Berlin. Fischöl enthält Nährstoffe, die Alzheimer verzögern sollen: Das gilt allerdings nur für eine bestimmte Gruppe, wie eine Studie zeigt.

Omega-3-Fettsäuren, die in Fischöl enthalten sind, werden wahre Wunderdinge nachgesagt: Sie sollen das Gehirn stärken, Gelenkschmerzen lindern, die Augengesundheit verbessern und sogar vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Die vorbeugende Wirkung dieses Nahrungsergänzungsmittels ist gut erforscht.

Ein Forscherteam der Oregon Health & Science University (OHSU) hat nun die heilende Wirkung von Omega-3-Fettsäuren bei älteren Menschen mit beginnenden neurologischen Schäden im Gehirn untersucht. Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass eine bestimmte Untergruppe von Alzheimer-Risikopatienten von Fischöl-Supplementen profitieren könnte.

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Alzheimer: Eine bislang unheilbare Krankheit

Die Alzheimer-Krankheit ist eine neurodegenerative Erkrankung, bei der Nervenzellen, insbesondere in der weißen Substanz des Gehirns, absterben. Dies führt laut der Bundesärztekammer zu erheblichen Einschränkungen des Gedächtnisses, der Sprache, des Denkens und anderer kognitiver Fähigkeiten. Trotz intensiver Forschung ist die Alzheimer-Krankheit bislang nicht heilbar und bleibt daher ein zentrales Thema der wissenschaftlichen Forschung.

Eine aktuelle Studie unter der Leitung von Lynne Shinto, Professorin für Neurologie an der OHSU School of Medicine, untersuchte 102 Personen im Alter zwischen 75 und 95 Jahren, die bereits Läsionen in der weißen Substanz des Gehirns aufwiesen. Das Besondere an dieser Untersuchung: Sie schloss nicht nur Personen mit hohem Demenzrisiko ein, sondern auch solche mit niedrigem Omega-3-Blutspiegel, die für die Ernährungsintervention besonders geeignet waren.

Die Teilnehmenden wurden zu Beginn der Studie und nach drei Jahren im Kernspintomographen untersucht, um Schädigungen der weißen Hirnsubstanz zu messen. Während dieser Zeit nahm die Hälfte der Teilnehmenden täglich drei Kapseln Omega-3-angereichertes Fischöl ein, die andere Hälfte erhielt Sojaöl-Kapseln als Placebo.

Studie zeigt: Fischöl hilft gegen Demenz – aber nur bei einer bestimmten Gruppe

Die Ergebnisse, die in der Fachzeitschrift „JAMA Network“ veröffentlicht wurden, zeigten keinen signifikanten Unterschied zwischen der Placebo- und der Fischöl-Gruppe. Es gab jedoch eine bemerkenswerte Ausnahme: Bei Personen mit dem APOE4-Gen – einer genetischen Veranlagung für Alzheimer – führte die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren zu einer signifikanten Verringerung der Häufigkeit des Auftretens von Schäden.

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Fischöl-Supplemente das Fortschreiten der Demenz zwar nicht generell verhindern oder verlangsamen können, dass aber bestimmte Risikogruppen, wie etwa Menschen mit dem APOE4-Gen, davon profitieren könnten. „Ich glaube nicht, dass es schädlich ist, aber ich würde nicht sagen, dass man Fischöl einnehmen muss, um Demenz vorzubeugen“, sagt auch Studienautorin Lynne Shinto.

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Demenzforschung: Ruf nach weiteren Studien

Neu sind die Erkenntnisse der Studie nicht. Vielmehr bestätigen sie die Ergebnisse einer früheren Studie des Fatty Acid Research Institute in South Dakota aus dem Jahr 2002. Darin wurden 1490 Personen ohne Demenz im Alter von 65 Jahren und älter Blut abgenommen und auf den Omega-3-Gehalt untersucht. Die Forscher fanden heraus, dass bestimmte Omega-3-Fettsäuren – die Docosahexaensäure (DHA) – das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, um 49 Prozent senken. Ein konstant hoher DHA-Spiegel erhöht der Studie zufolge zudem die Lebenserwartung ohne Alzheimer um 4,7 Jahre.

Laut Gene Bowman, Neurologe an der OHSU, ist weitere Forschung nötig: „Die Tatsache, dass der Abbau der neuronalen Integrität bei Personen mit hohem Alzheimer-Risiko, die nach dem Zufallsprinzip mit Omega-3 behandelt wurden, verlangsamt wurde, ist bemerkenswert und rechtfertigt eine größere klinische Studie in einer breiteren Bevölkerungsgruppe“.

Die Forscher um Shinto fordern nun größere klinische Studien, um den Zusammenhang zwischen APOE4-Trägern, dem Fortschreiten von Demenz und Omega-3-Fettsäuren weiter zu untersuchen. Solche Studien könnten zu einem besseren Verständnis des Einflusses von Fischöl auf das Demenzrisiko und die Gesundheit der weißen Hirnsubstanz führen.

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