Essen. Geheimnisvolle Dokumente beschreiben die Praktiken der Samurai-Enthauptungen in der Edo-Zeit. Nun wurden die Schriften übersetzt.

Die Samurai prägten als feudale Kriegerkaste das vorindustrielle Japan. Ihre Kampfkunst, aber auch ihre Rituale sind mit zahlreichen Mythen belegt. Vier neue Texte, die von Eric Shahan ins Englische übersetzt wurden, beschreiben ausführlich die korrekte Ausführung von Seppuku. Dieser rituelle Tod kann je nach Stand und Schwere des Verbrechens in unterschiedlicher Weise ausgeführt werden.

Dank dieser neuen Beschreibungen erhalten Forscher bisher unbekannte Einblicke zur Durchführung der Zeremonie. Diese musste demnach unbedingt korrekt vorgenommen werden, um nicht selbst in Schande zu geraten.

Enthauptung: Forscher lösen Rätsel um rituellen Tod der Samurai

Mit dem Tod eines Herrn, dem Begehen eines Verbrechens oder beim Erleben von Schande war es den Samurai vorbehalten, Seppuku zu begehen. Dieser außergewöhnliche Tod wurde auf eine bestimmte Art und Weise herbeigeführt.

„Sie schnitten quer über den Bauch, von links nach rechts, zogen das Messer heraus, positionierten es über dem Solarplexus und schnitten dann gerade nach unten, um eine Kreuzform zu bilden, bevor sie das Messer entfernten und es auf das rechte Knie legten“ beschreibt Shahan das einstige Ritual, dessen Können sich im Laufe der Jahrhunderte allerdings verlor.

Um eine korrekte Durchführung aller Rituale zu gewährleisten, wurden die Zeremonien von Samurai in Schriften festgehalten. Diese vier Niederschriften wurden von Eric Shahan übersetzt und im Buch „Kaishaku: The Role of the Second“ veröffentlicht.

Zeremonieller Tod: Falsche Durchführung bedeutete Schande

Zentraler Inhalt der Schriften ist die Anleitung für den „Kaishaku“, jene Person, die mit der Enthauptung beauftragt wurde. In den Texten werden die unterschiedlichen Zeremonien beschrieben, die sich je nach Rang des Samurai unterscheiden. Die korrekte Durchführung war von großer Bedeutung, da ein Fehler große Schande nach sich ziehen konnte.

„Es ist von entscheidender Bedeutung, dass man es nicht versäumt, zuerst die Augen und dann die Füße der Person zu beachten, die Seppuku begeht“, heißt es in einem der Texte mit dem Titel „Geheime Traditionen des Seppuku“, die 1840 von einem Samurai namens Kudo Yukihiro verfasst wurden. „Wenn du dies nicht tust, weil du eine persönliche Beziehung zu dem Verurteilten hast, ist das ein Beweis dafür, dass du deine kämpferische Haltung verloren hast und ewige Schande über dich bringst.“

Dabei wurden dem Verurteilten Sake (Reiswein) und ein Messer auf einem Teller gereicht. Obwohl dieser mit dem Messer wie eingangs beschrieben den Tod selbst herbeiführen konnte, wurde dieser stattdessen vom „Kaishaku“ enthauptet. Als Grund nennt Shahan, dass die Samurai in der Edo-Periode nicht über das Können verfügten, sich mithilfe des Messers korrekt selbst zu töten.

Hinrichtung: Rang der Samurai bestimmt die Zeremonie

Ein Samurai von hohem Rang sowie ein Samurai, der sich nach dem Tod seines Herrn das Leben nahm, wurden laut der Übersetzungen bei der Zeremonie deutlich besser behandelt.

Dies gilt auch für den Umgang nach dem Tod. In dem von Yukihiro verfassten Text wird beschrieben, dass zumindest bei hochrangigen Hinrichtungen das Haar des enthaupteten Kopfes anschließend parfümiert und in ein weißes, quadratisches Tuch gewickelt werden sollte, bevor es in eine Kiste gelegt wurde. Die Köpfe niederer Samurai wurden zunächst gefesselt, anschließend der Kopf abgeschlagen und die Überreste in ein Loch geworfen.

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Ziel der gefundenen und übersetzten Texte war der Wissenserhalt für kommende Generationen der Samurai. Der älteste der vier übersetzten Texte mit dem Titel „Die inneren Geheimnisse des Seppuku“ stammt aus dem 17. Jahrhundert. „Dieses Dokument enthält geheime Lehren, die traditionell nur mündlich gelehrt werden, doch wurden sie hier aufgezeichnet, damit diese Lektionen nicht in Vergessenheit geraten und die Samurai darauf vorbereitet werden können“, schrieb Mizushima Yukinari, ein Samurai, der zwischen 1607 und 1697 lebte.

Anmerkung der Redaktion: Aufgrund der hohen Nachahmerquote berichten wir in der Regel nicht über Suizide oder Suizidversuche, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Wenn Sie selbst unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Selbstmordgedanken leiden oder Sie jemanden kennen, der daran leidet, können Sie sich bei der Telefonseelsorge helfen lassen. Sie erreichen sie telefonisch unter 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt.

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