Berlin. Ein rund 4000 Jahre altes Bauwerk gab Archäologen lange Rätsel auf. Nun scheinen sie das Geheimnis von „Seahenge“ gelüftet zu haben.
Sagenumwobene Bauwerke wie das britische „Stonehenge“ faszinieren Archäologen und Archäologie-Fans seit jeher. Warum erschufen die Menschen vor Tausenden von Jahren solch aufwändige Bauwerke? Mit Blick auf „Seahenge“, eine Art kleinen Bruder des berühmten Steinkreises, könnten Forscher dieses Geheimnis nun gelüftet haben.
Konkret handelt es sich dabei um einen rund 4000 Jahre alten Kreis aus 55 kleinen, gespaltenen Eichenstämmen, in dessen Mitte ein großer Eichenstumpf steht. Das Bauwerk wurde über die Jahrtausende von einer Torfschicht bedeckt und konserviert, sodass es erhalten blieb. Entdeckt wurde es 1998, nachdem Winterstürme es in der Bucht „The Wash“ in der Grafschaft Norfolk in Großbritannien freigelegt hatten.
Errichtet wurde „Holme I“, wie das Bauwerk offiziell heißt, ursprünglich in einem Bereich der Küste, der durch Sanddünen vor dem Meer geschützt war. Doch warum entschieden sich die Menschen dafür, Energie in den scheinbar nutzlosen Kreis zu stecken?
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„Seahenge“ in Großbritannien: Mythen um archäologische Stätte
Um diese Frage rankten sich seit der Entdeckung von „Seahenge“ zahlreiche Mythen. Wurde damit Orte, an denen Menschen gestorben waren, gekennzeichnet? Oder war es gar eine für die Himmelsbestattung errichtete Stätte? Denkbar wäre, dass Menschen in der Bronzezeit ihre Toten ins Innere des Kreises legten, wo aasfressende Vögel die Überreste mit der Zeit vernichteten.
David Nance von der Universität Aberdeen schlägt nun eine andere Interpretation vor. Seiner Ansicht nach war der Grund dafür, „Seahenge“ zu bauen, einer, den auch der moderne Mensch kennt: der Klimawandel. In der Zeitschrift „GeoJournal“ erläutert der Wissenschaftler, dass es vor rund 4000 Jahre eine Kälteperiode gegeben habe. Er geht deshalb aus, dass es sich bei dem Kreis um einen rituellen Ort handelt, an dem um eine Rückkehr des Sommers gebeten wurde.
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Wurde „Seahenge“ wegen Klimaveränderungen errichtet?
„Wir wissen, dass die Zeit, in der die Monumente vor 4000 Jahren errichtet wurden, eine längere Periode mit niedrigen Temperaturen, strengen Wintern und späten Frühlingsperioden war“, so Nance. Es sei daher sehr wahrscheinlich, dass „Seahenge“ in der Absicht errichtet wurde, die für die damaligen Menschen bedrohlichen Klimaverhältnisse zu ändern.
Als Beleg verweist der Wissenschaftler auf die Ausrichtung von „Seahenge“, das in genau die Richtung zeigt, in der zur Sommersonnenwende die Sonne aufgeht. Seine Theorie: Der Kreis soll das Winterquartier eines Kuckucks imitieren. Dieser stand zur Zeit, in der das Bauwerk errichtet wurde, symbolisch für den Sommer. Rund um die Sommersonnenwende hörte er auf zu singen und kehrte, so der Aberglaube, in die Anderswelt zurück. Mutmaßlich imitierte man mit dem umgedrehten Eichenstumpf in der Mitte von „Seahenge“ die Anderswelt und wollte den Vogel und damit den Sommer so dazu bringen, länger zu bleiben.