Berlin. Im neuen Kölner „Tatort“ kämpft Max Ballauf nicht nur mit dreisten Verbrechern. Eine Frau bringt den Kommissar gehörig aus dem Konzept.
Fernsehkommissare sind selten glücklich. Zu sehr lastet der Beruf auf ihnen. Und die ganzen Problemfelder, in denen sie immerzu ermitteln müssen. Aber diesmal, so heißt es schon im Titel des neuen Kölner „Tatorts“, ist es anders. Kommissar Ballauf (Klaus J. Behrendt) ist verliebt. Nein, das drückt nicht annähernd die Glückshormone aus, die er ausstößt. Er ist im dritten Frühling. Und bei der Arbeit nie richtig anwesend, wie Kollege Freddy Schenk (Dietmar Bär) schon mal knurrend kritisiert: weil er nur aufs Handy starrt. Und ständig Nachrichten mit seiner Herzensdame tauscht. Verknallt halt. Kann einen auch im höheren Semester erwischen.
Dabei ist Ballauf immer ein Streuner gewesen, wie ihm in der Folge oft vorgehalten wird. Da war ja immer auch mal was mit der Kriminalpsychologin Lydia Rosenberg (Juliane Köhler), die aber nur noch eine gute Freundin ist. Nun aber schwoft, plauscht und kuschelt Ballauf ganz offen und viel nackte Haut zeigend. Und zwar mit Nicola Koch (Jenny Schily), die viel Verständnis hat für seinen fordernden Beruf, weil auch sie als Chefin eines Kölner Stadtmagazins keinen 9-to-5-Job hat.
„Tatort“ Köln: Kommissar zweifelt an Beziehung
Und kann man es dem Mann, der ja langsam auf die Rente zusteuert, verdenken? Schließlich weiß man ja auch gar nicht, ob der neue Fall wirklich ein Verbrechen ist. Ein Boulevard-Journalist wurde überfahren. Und es wurde Fahrerflucht begangen. Aber könnte es nicht auch ein Unfall gewesen sein? Stutzig werden die Kommissare erst, als sie in der Wohnung des Toten eine ganze Stange Geld finden, wie sie kürzlich bei einer Erpressung ergaunert wurde.
Im Rechner des Toten finden sich keinerlei Spuren, nur ein einziges Foto, das nicht gelöscht wurde und welches das ehemalige Schlagersternchen Mariella Rosanelli (Leslie Malton) zeigt. In jungen Jahren, mit einem Mann, der später als Kinderschänder überführt wurde und sich das Leben genommen hat. Sollte auch die Sängerin, die inzwischen ausgerechnet eine Stiftung für Jugendliche leitet, damit erpresst worden sein?
Aber nicht nur die Kommissare stellen hier Fragen. Die Geliebte tut es auch. Ist doch normal, wenn man zusammenlebt, oder? Auch wenn der Kommissar bei laufenden Ermittlungen ja nichts verraten darf. Aber neben den eigentlichen Gesprächen der Liebenden hört der Zuschauer bald auch ihre inneren Stimmen, die beide leise Zweifel am anderen äußern. Und dann stellt sich heraus, dass es eine Verbindung von der Schlagersängerin zu Ballaufs Partnerin gibt. Sind ihre Fragen doch mehr als Neugierde? Horcht sie ihn vorsätzlich aus?
Ein ganz besonderer Fall, auch dank der Gastschauspielerinnen
Behrendt ist der wahre Dinosaurier beim „Tatort“. Dies ist schon sein 99. Fall, hat er doch die ersten Jahre noch im Düsseldorfer Team gearbeitet und ist erst 1997 nach Köln zu Dietmar Bär gewechselt. Er hat damit noch mehr Fälle auf dem Buckel als die Münchner Kommissare, die eigentlich als die Rekordhalter der Krimireihe gelten.
- „Tatort“ Zürich: Isabelle Beaujean und Tessa Ott in ihrem bisher besten „Tatort“
- „Tatort“ Dortmund: Rick Okon tauscht „Tatort“ gegen diese „schönste Tätigkeit“
- „Tatort“-Kommissar: Vladimir Burlakov verrät, was in seiner Beziehung anders läuft
- Kriminologin: „Tatort“ im Check – „Die Leichen sind zu schön“
- „Tatort“-Star: Ulrike Folkerts – „Ich hatte Angst, meinen Job zu verlieren“
- „Tatort“ München: Ermittler-Duo verrät, wie es nach dem Ausstieg weitergeht
„Diesmal ist es anders“ aber ist sein wohl persönlichster Fall, der ihn auch ganz aus der Rolle fallen lässt. Anfangs noch als reichlich abwesender Verliebter, dann als zunehmend Zweifelnder, der seinem eigenen Instinkt nicht mehr trauen kann und schließlich eine Höllenfahrt der Gefühle durchmacht. Da muss auch die gute alte Psychologen-Freundin wieder Seelentrost spenden.
Für TV-Kommissare gilt wohl weiterhin: Streuner, aber einsam bleiben. Oder in einer Ehe leben wie Schenk, die nie gezeigt wird. In dieser Folge wird die Figur von Ballauf an ihre Grenzen getrieben. Das ist besonders spannungsvoll, gerade auch durch das starke Spiel der Gastdarstellerinnen.
„Tatort: Diesmal ist es anders“ läuft am Sonntag, 28. April, um 20.15 Uhr in der ARD und ist außerdem in der Mediathek zu sehen.