Rom. Weil er es gewagt hat, „Spaghetti alla Carbonara“ nach einem alten Rezept zuzubereiten, muss ein Koch nun heftige Kritik einstecken.
Pasta, Speck, verquirlte Eier und Käse: Daraus wird die Carbonara, ein Klassiker der römischen Küche. Schmackhaft und leicht zubereitet, kommt das Pastarezept in Italien einem Stück Nationalstolz gleich. Und der ist schnell angekratzt, wenn an der Tradition gerüttelt wird, wie der Italiener Luca Cesari unlängst feststellen musste.
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Der Gastronomie-Historiker und Autor aus Bologna erntete mit einem Video auf Instagram heftige Kritik, indem er eine alternative Version der Carbonara präsentierte: Statt italienischem Schafskäse nutzte er darin Schweizer Gruyère und fügte Knoblauch hinzu. Cesari berief sich dabei auf ein vermeintliches Originalrezept, das vor fast 70 Jahren in einer italienischen Kochzeitschrift veröffentlicht wurde. Er wolle damit zeigen, wie sich das Rezept im Laufe der Jahrzehnte entwickelt hat.
Altes Carbonara-Rezept: Italiener bekommt Todesdrohungen
„Ich habe einfach die Carbonara von 1954 nachgekocht, wie das Rezept erstmals in der Zeitschrift ‚Cucina Italiana‘ veröffentlicht wurde“, erklärte Cesari ein Vorhaben auf Instagram. „Im Laufe der Jahre sind eine Reihe von verschiedenen Rezepten für Carbonara entstanden, darunter in den 1950-Jahren auch solche mit rohem Schinken.“ In den USA habe es sogar Versionen mit Muscheln oder Pilzen gegeben.
Mit seinem angeblichen Original-Rezept sorgt Cesari für mächtigen Wirbel: Unter dem Video finden sich zahlreiche schockierte Kommentare. Einige empörte Carbonara-Puristen wünschten Cesari sogar den Tod. Der lässt sich jedoch nicht beirren und ist bereit, weitere kulinarische Kontroversen zu entfachen. „Das war nur das erste Video“, versprach er. „Ich bereite ein neues Video über die traditionelle neapolitanische Pizza aus dem Jahr 1800 mit Venusmuscheln vor.“
Alberto Grandi, ein weiterer Kulinarik-Historiker, der wegen der Infragestellung etablierter italienischer kulinarischer Traditionen in die Kritik geraten ist, stärkt Cesari den Rücken. In seinem eigenen Instagram-Video prangerte er eine Art „Gastronationalismus an, der uns daran hindert, in aller Ruhe über die Themen unserer Küche nachzudenken“.
Carbonara mit Tomatensoße? Heftige Kritk an US-Variante
Wenn es um nationale Gerichte geht, kennen die Italiener keinen Spaß. Der britische Starkoch Gordon Ramsay zog sich viel Kritik mit einem Video zu, in dem er ebenfalls „Spaghetti alla carbonara“ kochte. Italienische Gourmets bemängelten, dass Ramsay nicht den klassischen „Guanciale“ – den besten Speck aus der Backe oder dem Nacken des Schweins – sondern gewöhnlichen „Bacon“ verwendet habe. Der Koch habe außerdem das Eigelb nicht mit dem Schafkäse Pecorino verrührt, wie es das klassische Rezept vorsehe.
Auch ein von der „New York Times“ veröffentlichtes Rezept zur Herstellung von „Spaghetti alla carbonara“ hat in Italien zuletzt eine Welle der Empörung ausgelöst. Scharfe Kritik hagelte es wegen des Rezepts „Smoky Tomato Carbonara“, in dem das Eigelb mit Tomatensoße vermischt wird. Die Carbonara der New York Times sei nur eine „schlechte Karikatur“ von Roms Symbolgericht, kritisierte der italienische Landwirtschaftsverband Coldiretti. „Carbonara mit Tomatensoße ist nur die Spitze des Eisbergs bei der Verfälschung der italienischen Gastronomie im Ausland“, so der Verband.
Kulinarik Italiens ist ein „muss verteidigt werden“
Die Italiener sind stolz auf ihre gastronomische Tradition. Sie bestehen darauf, die beste Küche der Welt zu haben, und wollen ihre kulinarische Tradition verteidigen. So setzt sich die Regierung in Rom dafür ein, dass die italienische Gastronomie in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen wird. „Die italienische Kulinarik ist ein Schatz und muss verteidigt werden“, sagte der italienische Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida.
Nicht nur über die Zutaten, sogar über die Ursprünge mancher Rezepte scheiden sich in Italien die Geister: So könnten „Spaghetti alla carbonara“ das allererste Mal gegen Ende des Zweiten Weltkriegs aufgekommen sein. In Rom herrschte damals Nahrungsmangel. Die amerikanischen Soldaten erhielten Lebensmittel-Rationen mit Speck und Eiern und brachten so die Carbonara nach Italien.
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Übersetzt bedeutet „Carbonari“ Köhler. Einer anderen Theorie zufolge stammt das Gericht von den Holzkohlebrennern des Apennin, nördlich von Rom. Sie waren sehr arm und verwendeten in ihrer Küche Pasta und viel Speck, der haltbar war und viel billiger als Öl.