Assuan. In Ägypten finden Archäologen Grabanlagen, in denen Familien mit Kindern bestattet sind. Was den plötzlichen Tod verursacht haben könnte.
Archäologen haben in der antiken Stadt Assuan in Ägypten mehr als 30 altägyptische Gräber ausgegraben, die sich über einen ganzen Hügel in der Stadt am Nil ausdehnen. Die Bestattungen stammen aus der griechisch-römischen Zeit und geben Hinweise auf diejenigen, die einst an dem Handelshafen lebten.
Zu den Funden gehören die Mumien von vermutlich gemeinsam begrabenen Familien, Särge, Kartonagen oder ein aus recyceltem Papyri oder Stoff hergestelltem Pappmaché-Material, Amphoren oder Tongefäße, und Artefakte wie Opfertische.
„Es war ein reicher Ort, ein wichtiger Ort“, sagte Patrizia Piacentini, Ägyptologin und Archäologin an der Universität Mailand, die eine gemeinsame ägyptisch-italienische Grabung an der Stätte leitet. „Alle Menschen, die Handel zwischen Nordafrika und dem subtropischen Afrika treiben wollten, dies war der Ort [für sie] und es war ein Ort für die gesamte Geschichte des alten Ägypten“, sagte sie.
Ägyptische Gräber wurden in Fels gebaut
Archäologen erfuhren 2015 nach einer Reihe illegaler Ausgrabungen von der Grabstätte. Die ägyptische Regierung hat das Gebiet dann von Archäologen untersuchen lassen. Sie entdeckten Gräber aus der späten griechischen und römischen Zeit (etwa 332 v. Chr. bis 395 n. Chr.).
Auch interessant
Der ehemalige ägyptische Minister für Altertümer, Khaled el-Enany, wandte sich daraufhin an Piacentini, die 2019 mit einem großen Team ägyptischer und italienischer Archäologen mit der Untersuchung der Stätte begann. Die Forscher fanden auf dem Hügel in der Nähe des modernen Mausoleums von Aga Khan III. Terrassen mit antiken Gräbern, die in mehrere Ebenen geschichtet waren.
In den Gräbern wurden unter anderem antike Öllampen, die möglicherweise von Trauernden zurückgelassen wurden, gefunden. „Wir können uns vorstellen, wie spektakulär es war, als zum Beispiel während des [Trauer-]Festes all diese Gräber beleuchtet wurden“, sagte Piacentini gegenüber „Live Science“. „Diese Grabstrukturen wurden in einer vertikalen Höhe von mindestens zehn Ebenen in den Felsen gebaut und unterschieden sich von allen anderen Gräbern, die aus dieser Zeit in Ägypten gefunden wurden und die normalerweise etwa zwei bis drei Ebenen hoch waren“, sagte sie. „Ich denke, das war etwas absolut Spektakuläres“, so die Wissenschaftlerin.
Ganze Familien gemeinsam begraben
Die Gräber wurden zwischen dem sechsten Jahrhundert v. Chr. und dem zweiten oder dritten Jahrhundert n. Chr. etwa 900 Jahre lang genutzt, sagte Piacentini. Dieser Zeitraum umfasst einen großen historischen Bereich, darunter die persische Herrschaft (525 bis 404 v. Chr.), die griechische ptolemäische Dynastie, die von General Ptolemaios I. unter Alexander dem Großen eingeleitet wurde, und schließlich die römische Herrschaft, als Ägypten eine Provinz im Reich wurde. „Die Eliten der damaligen Zeit bewohnten die Gräber auf der Spitze des Hügels, gefolgt von der Mittelschicht in den unteren Schichten“, sagte Piacentini.
Analysen haben ergeben, dass 30 bis 40 Prozent der Mumien in den neu entdeckten Gräbern Kindern im Alter von zwei Jahren und Neugeborenen gehören, heißt es in einer Erklärung des ägyptischen Ministeriums für Tourismus und Altertümer. „Wir haben viele Familien gefunden, tatsächlich Mutter, Vater und Kinder“, sagte Piacentini. „Wahrscheinlich gab es eine Infektion, die die Familie getötet hat, oder einer starb nach dem anderen.“
Das Team fand auch zwei Mumien, von denen es zunächst dachte, sie gehörten einer Mutter und ihrem Sohn. Weitere Analysen ergaben später, dass es sich bei den beiden um Brüder handelte, die zusammen mit ihren Eltern begraben worden waren.
Auch interessant
Krankheit hat ganze Familie ausgelöscht
Um mehr über die Todesursache der Menschen herauszufinden, führte das Team in Zusammenarbeit mit Ärzten des Universitätskrankenhauses in Assuan Analysen wie Röntgenaufnahmen, CT-Scans und DNA-Analysen durch. Diese hätten ergeben, dass Anämie und Infektionskrankheiten damals die häufigsten Todesursachen waren, selbst bei den wohlhabendsten Menschen, so Piacentini.
Durch die Untersuchung der Wirbelsäulen der Mumien bestätigten die Ärzte, dass einige an Tuberkulose litten, die möglicherweise eine ganze Familie ausgelöscht habe. Das Team führte biologische Analysen durch, um mehr über die Krankheiten zu erfahren, die die Menschen damals infizierten.
Die Entdeckung sei „außergewöhnlich“ und „sehr vielversprechend, mit vielen, vielen neuen Aspekten, die wir zu verstehen versuchen“, sagte Piacentini. Das Team hofft, seine Grabung fortsetzen zu können, um die Geschichte der verschiedenen Bevölkerungen aufzudecken, die die Stadt bewohnten. Bisher haben sie mindestens 300 Gräber in der Nekropole kartiert, die sich über etwa 20.000 Quadratmeter erstreckt, und „es könnte noch viel mehr geben“, sagte Piacentini.
- Polen: Archäologen lösen 400 Jahre altes Rätsel um „Vampirfrau“
- Unterwasser-Archäologie: Wrack von legendärem U-Boot aus Zweitem Weltkrieg gefunden
- Kannibalismus: Archäologen machen schaurige Entdeckung in Jamestown-Kolonie
- Altes Ägypten: Krebsoperationen schon vor 4300 Jahren?
- Antike: Archäologen entdecken römischen Luxus-Swimmingpool