der rund 30 Meter lange Zaun, der den natürlichen Konturen der Landschaft folgt, als Abgrenzung einer Siedlung oder andererseits zur Einzäunung des Viehs gedient haben.

Der Grundriss der Siedlung mit ihren Häusern, Kellern und Zäunen liefert wertvolle Hinweise auf die Organisation der neolithischen Gesellschaft. Sie deutet darauf hin, dass die Menschen der Trichterbecherkultur in relativ großen, organisierten Gemeinschaften lebten, mit klar definierten Grenzen und gemeinsamen Ressourcen.

Die Erkenntnisse der Ausgrabungen in Dänemark wurden in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Radiocarbon“ veröffentlicht.

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