Rom. Ein Fund in Pompeji gibt Einblick in das Leben antiker Sklaven. Es ist nicht die erste schockierende archäologische Entdeckung vor Ort.
Eine Gefängnisbäckerei, in der Sklaven und Esel zum Mahlen des Getreides eingesperrt und ausgebeutet wurden – dieser Sensationsfund im archäologischen Park in Pompeij begeistert und schockiert Fachleute gleichermaßen. Fundort ist die sogenannte Insula 10, wo im Rahmen eines größeren Projekts zur Sicherung und Erhaltung der Fassaden, die das noch unerforschte Gebiet der antiken Stadt Pompeji umgeben, Ausgrabungen im Gange sind.
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Die Archäologen konnten ein Gebäude freilegen, das in einen mit Fresken verzierten Wohnbereich und einen Produktionsbereich unterteilt ist. Letzterer, ein enger Raum ohne Sicht nach außen, war für die Brotherstellung bestimmt. Licht konnte nur durch kleine, vergitterte Fenster eindringen. Die Tiere, die dort zum Mahlen des Getreides eingesetzt wurden, mussten ersten Erkenntnissen zufolge stundenlang mit verbundenen Augen umherlaufen.
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Archäologen über Fund in Pompeji: „Schockierendste Seite der antiken Sklaverei“
In der Backstube wurden in den vergangenen Monaten bereits drei Leichen freigelegt. Dies beweise, dass die Räumlichkeit keineswegs unbewohnt war, berichteten die Experten. Der Fund zeuge von der zermürbenden Arbeit der Männer, Frauen und Tiere in den antiken Brotmühlen ausgesetzt waren, schrieb der deutsche Direktor des archäologischen Parks von Pompeji, Gabriel Zuchtriegel, in einem kürzlich veröffentlichten wissenschaftlichen Artikel. „Es ist die schockierendste Seite der antiken Sklaverei“, so Zuchtriegel.
Der Bereich mit den Mühlsteinen, der sich im südlichen Teil des Raums befindet, grenzt an einen Stall mit einer langen Krippe. Um die Mühlsteine herum sind eine Reihe von halbkreisförmigen Vertiefungen in den vulkanischen Basaltplatten zu erkennen. In Anbetracht der Festigkeit des Materials, handelt es sich wahrscheinlich um Kerben, die speziell angefertigt wurden, um zu verhindern, dass die Zugtiere auf dem Pflaster ausrutschen.
Pompeji gilt für Archäologen als Schaufenster in die Antike
Die archäologische Stätte in Süditalien ist kulturell von großer Bedeutung. Bei einem Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 nach Christus wurde die antike Stadt Pompeji unter meterhohen Aschebergen begraben und dadurch weitgehend konserviert. Tausende Menschen wurden getötet. Nach der Wiederentdeckung der altrömischen Stadt in der Neuzeit waren 44 Hektar der zu großen Teilen gut erhaltenen Anlage freigelegt worden. Sie gelten als Schaufenster in die antike Siedlungsgeschichte.
Über Pompeji wacht seit 2021 Gabriel Zuchtriegel. Vorher war der Archäologe 70 Kilometer südlich in der Ruinenstätte Paestum über fast sechs Jahre in derselben Position tätig. Der 43-Jährige, der in Weingarten (Baden-Württemberg) geboren wurde, hat bereits andere sensationelle Funde gemacht. So hatte er kürzlich ein Sklavenzimmer entdeckt, das einen Einblick in die Lebensrealität der Menschen der untersten Schicht vor rund 2000 Jahren gibt.
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Die Einrichtung des Zimmers in der Villa Civita Giuliana in rund 600 Metern Entfernung von der antiken Stadt deutet darauf hin, dass es innerhalb des Dienstbotenquartiers eine Hierarchie gegeben haben könnte. So wurden zwei unterschiedliche Arten von Betten gefunden: eines extrem einfach und ohne Matratze, das andere komfortabler. Zudem standen zwei kleine Schränke in dem Zimmer. Die einfache Bettform war auch in einem anderen Sklavenzimmer gefunden worden, das im Jahr 2021 freigelegt wurde. Die Archäologen nehmen an, dass der Raum gleichzeitig den Sklaven als Unterkunft diente und als Abstellkammer genutzt wurde.