Berlin. Paläontologen entdecken in Südamerika die ältesten Trauben-Fossilien der westlichen Hemisphäre – und ihre faszinierende Geschichte.

Die Menschheit genießt bereits seit Jahrtausenden die berauschende Wirkung vergorener Trauben. Wein ist Kulturgut, viele Regionen rühmen sich mit Weinsorten wie Riesling, Pinot Noir und Chardonnay. Doch ohne ein katastrophales Ereignis vor 66 Millionen Jahren säßen wir heute wohl auf dem Trockenen, zumindest was den Traubensaft angeht. Zu verdanken haben wir ihn ausgerechnet dem Aussterben der Dinosaurier.

In einer neuen im Fachjournal „Nature Plants“ erschienenen Studie beschreiben Paläontologen Fossilien-Funde von 60 bis 19 Millionen Jahre alter Trauben. Unter den Ur-Trauben aus Kolumbien, Panama und Peru befindet sich auch das älteste jemals in der westlichen Hemisphäre gefundene Fossil einer Traubenart. Die Fossilien geben einen wichtigen Hinweis darauf, wie sich die Trauben nach dem Tod der Dinosaurier in der Welt verbreiteten.

Trauben-Evolution: Meteorit löschte Dinosaurier aus und veränderte Pflanzenwelt

„Das sind die ältesten Trauben, die jemals in diesem Teil der Welt gefunden wurden“, sagte Fabiany Herrera, Hauptautor der Studie, in einem Statement. Die Trauben seien dabei nur ein paar Millionen Jahre jünger als das älteste Exemplar der östlichen Hemisphäre. „Diese Entdeckung zeigt, dass nach dem Aussterben der Dinosaurier die Trauben sich wirklich über die ganze Welt ausbreiteten.“

Als vor 66 Millionen Jahren ein gewaltiger Meteorit in der Erde aufschlug und ein Massensterben auslöste, änderte sich auch die Entwicklungsrichtung der Pflanzenwelt. „Wir denken immer an Tiere wie die Dinosaurier, weil sie die größten betroffenen Wesen waren“, sagte Herrera. „Aber das Aussterbeereignis hatte auch riesige Auswirkungen auf Pflanzen. Der Wald veränderte sich auf eine Art und Weise, die auch die Zusammensetzung der Pflanzen veränderte.“

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Die winzigen Fossilien der Ur-Trauben sind auch deshalb besonders, weil Fossilien der Frucht so selten sind. Oft werden nur die Samen von Früchten versteinert.
Die winzigen Fossilien der Ur-Trauben sind auch deshalb besonders, weil Fossilien der Frucht so selten sind. Oft werden nur die Samen von Früchten versteinert. © Fabiany Herrera / Pollyanna von Knorring

Dinosaurier rissen kleinere Bäume aus und verhinderten Gestrüpp wie Weintrauben

Weil Dinosaurier ihre Umwelt wie Wälder beeinträchtigten, veränderten sich mit ihrem Verschwinden auch die Ökosysteme. „Wir glauben, dass wenn große Dinosaurier durch die Wälder streiften, sie wahrscheinlich Bäume umwarfen und dadurch den Wald offener als heute gestalteten“, sagte Paläontologin und Co-Autorin Mónica Carvalho im Statement. Doch ohne die stampfenden Dinosaurier konnte sich bald zwischen den großen Bäumen mehr Gestrüpp breit machen. In tropischen Wälder wie in Südamerika bildete sich eine Unterholz-Schicht heraus.

Diesen neuen Spielraum nutzten auch Pflanzen wie die Traubenreben. Sie wuchsen an den Bäumen hoch und profitierten wahrscheinlich von dem neuen Artenreichtum in der Tierwelt. Vögel und Säugetiere trugen die Samen der Trauben weiter.

Nachdem Forscher ein 66 Millionen Jahre altes Trauben-Fossil in Indien fanden, suchten sie in Südamerika nach Beweisen für die Ausbreitung der Trauben. Und sie wurden fündig: In Kolumbien stießen die Forscher auf ein 60 Millionen Jahre altes Fossil einer Traubenart. Durch weitere Ausgrabungen in Südamerika gelang es, mehr Fossilien der Ur-Trauben auf dem Kontinent zu lokalisieren.

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