Berlin. Egal ob bei den Pharaonen oder beim Ötzi: Ein Organ ist häufig wie durch ein Wunder gut erhalten. Forscher rätseln seit langem warum.
Seit einigen Jahren lassen sich immer mehr Menschen mit der Kryonik-Technik einfrieren. Sie hoffen, in ungewisser Zukunft wiederbelebt werden zu können. Alleine im US-Bundesstaat Arizona liegen die Köpfe und Körper von rund 200 Personen in mit flüssigen Stickstoff gefüllten Tanks. Dort warten sie darauf, dass sie mit futuristischen Technologien wieder aufgetaut werden. Doch auch ohne Kryonik lassen sich menschliche Körper über Jahrtausende ganz durch Zufall konservieren.
Immer wieder sind Archäologen von dem erstaunlich guten Zustand der Mumien von Pharaonen und anderen Würdenträgern beeindruckt. Vor allem das Gehirn ist besonders häufig konserviert. Obwohl das Organ zu den fragilsten Teilen des Körpers zählt, überdauert es noch am ehesten die Jahrtausende. Das Phänomen beschäftigte Forscher bereits seit langem. In einer neuen Studie suchten Wissenschaftler der Universität Oxford nun nach einer Erklärung.
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Archäologie: 20-mal mehr konservierte Gehirne als bisher angenommen
In der freien Natur lassen Tiere und die Elemente normalerweise kaum etwas übrig von Weichgewebe wie Organen, Muskeln oder Fett. Wenn menschliche Körper erhalten bleiben, dann fast immer auf zwei Wegen: durch absichtliches Konservieren wie das Einbalsamieren im Alten Ägypten oder aber durch Umweltbedingungen wie Eis und Schlamm.
Bisher nahmen Forscher an, dass konservierte Gehirne in der Archäologie nur extrem selten dokumentiert wurden. Doch als das Forschungsteam aus Oxford sich die Daten genauer anschaute, fanden es in Aufzeichnungen aus den letzten Jahrhunderten die Spuren von 20-mal mehr erhaltenen Gehirnen als bisher angenommen wurde, heißt es in einer Pressemitteilung.
Für ihre im Fachjournal „Proceedings of the Royal Society B“ erschienene Studie untersuchten die Forschende die Dokumente von insgesamt 4000 Gehirnen aus sechs Kontinenten. Viele der Gehirne seien bis zu 12.000 Jahre alt gewesen. Die frühesten Daten von konservierten Gehirnen stammen noch aus der Mitte des 17. Jahrhunderts.
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Klimabedingungen sind entscheidender Faktor für Konservierung der Gehirne
Die Gehirne kommen dabei von unterschiedlichen archäologischen Fundorten: von den Ufern eines steinzeitlichen Sees in Schweden, den Tiefen einer iranischen Salzmine von vor 500 v. Chr. und sogar dem Gipfel eines Vulkans aus der Hochzeit des Inka-Imperiums.
Und auch die Besitzer der Gehirne sind so bunt wie die menschliche Geschichte selbst. Die Forscher durchstöberten die Dokumente und Literatur zu ägyptischen und koreanischen Mumien, studierten Aufzeichnungen zu den gut erhaltenen Leichen britischer und dänischer Mönche, sammelten Berichte von gefrorenen arktischen Entdecker und Kriegsopfern.
„Diese Dokumentation uralter Gehirne verdeutlicht die Wichtigkeit der Vielzahl an Umgebungen, in denen sie konserviert werden können, von der hohen Arktis bis zu trockenen Wüsten“, zitiert das Statement einen der Autoren, Erin Saupe von der Uni Oxford. Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler jedes der Gehirne mit den historischen Klimadaten am Fundort verglichen. So konnten sie ein Muster in den Umweltbedingungen erkennen, das für den Erhalt der Gehirne besonders förderlich ist.
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Mumien: Extreme Temperaturen konservieren die Gehirne
Neben den Einbalsamierungstraditionen verschiedener Kulturen sind es vor allem Umweltbedingungen wie extreme Hitze oder extreme Kälte die das Gehirngewebe auch noch Tausende Jahre später erhalten. Nur gilt das theoretisch auch für andere Organe. Doch in 1300 Fällen blieb nur das Gehirn als einziges Organ erhalten. Insbesondere in den ältesten Körper der archäologischen Archiven war das Gehirn oftmals das letzte erhaltene Organ.
Den Forschern zufolge könnte das das vor allem an der Präsenz von Stoffen wie Eisen oder Kupfer am Fundort liegen. Sie würden helfen, das Nervengewebe über lange Zeit zu konservieren. „Im forensischen Gebiet ist es weit bekannt, dass das Gehirn eines der ersten Organe ist, dass nach dem Tod verfällt“, sagte Alexandra Morton-Hayward, die Hauptautorin der Studie. „Trotzdem zeigt das riesige Archiv eindeutig, dass es bestimmte Bedingungen gibt, in denen es überlebt“.
Weiches Gewebe, wie das von Gehirnen, birgt eine Fülle an Informationen und sei deshalb eine wahre Schatzgrube für die Forschung. In Zukunft wollen die Wissenschaftler mögliche Mechanismen der Gehirnchemie ergründen, die zu der Konservierung beitragen könnten. In vielen der uralten Gehirne sind Biomoleküle immer noch intakt, was den Forschern eine einmalige Gelegenheit zur Studie der Gehirne verschafft.
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