Rom. Archäologen haben jetzt einem alten Text neue Erkenntnisse entlockt – obwohl die Schriften bereits im 19. Jahrhundert entdeckt wurden.
Auf den ersten Blick sieht der schwarz verkohlte Papyrus nicht besonders spektakulär aus. Doch für die Wissenschaft sind die rund 2000 Jahre alten antiken Schriften, die im 19. Jh. in Herculaneum nahe Pompeji entdeckt wurden, von extremer Bedeutung – denn sie geben auch heute noch neue Geheimnisse preis.
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Im Rahmen des Forschungsprojektes „GreekSchools“ ist es Forschern der Universität von Pisa nun gelungen, einen Teil der antiken Dokumente zu entziffern. Die rund 1000 Wörter, die mithilfe modernster Technik und Künstlicher Intelligenz (KI) lesbar gemacht werden konnten, handeln von der Ruhestätte eines der größten antiken Philosophen: Platon.
Antiker Philosoph Platon: Dieses Rätsel um ihn ist nun gelüftet
Im Jahr 385 v. Chr. gründete Platon eine Lehr- und Forschungsstätte in Athen, die sogenannte Akademie, die etwa 1000 Jahre lang bestand und nicht nur wegen der Verbreitung seiner Lehre von eminenter Bedeutung war. Er legte damit den Grundstein für das System der europäischen Universitäten. Im Alter von ca. 80 Jahren starb Platon (348/347 v. Chr.) in Athen.
Wo das genau war, enthüllen nun die Papyrusrollen aus Herculaneum: Den Quellen zufolge wurde der Gelehrte in einem Garten beigesetzt. Genauer gesagt in einem privaten Bereich, der für die platonische Schule der Akademie von Athen bestimmt war, in der Nähe des sogenannten Museion oder heiligen Schreins der Musen.
„Bisher war nur ohne präzise Angaben bekannt, dass er in der Akademie begraben wurde“, berichtete der angesehen Papyrologe Graziano Ranocchia bei der Vorstellung der Forschungsergebnisse am Dienstag. Diese neuen Informationen stammten aus Schriftrollen des Philodemus von Epikur, die die Geschichte der Akademie Platons erzählen. Die Überreste der Akademie wurden bereits im 20. Jahrhundert im modernen Athener Stadtteil Akadimia Platonos entdeckt. Seitdem finden dort weitere Ausgrabungen statt.
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Papyrusrollen: Neue Technik verhilft den Forschern zu Durchblick
Die neuen Erkenntnisse zu Platons Grab sind modernster Technik zu verdanken. Da der verkohlte Papyrus extrem empfindlich ist, können die Rollen nicht aufgerollt werden, ohne unwiderruflich beschädigt zu werden. Deshalb kam bei der Untersuchung eine moderne Röntgentechnik zum Einsatz. Durch sie werden einzelne Schichten innerhalb der Rolle erkennbar gemacht. Im Vergleich zu einer früheren Untersuchung aus dem Jahr konnten so laut den Archäologen knapp 1000 neuer Wörter lesbar gemacht werden. Das entspricht 30 Prozent mehr Text, als zuvor bekannt war.
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Die Experten wollen jetzt weitere Hunderte von Papyri aus Herculaneum analysieren. Die erhaltenen Bilder und Informationen sollen in einem frei zugänglichen Online-Archiv gespeichert werden. Dass die Papyrusrollen überhaupt die Jahrhunderte überdauert haben, grenzt an ein Wunder: Beim Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr. wurde neben Pompeji auch die süditalienische Stadt Herculaneum verschüttet. In der dortigen Bibliothek „Villa dei Papiri“ wurden vor etwa 260 Jahren die betreffenden Papyrusrollen entdeckt.