Ostwestfalen-Lippe. Nur durch Zufall finden Archäologen in Nordrhein-Westfalen die Spuren einer geheimnisvollen Siedlung. Wie alt ist diese wirklich?
Ein Großteil der archäologischen Entdeckungen werden in Deutschland im Vorfeld von Bauprojekten gemacht. Damit keine historischen Schätze unwissentlich zerstört werden, untersuchen Archäologen das vorgesehene Baugelände gründlich. In Nordrhein-Westfalen konnte so ein unglaublicher Fund vor der Zerstörung bewahrt werden.
Forscher fanden in Ostwestfalen-Lippe Keramikscherben und Feuersteinklingen, bei denen es sich wahrscheinlich um Spuren einer jahrtausendealten Siedlung handelt. Das gab der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bekannt, der ein Ausgrabungsteam fachlich dabei begleitete, eine rund acht Kilometer lange Strecke für den Bau einer Hochspannungsleitung freizugeben.
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Westfalen-Lippe: Archäologen rätseln über genaues Alter der Siedlung
Seit mehreren Wochen hatte das Team nordöstlich von Borgholzhausen im Kreis Gütersloh nach Auffälligkeiten gesucht. Dabei deuten zahlreiche Bodenverfärbungen sowie die gefundenen Artefakte an, dass hier eine Siedlung mit mehreren Häusern stand. Das genaue Alter sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht bestimmbar, heißt es in einer Pressemitteilung des LWL. Einen wichtigen Hinweis fanden die Archäologen allerdings.
Eine reich verzierte Keramikscheibe weise auf die jungsteinzeitliche Nutzung des Gebiets hin. Die Jungsteinzeit wird von Forschern auf 10.000 bis 2000 v. Chr. datiert. „Spätestens im 4. Jahrtausend v. Chr. wurden die Menschen hier sesshaft und lebten von Ackerbau und Viehzucht. Die Dorfgemeinschaften siedelten insbesondere in der Nähe von Gewässern und auf fruchtbaren Böden, die für den Ackerbau günstig waren“, zitiert die Mitteilung Dr. Sven Spiong, Leiter der Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie für Westfalen.
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Archäologen arbeiten unter erschwerten Bedingungen
„Für die Region ist das ein besonderer Fund“, sagte Dr. Spiong. Demnach gebe es nur wenige Spuren von frühen Bauern aus der Jungsteinzeit in der Region. Der wohl wichtigste stammt von Menschen aus dem Ende des 6. Jahrtausends v. Chr., die am Hellweg und bei Minden über Jahrhunderte in Siedlungen mit mehreren Häusern lebten. Damit waren sie wohl die ersten sesshaften Menschen der Gegend. Durch die Analyse von Holzkohle mithilfe einer Radiokohlenstoffdatierung soll nun ein genaueres Alter der Siedlung bestimment werden.
Weitere Untersuchungen der Archäologen stellten die Forscher jedoch vor Herausforderungen. In einem abgesteckten Bereich, der nun von den Bauarbeiten umgangen wird, suchen die Archäologen nach mehr dunklen Verfärbungen im gelben Lehm. Laut der Mitteilung handelt es sich dabei um die Spuren aufgefüllter Pfostenlöcher ehemaliger Holzhäuser sowie weitere Gruben, die seit Jahrtausenden schon nicht mehr genutzt wurden.
Dabei wurde der anhaltende Regen der vergangenen Wochen für das Grabungsteam zum Problem. „Es bilden sich in den Grabungsflächen schnell Rinnsale, die den Hang hinunterfließen und ganze Bereiche unter Wasser setzen“, berichtete Grabungsleiter Christian Schacht. Die Untersuchungen kämen trotzdem gut voran.
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