Berlin. Bis zu 660 Meter tief sind die riesigen Sinkhöhlen in den Wäldern Chinas. In ihnen wachsen uralte Wälder mit besonderen Eigenschaften.
Hätte es noch irgendwo Dinosaurier gegeben, dann würden sie wohl in Chinas Sinkhöhlen leben. Die gigantischen Löcher bergen eine Wunderwelt an einzigartigen Pflanzen. Der chinesische Begriff „Tiankeng“, „himmlisches Loch“, beschreibt die über Millionen Jahre entstandenen geologischen Wunder, die mehrere Hundert Meter tief sein können. Chinesische Biologen haben die Pflanzen am Boden dieser Naturphänomene untersucht – mit faszinierenden Ergebnissen.
Obwohl sie am Boden der Höhlen wenig Sonnenlicht abbekommen, sind sie voller Nährstoffe. Das lasse sie überraschenderweise sogar schneller wachsen als die Pflanzen an der Oberfläche, heißt es in der im Fachjournal „Chinese Journal of Plant Ecology“ veröffentlichten Studie. Die Forscher untersuchten insgesamt 64 Pflanzenarten in den Sinklöchern der Region Guangxi, die für ihre Karst-Landschaften bekannt ist. Karst-Landschaften sind unterirdische und oberirdische Kalksteinformationen, die sich über den Südwesten Chinas erstrecken.
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Forscher vermuten unentdeckte Arten in den Sinkhöhlen
Auf dem Grund der Sinkhöhlen wachsen uralte Wälder, in denen die Forscher immer noch unentdeckte Pflanzenarten vermuten. Die untersuchten Lorbeeren, Nesseln und Farne leben hier von riesigen Vorkommen an Stickstoff, Phosphor, Kalium, Kalcium und Magnesium, an denen es Pflanzen in anderen Gegenden oftmals mangelt. Mit dem Überangebot an Nährstoffen in den Sinkhöhlen wachsen die Pflanzen höher, wodurch sie wiederum mehr von dem knappen Sonnenlicht einfangen können.
„Pflanzen können sich an widrige Umweltbedingungen anpassen, indem sie ihren Nährstoffgehalt anpassen“, zitiert „Live Science“ aus der Studie. Aufgrund der hohen Klippen und des steilen Geländes der „Tiankengs“ wurden die Pflanzen außerdem durch wenig menschliche Aktivitäten gestört“, heißt es weiter.
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Biologen: „Tiankengs“ bergen Pflanzen aus der Dinosaurierzeit
Die Forscher führten ihre Studie in den Sinkhöhlen der sogenannten „Dashiwei Tiankeng“-Gruppe durch. Auf 20 Quadratkilometern konzentrieren sich hier 29 „Tiankengs“. Das größte und tiefste „Tiankeng“ wurde erst 1994 von der Außenwelt entdeckt. Es ist 660 Meter tief und fasst 130 Millionen Kubikmeter. Bislang wurden insgesamt rund 300 der Sinkhöhlen dokumentiert.
„Die Szene war atemberaubend: ein unterirdischer Wald mit einer Pflanzengruppe aus der Zeit der Dinosaurier“, beschreibt der Biologe Tang Jianmin in einem Beitrag für den „UNESCO-Courier“ eine Expedition in ein „Tiankeng“. Demnach entstehen „Tiankengs“, wenn das Dach einer unterirdischen Kammer sich vergrößert und einstürzt. Regenwasser fließt durch die Risse im Gestein und verwandelt sie in Tunnel und Hohlräume.
Karst-Tiankengs sind relativ geschlossene Umgebungen mit hoher Luftfeuchtigkeit, niedriger Temperatur und einer hohen Konzentration negativer Sauerstoffionen. Der Boden ist mit dem unterirdischen Wasserfluss verbunden, was das ganze Jahr über eine üppig grüne Oase nährt. Dort bilden sich primitive Ökosysteme mit einzigartigen tierischen, pflanzlichen und mikrobiellen Ressourcen.