Berlin. Welche Geheimnisse schlummern in den Höhlen des Mars? Das wollen Wissenschaftler mithilfe eines spinnenartigen Roboters herausfinden.
Schon unseren Vorfahren war der Mars vor Hunderten von Jahren gleichzeitig Rätsel und Sehnsuchtsort. Während Maya-Priester oder die alten Griechen und Ägypter ihren Blick auf den roten Planeten voll Ehrfurcht richteten, bekommt die moderne Wissenschaft immer genaueren Einblick dank der sogenannten Mars-Rover. Die unbemannten Gefährte drehen auf der Planetenoberfläche ihre Runden und senden nützliche Informationen an das Nasa-Kontrollzentrum in Houston.
Die Erkenntnisse reichen einigen Forschern offenbar nicht tief genug und so möchten Robotik-Ingenieure der US-amerikanischen Stanford University der Technologie einen weiteren Schub verpassen. Das angepeilte Einsatzgebiet des „ReachBot“ sollen zunächst vulkanische Höhlen unter der Marsoberfläche sein. Vorbilder für den kletterfähigen Roboter finden sich in der Natur. So diente dem neusten Mars-Roboter der Weberknecht als Inspiration.
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Spinnen-Roboter bald in Mars-Höhlen? Klingt nach Sci-Fi, wird aber bereits getestet
Bereits fünf Rover schoss die US-Raumfahrtbehörde Nasa erfolgreich auf den Mars, im Februar gesellte sich mit dem chinesischen Projekt „Zhurong“ der sechste hinzu. Allein aufgrund der Masse an fahrbaren Marssonden liegen den Weltraumbehörden der Erde große Datenpools zur Verfügung. Die weitläufigen Höhlensysteme unter der Oberfläche gelten allerdings als „terra incognita“. Besonders gespannt sind daher viele Wissenschaftler auf die durch vulkanische Lavaströme erzeugten unterirdischen Röhren. Dort vermuten sie Mineralien, potenzielle Lebensräume für eine künftige Marskolonie oder Anzeichen für ausgestorbene oder sogar noch existente Lebensformen.
Das Forschungsprojekt der kalifornischen Stanford University um Studienleiter und Doktorand Tony Chen traf nach anfänglicher Skepsis auch bei der US-Raumfahrtbehörde einen Nerv und wird seit der zweiten Testphase mit Fördergeldern und Knowhow durch die Nasa unterstützt. Der US-Akademiker gilt als Experte für Biomimikry oder Bionik. Die wissenschaftliche Disziplin verbindet Ingenieurskunst mit der Natur. Dabei nehmen sich Schöpfer neuer Technologie ein Vorbild an Tieren und Pflanzen und konzipieren Maschinen nach deren Vorbild. Vor der kletternden Robo-Spinne konzipierte er Technologien auf Basis von Kaulquappen und Geckos.
Im jüngsten Test brillierte der Prototyp in einigen Bereiche, offenbarte allerdings auch mögliche Schwachpunkte. Chen und seine Kollegen setzten den Proberoboter einem Praxistest in einem Vulkantunnel in der kalifornischen Mojave-Wüste aus. Dabei bewährte sich der Greifmechanismus und zur Freude der Wissenschaftler vor allem das Scannen der Felswände nach vielversprechenden Ansatzpunkten: „Das hat richtig gut funktioniert.“
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Forscher nutzen Biomimikry: Inspiration aus der Natur
Optimierungspotenzial führte der Dauertest allerdings zutage. Denn unter Erde war der „ReachBot“ extremem Staubaufkommen ausgesetzt. Nach drei Tagen hatte sich „so viel Staub im Roboter angehäuft“, dass hierfür eine Lösung gefunden werden müsse. Zuversichtlich stimmt, dass der Roboter selbst dann noch funktionierte. Allerdings stellt die Langlebigkeit für interplanetare Raummissionen allein aufgrund der benötigten Milliardeninvestitionen einen wichtigen Faktor dar.
Denn konkurrenzlos ist der Spinnenroboter keineswegs. Parallel forscht das Jet Propulsion Laboratory, das bei der Nasa für die Entwicklung neuer Technologien und für die Koordination von Raummissionen zuständig ist, an einem eigenen Ansatz. So gilt der ebenfalls im Status des Prototypen befindliche „Tumbleweed Rover“ als deutlich weniger fehleranfällig. Während der metallene „ReachBot“ sich aufwendig durch Greifsysteme fortbewegt, rollt das Strandball-ähnliche Konzept der Nasa-Ingenieure antriebslos vor sich hin.
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Erfolgreicher Test in der Mojave-Wüste: Pioniere ziehen positives Fazit
Getestet wurde in der Mojave-Wüste bisher lediglich mit einem einzigen Greifer. Sollte der „ReachBot“ eines Tages die Vulkanhöhlen ferner Planeten erforschen, dürften alle acht konzipierten Beine installiert sein. Davon erhofft sich das Team um Tony Chen nicht nur eine unvergleichliche Flexibilität und Vielseitigkeit. Darüberhinaus sollen die vielen Beine für zusätzlichen Schutz sorgen. Selbst wenn ein oder zwei Beine ausfallen oder beschädigt werden, so Studien-Co-Autor Mark Cutkosky, bleibe der Roboter funktionsfähig.
Genau wie sein tierisches Vorbild soll der „ReachBot“ – zu Deutsch etwa: „Greifroboter“ – in der finalen Version über acht lange, dünne Beine verfügen. Am Ende der Funktionsmodule sorgen Greifhände mit drei Fingern – jeweils mit Nadeln für perfekten Griff optimiert – für einen sicheren Halt in jeder Lage. Entlang zerklüfteter Felswände soll sich der Marskundschafter nach Vorstellung der Projektingenieure auch dank ein- und ausfahrbarer Gliedmaßen fortbewegen. Cutkosky erklärte im Fachmagazin „Scientific America“, dass die acht Beine dank intelligenter Schaltsysteme den Druck auf allen Gliedmaßen uniform anwenden können und somit „wie die Speichen eines Fahrrads“ funktionieren. Das „Gehirn“, der Computer im Inneren des Zentralmoduls, identifiziert anhand von Kameras und Sensoren die Umgebung und findet belastbare Punkte in der Felswand, an denen er sich weitertasten kann.
Bis wir mechanische Spinnen auf dem Mars bei der Arbeit beobachten können, dürften aber noch einige Jahre vergehen. Seit 2019 hat sich das Projekt allerdings über die Alpha-Phase bis hin zu ersten erfolgreichen Test weiterentwickelt. Angesichts neuer Konkurrenz aus Fernost und der privaten Wirtschaft, muss der „ReachBot“ oder von ihm inspirierte Maschinen womöglich nicht unbedingt an den Fortschritt der Nasa gebunden sein.
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