Berlin. Eine mysteriöse Orca-Gruppe beschäftigt südamerikanische Forscher. Videoaufnahmen geben Aufschluss über ihr besonderes Sozialverhalten.
Orcas, auch als Schwertwale bekannt, gehören zu den komplexesten und anpassungsfähigsten Raubtieren der Welt. Obwohl es nur eine Art von Orcas gibt, unterscheiden sich verschiedene Gruppen, sogenannte Ökotypen, deutlich voneinander. Diese Gruppen haben einzigartige Jagdstrategien, bevorzugen unterschiedliche Beutetiere und entwickeln sogar eigene soziale Strukturen. Weltweit gibt es insgesamt zehn Ökotypen – fünf in der nördlichen und fünf in der südlichen Hemisphäre.
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Die Orcas, die im Humboldtstrom vor der Küste Südamerikas leben, gehören bisher jedoch zu keiner dieser klar definierten Gruppen. Obwohl sie seit Jahren beobachtet werden, bleibt ihr Ökotyp ein Rätsel. Neue Aufnahmen, die im Jahr 2023 in den Küstengewässern Chiles entstanden, liefern nun Hinweise auf ihre Zugehörigkeit, werfen aber gleichzeitig neue Fragen auf.
Orcas: Die unbekannten Jäger des Humboldtstroms
So filmten Forscher im Mai 2023 in der Nähe der chilenischen Küste eine bemerkenswerte Szene: Ein großer Orca griff einen Schwarzdelfin an, schleuderte ihn in die Luft und tötete ihn. Seine Beute verspeiste der Orca jedoch nicht alleine, sondern teilte sie mit seiner Gruppe. Es ist das erste Mal, dass dieses Verhalten mit Schwarzdelfinen als Beute dokumentiert wurde. Diese und weitere Aufnahmen aus zehn Jahren Orca-Beobachtung haben Forscher nun ausgewertet. Daraus resultiert eine Studie, geleitet von Ana Maria García Cegarra, Assistenzprofessorin am Alexander-von-Humboldt-Institut für Naturwissenschaften in Chile, die neue Rückschlüsse über das Sozialverhalten der Humboldt-Orcas gibt.
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Die Humboldt-Orcas leben demnach in kleinen Familiengruppen, sogenannten Pods, die von einem weiblichen Leittier angeführt werden. Sie jagen Schwarzdelfine und bilden kleine Gruppen, was auf Ähnlichkeiten mit dem Typ-A-Ökotyp hindeutet, obwohl auch physische Unterschiede festzustellen sind. Auch Lederschildkröten, Humboldt-Pinguine und südamerikanische Pelzrobben stehen auf ihrer Speisekarte. Außerdem deuten Spuren auf der Rückenflosse eines Finnwals darauf hin, dass sie auch größere Wale angreifen könnten, ähnlich wie es bei anderen südlichen Orca-Gruppen der Fall ist.
Ein faszinierender, aber ungewisser Ökotyp
Eine zentrale Forschungsfrage bleibt, ob die Humboldt-Orcas einem bekannten Ökotyp zuzuordnen sind. Typ-A-Orcas jagen ebenfalls Schwarzdelfine, doch Unterschiede wie kleinere Augenflecken der Humboldt-Orcas machen eine genaue Zuordnung schwierig. Bisher fehlen genetische Analysen. „Wir lernen immer noch, wie vielfältig die Killerwalpopulationen sind“, so Studienleiterin Ana Maria García Cegarra gegenüber CNN.
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„Je mehr wir über Wale erfahren, desto besser sind wir in der Lage, die Meere, in denen sie leben, zu schützen“, gibt jedoch Sarah Teman, Doktorandin an der School of Aquatic and Fishery Sciences der University of Washington in Seattle, zu bedenken. Aktuell gelten sie auf der Roten Liste der IUCN als „datenarm“, was das Fehlen spezifischer Schutzstrategien erklärt.
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Im Humboldtstrom, benannt nach dem Naturforscher Alexander von Humboldt, fühlen sich nicht nur die Orcas heimisch. Die kalte Meeresströmung, die von der Antarktis entlang Südamerikas Westküste nach Norden fließt, ist einer der nährstoffreichsten Meeresströme der Welt. Viele Meeressäuger und Fischarten fühlen sich in den kalten und planktonreichen Gewässern wohl.