Berlin. Im US-Bundesstaat Alabama wurde ein verurteilter Mörder per Stickstoff-Vergasung hingerichtet. Doch wie fühlt sich das im Körper an?
Im Jahr 1988 hatte der Auftragsmörder Kenneth Smith (✝ 58) eine Frau für 1000 Dollar erstochen. Dafür wurde er zum Tode verurteilt. Am Donnerstagabend gegen 20 Uhr Ortszeit wurde das Urteil in Alabama vollzogen. Smith wurde per Stickstoffvergasung hingerichtet, eine Methode, die im Vorfeld von Menschenrechtlern stark kritisiert wurde. Doch warum ist das so?
Stickstofftod in den USA: Ablauf der Hinrichtung
Smith war der erste Mensch, der in den USA durch eine per Gericht angeordnete Stickstoff-Vergasung hingerichtet wurde. Der Verurteilte wurde im Zuge der Hinrichtung auf einer Trage festgeschnallt. Danach wurde ihm eine Atemmaske aufgesetzt, durch die für 15 Minuten reiner Stickstoff floss. Laut einem Zeugenbericht sei Smith „mehrere Minuten lang während der Hinrichtung bei Bewusstsein“ gewesen. Danach habe er sich für rund zwei Minuten auf der Trage geschüttelt und gekrümmt. Nach einigen Minuten mit tiefen Atemzügen sei seine Atmung schließlich langsamer geworden, „bis sie für die Medienzeugen nicht mehr wahrnehmbar war“. Nach 22 Minuten wurde Smith für tot erklärt.
Ein Zittern zu Beginn der Hinrichtung sei darauf zurückzuführen, dass Smith versucht habe, seinen Atem so lange wie möglich anzuhalten. John Hamm, Leiter der Strafvollzugsbehörde von Alabama, sagte im Anschluss auf einer Pressekonferenz: „Es gab einige unwillkürliche Bewegungen und eine agonale Atmung. Das war so alles zu erwarten und gehört zu den Nebenwirkungen, die wir bei Stickstoffhypoxie (verminderter Sauerstoffgehalt im Blut, Anm. d. Red.) gesehen und erforscht haben.“ Mit agonaler Atmung ist das Schnappen nach Luft gemeint, das häufiger in den letzten Zügen sterbender Menschen zu beobachten ist.
Was macht der Stickstoff im Körper?
Im Zuge der neuartigen Hinrichtungsmethode wird Betroffenen die Luft mit 100 Prozent Stickstoff ausgetauscht. Heißt: Dem Körper wird kein überlebenswichtiger Sauerstoff mehr zugeführt, durch dessen Hilfe unter anderem unser Stoffwechsel und der Kreislauf funktionieren.
Gelangt kein Sauerstoff mehr in die Lungen und so in den Körper, brechen diese Funktionen nach und nach zusammen. Der Puls steigt zwar zunächst, um die Körperfunktionen anzuregen und mehr Sauerstoff in den Körper zu pumpen. Nach einigen Minuten werden betroffene Personen aber ohnmächtig, da der Körper in eine Art Schonmodus geht, um die Organe wie die Lungen oder das Hirn „auf Sparflamme“ weiterlaufen zu lassen. Der Puls sinkt, gelegentlich können Krämpfe auftreten.
Ist die Sauerstoffzufuhr in der Folge immer noch unterbrochen, versagen die Organe. Nach einer kurzen Weile hört das Herz schließlich auf zu schlagen und der Betroffene stirbt. Die Todesursache ist letztlich Ersticken.
Stickstoffhinrichtung: Umstrittene Methode
Die Hinrichtung per Stickstoff ist bisher nur in drei US-Staaten erlaubt: Alabama, Oklahoma und Mississippi. Die Problematik dahinter: Es gibt keine Erfahrungen, auf die man dabei zurückgreifen könnte. Eventuelle Tests wären aufgrund nicht existenter Testpersonen nicht möglich sowie ethisch wohl kaum zu vereinbaren. Ob zum Beispiel eine stufenweise Stickstoffzufuhr oder ein durchgehender Fluss „effektiver“ wäre – unklar.
Der Staat Alabama behauptet dennoch, dass es sich dabei um eine sehr humane Art handele, da die Betroffenen schnell ohnmächtig würden und ihren Tod somit nicht mehr mitbekämen. Eine Expertengruppe der Vereinten Nationen hingegen hatte Befürchtungen geäußert, dass eine Hinrichtung mit Stickstoffgas „zu einem schmerzhaften und erniedrigenden Tod führen wird“.
Bisher hatten lediglich US-Tierärzte die Stickstoffvergasung zum Einschläfern benutzt. Seit 2020 gilt diese Praktik laut den eigenen Richtlinien aber (außer bei Hühnern und Truthähnen) als inakzeptabel, da die Phase vor dem Tod zu Panik, Schmerzen und Stress geführt habe.
Ob die Stickstoffmethode schneller ist als bisherige Hinrichtungsverfahren, lässt sich ebenfalls derzeit nicht eindeutig beantworten. Obwohl die Giftspritze innerhalb von gerade mal zehn Minuten zum Tode führen soll, waren in mehreren Fällen die Hinrichtungen gescheitert oder hatten sich über Zeiträume von bis zu zwei Stunden hingezogen. So etwa 2014 in Arizona bei Joseph Wood, der seine Freundin und deren Vater erschossen hatte.