Rom. Für Italien-Urlauber kann es teuer werden, wenn sie ihre Strandliegen mit Handtüchern reservieren. Es werden drastische Strafen verhängt.
Der Kampf um die beste Position an den Stränden Italiens wütet in diesem Sommer mit Rekordtemperaturen so unerbittlich wie noch nie. Viele Urlauber versuchen auch deshalb, die Plätze nah am Wasser für sich zu reservieren und stellen schon im Morgengrauen oder sogar am Vorabend ihre Sonnenschirme auf. Oder sie legen Badetücher an ihr bevorzugtes Plätzchen, stellen ihre Liegestühle daneben und platzieren das Spielzeug der Kinder rundherum.
Ein Treiben, das inzwischen so stark verbreitet ist, dass die Behörden jetzt streng durchgreifen müssen. Die Küstenwache der Hafenstadt Civitavecchia nördlich von Rom musste am Freitag Teile freier Strände in der renommierten Badeortschaft Tarquinia von Liegestühlen, Luftmatratzen und Sonnenschirmen befreien, die schon nachts von Urlaubern dort platziert wurden. Manches Teil werde sogar mit Vorhängeschloss an den Sonnenschirm gekettet. Die Utensilien wurden kurzerhand konfisziert.
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Ähnliche Maßnahme wurden an Stränden in der Toskana und in Süditalien ergriffen. „Wir haben unsere Kontrollen zum Schutz des Rechts der Bürgerinnen und Bürger auf freie Nutzung der Strände verschärft. Wir werden die Kontrollen auch in den nächsten Tagen fortsetzen“, erklärt der zweite Kommandant der Hafenbehörde von Civitavecchia, Kapitän Angelo Capuzzimato.
Deshalb durchkämmen Sicherheitskräfte die Strände und verderben vielen Urlaubern den Tag. Wer den Strand mit Gegenständen besetzt, ohne anwesend zu sein, riskiert eine Strafe von bis zu 1000 Euro. Diese „Platzmarkierung“ auf freien Stränden ist illegal, warnt Capuzzimato.
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Italiens Strände: Dauer-Zoff bringt Strandbad-Besitzer auf die Palme
In Italien sind längst nicht alle Strände frei. Per Gesetz muss zwar jede Ortschaft mindestens einen bestimmten Prozentanteil ihres Strandes kostenlos für jedermann zugänglich machen. Ist dieser Prozentanteil aber erreicht, darf der Rest von Strandbadbetreibern verwaltet werden, die Konzessionen für bestimmte Strandabschnitte halten. Etwa 1050 der rund 3500 Kilometer Strand belegen sie.
Kurz vor „Ferragosto“, dem Höhepunkt der Sommersaison in Italien am 15. August, herrscht Unmut in den Strandbädern. Die Betreiber der „Stabilimenti balneari“, wie die Strandbäder in Italien heißen, protestieren gegen die ungelöste Frage der Konzessionen. Sie beklagen die „paradoxe Situation“, in der sie sich befinden und kritisieren die „Trägheit der Politik“.
Küsten und Strände sind in Italien in der Regel in staatlichem Besitz, die Gemeinden vergeben derzeit 12.166 Strandbad-Konzessionen. Das Problem: Die Konzessionen werden ohne die in der EU verlangte ordentliche Ausschreibung zugeteilt – sie werden routinemäßig und oft ohne Preisanpassung verlängert, mitunter werden die Konzessionen wie Familienbesitz einfach weitervererbt. Die Betreiber von Strandbädern wehren sich schon seit 18 Jahren erfolgreich gegen eine EU-Richtlinie, die seit 2006 eine europaweite Ausschreibung der Lizenzen vorschreibt.
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In Italien blieben einige Strandbäder am Freitag in der Früh geschlossen. Mitten in der Hauptsaison traten die Pächterinnen und Pächter vieler Strandbäder erstmals in den Streik. Mit ihrem „Sonnenschirm-Protest“ machen die mächtigen Pächterfamilien der Privatbäder Front gegen Rom und die EU. Aus Protest gegen die ungelöste Frage der Konzessionen öffnete sie zwei Stunden später als sonst. Damit sendeten sie der Regierung um Premierministerin Giorgia Meloni ein klares Signal.
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Italiens Strandpächter haben Angst, alles zu verlieren
In einigen Regionen Italiens, darunter im norditalienischen Ligurien, lag die Streikbeteiligung bei 90 Prozent, wie die Berufsverbände mitteilten. Auf dem Strand von Fiumicino bei Rom kam es zu einem Flashmob der Pächter, die mit Lautsprechern die Badenden über ihr Anliegen informierten.
„Das Rückgrat unseres Netzes bilden traditionsreiche Strandbäder, die immer mehr für die Zufriedenheit der Kunden arbeiten. Wir haben eine Verantwortung gegenüber unseren Familien, die Gefahr laufen, alles zu verlieren, was sie sich in jahrelanger Arbeit aufgebaut haben“, so der Sprecher des Verbands der Pächter Fipe Confcommercio Antonio Capacchione.
Der Staat profitiert kaum von den Badeanlagen. Die Konzessionen bringen Italien etwas über 100 Millionen Euro im Jahr ein, ein Pappenstiel verglichen mit dem auf zwei Milliarden Euro geschätzten Umsatz, den die Anlagen erzielen.
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Eine Regelung für die Neuordnung des Systems der Lizenzen für die italienischen Badeanstalten soll vom Ministerrat erst nach der Sommerpause verabschiedet werden. Meloni bangt um ihr Wählerreservoir, denn die meisten Pächter wählen rechts, erklären Beobachter in Rom.
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