Berlin. Auch in Bus und Bahn? Wo sollte man eine Maske tragen? Aerosolforscher Christof Asbach weiß, wo das Corona-Infektionsrisiko hoch ist.

Beim Atmen, Sprechen oder Singen stoßen Menschen winzige Tröpfchen aus, sogenannte Aerosole. Sind diese mit Corona-Viren oder anderen Krankheitserregern „aufgeladen“, können sich Menschen daran infizieren. „Masken sind der wirksamste Schutz davor, den wir haben“, sagt Christof Asbach. Deutschlands wohl bekanntester Aerosolforscher erklärt im Interview, wo das Tragen einer Maske auch in diesem Winter sinnvoll ist, und welche Geräte Infektionen verhindern können.

Herr Asbach, die Corona-Pandemie hat Aerosole berühmt gemacht. Wissen wir mittlerweile alles über sie?

Christof Asbach: Für uns Aerosolforscher sind Tröpfchen, die wir ausatmen, zunächst einmal Partikel. Sie verhalten sich genauso wie alle anderen Partikel derselben Größe. Dass und wie sie sich ausbreiten, wissen wir schon seit langer Zeit. Das wussten wir auch vor der Pandemie.

Die Fragen während dieser Zeit waren deshalb andere: Wie viele Viren stoßen wir beim Atmen, Sprechen, Singen oder anderen Aktivitäten aus und wie erklärt man das so, damit es eine breite Öffentlichkeit versteht.

Dabei gab es einige Missverständnisse. Aerosolforscher haben sogar mal eine Art Brandbrief geschrieben, um Dinge richtig zu stellen.

Asbach: Bei großen Teilen der Entscheidungsträger, aber auch der Bevölkerung war nicht verstanden, wie sich Viren in Partikeln ausbreiten und wie sie sich in der Luft anreichern können. Es wurde zum Beispiel, auch von Seiten der Politik, oft auf Gefahren hingewiesen, die angeblich draußen lauerten. Dass man draußen eine Maske tragen sollte und dass nächtliche Ausgangssperren sinnvoll seien. Da haben wir Aerosolforscher gesagt: Das ist Unsinn. Draußen ist die Gefahr am geringsten, weil es dort immer eine Luftströmung gibt, die dazu führt, dass Viren abtransportiert werden.

FFP-Maske: Wichtig ist, dass sie wirklich abschließt

Haben wir das jetzt begriffen?

Asbach: Ich habe teilweise den Eindruck, dass es noch immer nicht ganz verstanden ist. Ich sehe zum Beispiel oft Menschen, die auf dem Bahnsteig eine Maske tragen, obwohl dieser gar nicht sonderlich voll ist. Da ist es das nicht notwendig.

Dieser Versuch zeigt, wie stark beim Singen Aerosole ausgestoßen werden.
Dieser Versuch zeigt, wie stark beim Singen Aerosole ausgestoßen werden. © picture alliance/dpa/Bayerischer Rundfunk | picture alliance/dpa/Bayerischer Rundfunk

Wo macht es für Sie Sinn, eine Maske zu tragen?

Asbach: In Innenräumen, die schlecht oder gar nicht belüftet sind, kann es immer zu einer Anreicherung von Aerosolen in der Luft kommen. Befindet sich dann eine infizierte Person im Raum, steigt die Virenkonzentration an und damit das Infektionsrisiko. In dem Moment, wo ich in diese Innenräume gehe, und dazu zählen zum Beispiel auch Bus und Bahn, kann es sinnvoll sein, eine Maske zu tragen.

Ist es dabei unwichtig, wie viele Menschen in den Innenräumen sind?

Asbach: Wenn es rein darum geht, die Virenlast zu beurteilen, ist nicht die Anzahl der Personen im Raum relevant, sondern die Anzahl der infizierten Personen. Ist eine infizierte Person im Raum, kann die Konzentration mit der Zeit ansteigen. Sind zwei infizierte Personen im Raum, die eine ähnlich hohe Virenausstoßrate haben, dann verdoppelt sich die Konzentration. Klar ist aber: Je mehr Leute auf engem Raum zusammensitzen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein oder mehrere infizierte Personen dabei sind.

Der Abstand ist dann egal?

Asbach: Eine direkte Infektion geschieht, wenn ich die ausgeatmete Luft einer infizierten Person direkt wieder einatmen muss. Das kann ich durch Abstandhalten vermeiden. Gegen indirekte Infektionen hilft das nicht, weil sich Viren mit der Zeit recht homogen im ganzen Raum verteilen.

Christof Asbach, Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung.
Christof Asbach, Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung. © picture alliance/dpa | Rolf Vennenbernd

Aerosolforscher: Diese Geräte könnten den Krankenstand verringern

Wie sicher ist die Aerosolforschung, dass Masken Infektionen vermeiden können?

Asbach: Wir wissen sehr genau, dass eine richtig getragene FFP-2-Maske das effektivste Mittel zur Vermeidung von Infektionen ist, und zwar für den Selbstschutz ebenso wie für den Fremdschutz. Richtig getragen ist dabei das Stichwort. Die Maske muss dicht am Gesicht abschließen. Und dazu gibt es übrigens schon seit Jahrzehnten Erkenntnisse aus dem Arbeitsschutz. Dass der Schutz bei Bartträgern zum Beispiel wahrscheinlich nicht gewährleistet ist.

Um mobile Luftreiniger ist es etwas still geworden. Ist das aus Ihrer Sicht ein Fehler?

Asbach: Generell ist der Einsatz dieser Geräte sinnvoll, wenn sie wälzen die Luft nicht nur um, sondern entfernen dabei partikelförmige Schadstoffe, wozu Viren gehören, mit einem Filter. Mit einem entsprechend dimensionierten Gerät kann ich sehr effizient die Virenkonzentration im Raum und damit die Infektionswahrscheinlichkeit senken. Das wiederum könnte auch zu einem geringeren Krankenstand führen.

Warum wird das nicht häufiger gemacht?

Asbach: In der Corona-Pandemie ist von manchen Stellen, auch von öffentlichen, ein Gigantismus betrieben worden. Es wurden extrem effiziente Filter verwendet, was Anschaffung und Betrieb der Geräte unglaublich teuer gemacht hat, weil man viel Energie brauchte.

Als Gesellschaft für Aerosolforschung haben wir von Anfang an darauf hingewiesen, dass dieser Gigantismus unnötig, irreführend und kontraproduktiv ist. Ich kann die gleiche Reinigungsleistung erzeugen, indem ich einfachere Filter nehme und etwas mehr Luft umwälze.

Sie sind der Meinung, auch das Thema Lüften werde unterschätzt. Wieso?

Asbach: Das Thema kommt für mich seit Jahrzehnten etwas zu kurz. Denn tatsächlich hängt die Luftqualität in Innenräumen massiv davon ab, wieviel Sauerstoff beziehungsweise wie wenig CO2, also Kohlendioxid, in der Luft sind. Das trifft unabhängig von einer möglichen Pandemie oder von irgendwelchen Krankheitserregern in der Raumluft zu.

Ohne Lüften oder eine geeignete Lüftungsanlage steigt die CO2-Konzentration immer weiter an. Das führt dazu, dass sich Menschen weniger konzentrieren können und schläfrig werden.

Forscher arbeiten an Messgeräten, die die Raumluft analysieren

Sogenannte CO2-Ampeln, die den CO2-Gehalt der Raumluft analysieren, wurden in der Pandemie berühmt. Was halten Sie davon?

Asbach: Diese Ampeln sind sinnvoll. Sie geben einen Hinweis, wann die Luft in einem Raum, etwas unwissenschaftlich ausgedrückt, verbraucht ist. Befindet sich dann eine Person im Raum, die krank ist und Erreger ausatmet, gibt es auch einen direkten Zusammenhang zwischen CO2- und Virenkonzentration. Messgerate, die Viren in der Raumluft detektieren können, gibt es ja noch nicht.

Noch nicht?

Asbach: Daran wird definitiv gearbeitet. Man weiß nur noch nicht, ob man zum Ziel kommt.