San Francisco. Die Diagnose einer Alzheimer-Erkrankung ist kompliziert und teuer. Demenzspezialisten sind voller Hoffnung, dass sich das bald ändert.

Im Kampf gegen Alzheimer haben Wissenschaftler den nächsten großen Schritt gemacht. In Zukunft könnte ein einfacher Bluttest ausreichen, um eine Erkrankung zu einem frühen Zeitpunkt zu erkennen. Bei Alzheimer handelt es sich um die häufigste und extremste Form einer Demenz.

Laut einer Studie aus Schweden, die am Sonntag veröffentlicht und auf einer Konferenz in den USA vorstellt wurde, zeigte ein kombinierter Bluttest bei Patienten mit Gedächtnisstörungen in 90 Prozent der Fälle korrekt an, ob eine Alzheimererkrankung vorlag. Demenzspezialisten, die die Patienten mit Standardverfahren untersuchten, kamen nur auf eine Trefferquote von 73 Prozent, während Hausärzte bei Anwendung dieser Methoden nur in 61 Prozent der Fälle richtig lagen.

Demenz: Alzheimer-Test zielt auf Biomarker ab

Die Ärzte trafen ihre Diagnosen basierend auf kognitiven Tests und Computertomographien. Teure und aufwendige PET-Scans (Positronen-Emissions-Tomografie), ein nuklearmedizinisches Verfahren, das Stoffwechselvorgänge im Körper sichtbar macht, kamen dabei nicht zum Einsatz.

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Der angewandte Bluttest nutzte zwei verschiedene Biomarker. Zum einen konzentriert er sich auf eine Form des Proteins Tau, das weiterentwickelt zu Veränderungen im Gehirn einer Person führt, die an Alzheimer erkrankt ist. Das Messen dieses Biomarkers, genannt pTau-217, erwies sich als am vielversprechendsten. Gleichzeitig untersuchte der Bluttest zudem den Biomarker Amyloid. Amyloid führt zu Plaques im Gehirn.

Experten zu Alzheimer-Studie: „Eine Revolution“

Hirn-Doc Prof. Dr. Kathrin Reetz, Präsidentin der Deutschen Hirnstiftung und geschäftsführende Oberärztin für Neurologie an der Uniklinik RWTH Aachen, hatte sich bereits im April zuversichtlich gezeigt, dass entsprechende Tests bald Eingang in den klinischen Alltag finden. Die Tests seien ähnlich zuverlässig wie eine Lumbalpunktion oder ein PET-Scan, erklärte sie gegenüber unserer Redaktion.

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Ähnlich zuversichtlich zeigen sich nun auch andere Experten, die nicht direkt an der Studie beteiligt waren. „Noch vor nicht allzu langer Zeit galt es als unmöglich, Pathologien im Gehirn eines lebenden Menschen zu messen“, sagte Dr. Jason Karlawish, Co-Direktor des Penn Gedächtniszentraums an der Universität von Pennsylvania der „New York Times“ zufolge. Die Studie würde zur Revolution beitragen, „die es uns ermöglicht, das Geschehen im Gehirn lebender Menschen zu messen.“

Alzheimer: Für wen der Bluttest in Frage käme

Experten und die Autoren der Studie wiesen darauf hin, dass nach ethischen Grundsätzen solch ein Bluttest nur bei Menschen durchgeführt werden düfte, die bereits über Symptome wie Gedächtnisverlust oder kognitive Einschränkungen klagen, da diese dann auch medikamentös behandelt werden könnten. „Wenn man Alzheimer-Pathologie bei einer Person ohne kognitive Beeinträchtigung feststellen würde, gibt es keine Therapien, die angeboten werden könnten“, erklärte Dr. Oskar Hansson, Professor für klinische Gedächtnisforschung an der Universität Lund in Schweden und Mitautor der Studie.

So sei Alzheimer in der Regel schon pathologisch nachweisbar, lange bevor überhaupt Symptome auftauchen. Dazwischen könnten 20 Jahre liegen. Ein positives Testergebnis könnte entsprechend das „Risiko für Angst und andere psychologische Reaktionen“ erhöhen, so Hansson. Ändern würde sich diese Empfehlung, wenn Medikamente gefunden werden, die die pathologische Entwicklung einer Alzheimer-Erkrankung verlangsamern oder gar aufhalten könnten.

Bluttest schon im Vorstadium der Demenz mit hoher Trefferquote

Zudem wiesen die Autoren der Studie darauf hin, dass bei einem positiven Bluttest weiterhin ein PET-Scan oder Lumbalfunktion durchgeführt werden sollte, um das Ergebnis zu bestätigen. Diese würden nach wie vor den Goldstandard bei der Diagnose von Alzheimer darstellen.

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Für die Studie waren 1200 Menschen mit leichten Gedächtnisproblemen untersucht worden. Die Genauigkeit des Bluttests war bei Patienten, die bereits an Demenz litten, am höchsten und etwas niedriger bei Patienten im Vorstadium der Demenz, der sogenannten leichten kognitiven Beeinträchtigung. In der frühesten Phase, der sogenannten subjektiven kognitiven Beeinträchtigung, wenn Patienten beginnen, ihr Gedächtnisversagen wahrzunehmen, war er nicht sehr genau. Hansson führt das darauf zurück, dass viele Menschen mit subjektiver kognitiver Beeinträchtigung schlicht nicht an Alzheimer erkranken.

Formen von Demenzerkrankungen

Alzheimer-KrankheitDie Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form von Demenz und betrifft vor allem ältere Menschen. Sie tritt allmählich auf und beeinträchtigt Gedächtnis, Denken und Verhalten.
Vaskuläre DemenzDie vaskuläre Demenz entsteht durch eine Schädigung der Blutgefäße im Gehirn, beispielsweise durch Schlaganfälle oder Durchblutungsstörungen. Die Symptome können je nach betroffenem Bereich des Gehirns variieren.
Lewy-Körper-DemenzBei der Lewy-Körper-Demenz sammeln sich sogenannte Lewy-Körper im Gehirn an, die zu Störungen in der Informationsverarbeitung führen. Die Symptome ähneln oft denen der Parkinson-Krankheit.
Frontotemporale DemenzDie frontotemporale Demenz betrifft vor allem die Bereiche des Gehirns, die für Verhalten, Persönlichkeit und Sprache zuständig sind. Die Symptome können je nach betroffenem Bereich sehr unterschiedlich sein.
Gemischte DemenzBei der gemischten Demenz treten mehrere Formen von Demenz gleichzeitig auf, beispielsweise Alzheimer-Krankheit und vaskuläre Demenz.