Berlin/Jerusalem. Überraschung in Jerusalem: Archäologen haben in der Grabeskirche einen fast 900 Jahre alten Altar entdeckt – der bisher als zerstört galt.

Es ist eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte des Christentums: Die Kreuzzüge brachten Tod und Zerstörung in den Nahen Osten und vor allem nach Jerusalem. Gleichzeitig entstanden aber auch Kunstwerke von unschätzbarem Wert. Eines davon – ein lange verschollener, fast 900 Jahre alter Altar – wurde nun in der Grabeskirche in Jerusalem wiederentdeckt. Das berichtet die Österreichische Akademie der Wissenschaften, die an dem Fund beteiligt war, auf ihrer Webseite.

Seinen Ursprung hat der Altar im Jahr 1149. Damals feierten die christlichen Besatzer in Jerusalem die Eroberung der Stadt, die genau 50 Jahre zurücklag. Das glanzvolle Jubiläum sollte das Königreich Jerusalem stärken; symbolisch wurde ein neuer Altar in der in den vorangegangenen Jahren erbauten Grabeskirche, bis heute eines der wichtigsten Heiligtümer der Christenheit, eingeweiht.

Galt 200 Jahre als zerstört: Archäologen finden verschollenen Kreuzritter-Altar

„Wir kennen aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert Pilgerberichte über einen prächtigen Marmoraltar in Jerusalem“, berichtet Ilya Berkovich, Historiker am Institut für die Erforschung der Habsburgermonarchie und des Balkanraumes der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und Co-Autor einer Studie über den Fund. Wiewohl der Altar offenbar einen bleibenden Eindruck bei den Gläubigen hinterließ – im 19. Jahrhundert verschwand er plötzlich. Damals sei es im romanischen Teil der Grabeskirche zu einem Brand gekommen, so Berkovich. „Seitdem war der Kreuzritter-Altar nicht mehr da – zumindest dachte man das die längste Zeit.“

Dass dies falsch war, zeigte sich nun, als Archäologen bei Arbeiten in der Kirche in der Altstadt Jerusalems, die seit dem Sechstagekrieg 1967 von Israel verwaltet wird, die überraschende Entdeckung machten. Bei ihrer Arbeit drehten sie eine unscheinbare, mehrere Tonnen schwere Steinplatte um, die seit unbestimmter Zeit in der Kirche lehnte. Ihre Vorderseite hatten Touristen mit Graffitis beschmiert – doch auf der Rückseite offenbarte sich die Sensation: Der Stein war mit Schleifornamenten verziert und wurde schnell als die einst prachtvolle Front des mittelalterlichen Kreuzritter-Altars identifiziert.

Verschollener Altar Grabeskirche Israel Jerusalem
Bei Renovierungsarbeiten wurde die Platte mit einem Kran angehoben. Dabei zeigten sich die kunstvollen Verzierungen, die den Kreuzritter-Altar einst schmückten. © Israel Antiquities Authority | Shai Halevi

Kreuzritter-Altar in Israel entdeckt – „heiligste Kirche der Christenheit“

Erstaunlich ist, dass die Platte so lange nicht entdeckt wurde. Schließlich wird die Grabeskirche seit langem von Archäologen untersucht, gilt als gut erforscht. Hinzu kommt, dass der Stein nicht versteckt, sondern gut sichtbar platziert war. „Dass ausgerechnet an dieser Stelle etwas so Bedeutendes so lange unerkannt herumliegen konnte, kam für alle Beteiligten völlig unerwartet“, bestätigt Berkovich.

Besonders macht den Fund zudem die Tatsache, dass der Stein mit einer speziellen Technik für Marmordekorationen, dem sogenannten Kosmatesk, verziert wurde. Das genaue, dafür nötige Vorgehen war nur einigen Meistern in Rom bekannt. Und so gibt es bis heute kaum mit Kosmatesk verzierte Werke außerhalb Roms – neben dem Fund in Israel nur ein zweites außerhalb Italiens. Geschaffen wurden die Verzierungen nur mit Zutun des Papstes, der so den vermeintlichen Anspruch der Christenheit auf Jerusalem untermauerte. „Der Papst würdigte damit die heiligste Kirche der Christenheit“, hält Berkovich fest.

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